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29.11.19 / Reiches Land, armes Land / Trotz vieler Bodenschätze kommt Bolivien nicht auf Wachstumskurs

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-19 vom 29. November 2019

Reiches Land, armes Land
Trotz vieler Bodenschätze kommt Bolivien nicht auf Wachstumskurs

Bolivien ist trotz seines Rohstoffreichtums das ärmste Land Südamerikas. Drei verlorene Kriege in nur 50 Jahren bedeuteten Gebietsabtretungen an Brasilien und Paraguay sowie den Verlust eines Zuganges zum Meer zugunsten Chiles. Seit der Unabhängigkeit 1825 unter Simón Bolívar, erster Präsident und Namensgeber, gaben sich 65 Machthaber und 88 Regierungen teilweise die Klinke in die Hand.

Allein zwischen 2001 und 2005, als 2003 soziale Unruhen Dutzende von Toten forderten, waren es fünf verschiedene. So war es eine Überraschung, dass Ende 2005 der indianische Gewerkschafter Evo Morales mit seiner an Kuba, Nicaragua und Venezuela orientierten Movimiento Al Socialismo (MAS, Bewegung zum Sozialismus) im ersten Durchgang 54 Prozent der Stimmen holte und damit eine gewisse politische und wirtschaftliche Stabilität brachte, die bis zu den Wahlen im Oktober 2019 anhielt. 

Bereits im Mai 2006 verstaatlichte Morales die Öl- und Gasindustrie. Stark steigende Rohölpreise verhalfen Bolivien zu einem Wirtschaftswachstum von durchschnittlich fünf Prozent. Bis 2018 fiel der Anteil der Bevölkerung, der in extremer Armut lebt, von 38,2 auf 17,1 Prozent. Es wurden über 7000 Kilometer Straßen gebaut sowie 2014 zwischen La Paz, dem offiziellen Sitz der Regierung, und El Alto das höchstgelegene und größte Schwebebahnnetz der Welt eingeweiht.

Kritiker bemängeln, dass der starke Anstieg des Konsums weitgehend auf populistischen Geschenken an Ureinwohner basiert und nicht auf gesteigerter Produktivität und wirtschaftlicher Diversifikation. Eine ehemalige Partnerin von Morales wurde 2017 wegen Finanzdelikten zu zehn Jahren Haft verurteilt, doch er selbst vom Verdacht der Vorteilsgewährung freigesprochen. 

Erste Risse zeigten sich jedoch bereits 2015, als Morales eine Volksbefragung über eine vierte Amtszeit mit 51 zu 49 Prozent verlor und entgegen seinen ursprünglichen Aussagen 2019 doch wieder als Präsidentschaftskandidat antrat. Die Opposition verkündete ein Ende des „Evismus“, dessen Führer  sich in seinen letzten Tagen allerdings betont moderater gab und wieder um ausländische Investoren warb.M.M.