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22.11.19 / Felix Wankels Alternative zum Hubkolbenmotor / Die Rotationskolbenmaschine bietet einige wertvolle Vorteile — NSU und Mazda verbauten sie in Serienfahrzeugen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-19 vom 22. November 2019

Felix Wankels Alternative zum Hubkolbenmotor
Die Rotationskolbenmaschine bietet einige wertvolle Vorteile — NSU und Mazda verbauten sie in Serienfahrzeugen
Friedrich List

Der Wankelmotor ist nach seinem Erfinder Felix Wankel benannt, der ihn am 24. November 1959 in Neckarsulm vorstellte. Der Motor hat Verwendung gefunden in Automobilen – etwa von NSU oder Maz­da –, Motorrädern, Wasserfahrzeugen und bemannten wie unbemannten Flugzeugen. 

Im Gegensatz zum klassischen Hubkolbenmotor setzte der Wankel- oder Rotationskolbenmotor die Verbrennungsenergie direkt in eine Drehbewegung um. Wankels ursprünglichen Drehkolbenmotor mit drehendem Gehäuse und drehendem Kolben entwickelten Wankels Industriepartner, der Zweirad- und Automobilhersteller NSU, und dessen Ingenieur Hanns-Dieter Paschke zum laufruhigeren Kreiskolbenmotor weiter, bei dem der Kolben auf einem Zapfen der Exzenterwelle kreist und sich dabei um die eigene Achse dreht. 

Der Wankelmotor hat mehrere Vorteile. Er hat nur wenige bewegliche Teile und kommt so mit weniger Platz aus als der Hubkolbenmotor. Die Gassteuerung braucht keine Ventile und dazugehörige Elemente wie Stößel, Nockenwelle oder Kipphebel. Dadurch ist das Verhältnis zwischen Leistung und Gewicht günstiger. Außerdem drehen sich alle beweglichen Teile entweder selber oder um einen Schwerpunkt. Dadurch kann man einen Wankelmotor vollständig auswuchten und so einen weichen und vibrationsarmen Lauf erreichen.

Allerdings sind Wankelmotoren in der Herstellung teurer als Hubkolbenmaschinen. Man muss dem Sprit Schmieröl zusetzen. Außerdem ist der Benzinverbrauch des Wankelmotors höher. Und Diesel verträgt er nicht.

Die ersten Rotationskolbenmaschinen wurden bereits im 16. Jahrhundert als Wasserpumpen konstruiert. 1636 baute Gottfried Heinrich zu Pappenheim die erste Zahnradpumpe, eine normale Drehkolbenmaschine. Das Bauprinzip wird noch heute verwendet. James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, und Charles Parsons, der die erste Dampfturbine herstellte, bauten auch Rotationskolbenmaschinen, obwohl sich Hubkolbenmaschinen als erfolgreicher erwiesen. So präsentierte Parsons 1884 eine der ersten arbeitsfähigen Kreiskolbenmaschinen. Allerdings machten immer die Abdichtungen des Motors, speziell des Kolbenrings, Probleme, bis Wankel und die NSU-Ingenieure um Paschke diese Schwierigkeiten behoben.

Wankel hatte sich bereits seit den frühen 1930er Jahren mit Rotationskolbenmaschinen beschäftigt. Während des Krieges entwickelte er Motorsteuerungen für Flugmotoren und durfte ein eigenes Werk in Lindau gründen. Das Unternehmen wurde nach Kriegsende demontiert, und erst 1951 konnte Wankel seine Arbeiten wieder aufnehmen. Mit NSU vereinbarte er zunächst die Entwicklung von Motorsteuerungselementen. NSU dehnte die Arbeit dann auf Rotationsmaschinen aus. Daraus entstand der DKM 54, auf dem die weitere Entwicklung aufbaute.

1963 stellte NSU seinen Wankel Spider der Öffentlichkeit vor, der im folgenden Jahr in Serie ging. Ebenfalls 1963 präsentierte Mazda einen Versuchswagen mit einem Zweischeibenmotor, den das japanische Automobilunternehmen dann in den Cosmo Sport einbaute. NSU und Citroën gründeten ein gemeinsames Unternehmen, um Personenkraftwagen mit Wankelmotor zu bauen. Auch Mercedes-Benz stellte eigene Modelle vor, baute schließlich aber keine eigenen Fahrzeuge mit Wankelmotor. 

Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt präsentierte NSU 1967 mit dem Ro 80 eine Limousine mit Rotationskolbenmotor für die 80er Jahre – so zumindest der Anspruch. Die abgesehen von ihrem Motor auch mit ihrer aerodynamischen Karosserie in Keilform innovative Limousine wurde bis 1977 zirka 37400-mal gebaut. Dann stellte NSU die Produktion wegen der Ölkrise und den damit einhergehenden Spritpreiserhöhungen ein. 

Neben NSU produzierten auch Citroën und insbesondere Mazda Autos mit Wankelmotor. Das in Fuchu im Kreis Aki der westjapanischen Präfektur Hiroshima sitzende Unternehmen stellte 1972 rund 155500 Autos mit Wankelmotor her und im folgenden Jahr sogar 240000. Außerdem traten die Motorradhersteller auf den Plan. Das erste Serienmotorrad war die W 2000 von Hercules. Birmingham Small Arms Company (BSA) und Triumph Motorcycles bauten Anfang der 1970er Jahre ihre ersten Maschinen. Fichtel & Sachs begann, Wankelmotoren für Zweiräder zu produzieren. 1975 bekam Werner Wieland Patente für seinen aus geschweißten Blechteilen bestehenden Wieland-Motor, der immerhin bei Audi im Testbetrieb fuhr. Der Wieland-Motor ist um 22 Prozent leichter als ein Motor aus Gussteilen. Van Veen, ein niederländischer Motorrad-Hersteller, stellte 1976 seine OCR 1000 vor. Norton baute in den 1980er Jahren Motorräder mit Wankelmotor.

Mazda blieb dem Wankelmotor mit seinen RX-Reihen treu. 1978 ging der RX-7/Savanna in Serie, den viele Enthusiasten immer noch für Mazdas bestes Auto halten. 1991 gewann das Unternehmen mit dem 700 PS starken Wankelrennwagen 787B die 24 Stunden von Le Mans. Bis 2012 produzierte Mazda den RX-8 mit einer Leistung von 231 PS, der auch die seit 2005 in Kraft befindliche Euro-4-Abgasnorm erfüllt. Es gab auch einen RX-8 mit Wasserstoffantrieb. Für kommendes Jahr hat Mazda ein Elektroauto angekündigt mit einem zusätzlichen Wankelmotor zur Reichweitensteigerung. 

Außerdem hat der Wankelmotor seinen Platz in der Luftfahrt. 1977 stellte Rhein-Flugzeugbau den Fantrainer vor, ein zweisitziges Schulflugzeug, das von zwei NSU-Motoren angetrieben wurde. Die Bundesluftwaffe interessierte sich für das Flugzeug, entschied sich dann aber anders. Schleicher baut derartige Motoren in Motorsegler wie den ASK 21 ein. Diamond Aircraft bietet sein „Katana“-Sportflugzeug mit einem Zweischeibenmotor an. Zahlreiche zivile und militärische Drohnen fliegen ebenfalls mit Wankelmotoren. Weil sich Rotationsmotoren gut für Treibstoffe wie Wasserstoff oder Erdgas eignen, könnten sie eine Renaissance als Pkw-Motor erleben.