25.04.2024

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22.11.19 / Schmuckstücke im Kies / Jüngst entdeckter Keltenschatz von Pirna wird in Chemnitz gezeigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-19 vom 22. November 2019

Schmuckstücke im Kies
Jüngst entdeckter Keltenschatz von Pirna wird in Chemnitz gezeigt
Wolfgang Kaufmann

An einem Sonntag im Okto­ber des vorigen Jahres lief der Hobby-Bodendenkmalpfleger Martin Wittig wie schon so oft vorher suchend über das Gelände des Kieswerkes in Pirna-Pratzschwitz am nordwestlichen Ausgang des Elbsandsteingebirges. Hier hatten Mitarbeiter des sächsischen Landesamtes für Archäologie bereits viele Objekte aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit gefunden.

Da das 13 Hektar große Areal dadurch bereits als weitestgehend erforscht galt, war der Kiesabbau kürzlich wieder angelaufen. Aber gerade das ermöglichte Wittig einen der spektakulärsten Zufallsfunde, der jemals in dem Freistaat gemacht wurde: Genau dort, wo in den Tagen zuvor die Bagger begonnen hatten, weiteren Boden abzutragen, stieß er zunächst auf tönerne Scherben und dann auf eine Gewandspange aus Bronze. Dieses Artefakt führte ihn schließlich zu einem in der Erde steckenden zweihenkligen Keramikgefäß, in dem sich offenbar noch mehr Gegenstände befanden. 

Gewissheit hierüber brachte dessen nachfolgende Freilegung durch Wittig und einen weiteren Denkmalpfleger: Der Topf enthielt zwei filigran gearbeitete Bronzefibeln sowie die Reste von zwei Ketten mit rund 500 Perlen aus Glas beziehungsweise Bernstein sowie ein Bronze-Collier, das aus 700 Teilen besteht und in seiner Formgebung einzigartig ist.

Dennoch gelangten die hinzugezogenen Experten vom Landesamt für Archäologie unter Ingo Kraft, dem Referatsleiter für Ostsachsen, sehr schnell zu der Erkenntnis, dass es sich hier um Schmuckstücke aus der frühen Latène-Zeit vor rund 2500 Jahren handelt. Träger der Latène-Kultur waren die Kelten, welche während der Mitteleuropäischen Eisenzeit auf weiten Teilen unseres Kontinents lebten, jedoch nicht im heutigen Sachsen. Deshalb wird nun angenommen, dass das Ensemble aus der Gegend um Tetschen-Bodenbach stammt, wo damals Kelten vom Stamm der Boier siedelten.

Rätselhaft bleibt freilich, warum das Gefäß mit dem Schatz gerade hier bei Pirna vergraben wurde und wer dies getan hat. Einerseits kennt man derartige Kostbarkeiten bislang nur aus prächtig ausgestatteten Fürstengräbern, andererseits machen die Schmuck­stücke aber den Eindruck, für eine Frau bestimmt gewesen zu sein. Darüber hinaus erbrachte die sorgfältige Nachsuche im Umkreis des Fundortes auch keinerlei Reste von menschlichen Knochen, sodass es sich wohl definitiv nicht um Grabbeigaben handelt.

Auf jeden Fall soll der Keltenschatz von Pirna-Pratzschwitz, von dessen Existenz die Öffentlichkeit erst jetzt erfuhr, ab Ende 2020 im Staatlichen Museum für Archäologie in Chemnitz, auch in Kurzform als „smac“ bekannt, ausgestellt werden, worüber nicht jeder in Pirna begeistert ist. Manche meinen, der Fund gehöre besser ins örtliche Stadtmuseum im ehemaligen Dominikaner-Kloster. Aber das ist im Gegensatz zum „smac“ kein Lieblingskind der politischen Führungsriege Sachsens.