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29.11.19 / Was Polens Kriegsbeute wert ist / Angesichts der Reparationsforderungen aus Warschau stellt sich die Frage, was das Land mit den Ostgebieten gewonnen hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-19 vom 29. November 2019

Was Polens Kriegsbeute wert ist
Angesichts der Reparationsforderungen aus Warschau stellt sich die Frage, was das Land mit den Ostgebieten gewonnen hat
Wolfgang Kaufmann

In Polen ertönen wieder laut­starke Reparationsforderungen an Deutsch­land. Die Bundesrepublik solle nun endlich für die Schäden aus der Kriegs- und Besatzungszeit zwischen 1939 und 1945 aufkommen. Dabei wurde Polen nach dem Zweiten Weltkrieg bereits überaus großzügig entschädigt, als es das Gros der deutschen Ostgebiete erst zur einstweiligen Verwaltung bis zur endgültigen Friedensregelung und 1990 dann vollständig zugesprochen bekam. Deren materieller Wert war und ist beträchtlich.

Ende 1945 veranschlagten die Siegermächte während einer Konferenz von 18 Nationen, die der Vorbereitung des Abschlusses des Pariser Reparationsabkommens vom 14. Januar 1946 diente, das Ausmaß der Schäden, die Polen während des Krieges von Seiten des Dritten Reiches zugefügt worden sein sollten, auf genau 16,9 Milliarden US-Dollar. Zwei Jahre später kam die von der kommunistischen polnischen Regierung installierte „Kriegsentschädigungsstelle“ (Biuro Odszkodowan Wojennych) bereits auf 50 Milliarden US-Dollar. Hieraus ergeben sich nun die heutigen Reparationsforderungen Warschaus, die aktuell zwischen 850 Milliarden und einer Billion Euro liegen. Je nachdem, welchen – auf jeden Fall immer überaus großzügigen – Zinssatz die Vertreter der polnischen Seite ihrer Kalkulation gerade zugrunde gelegt haben. 

Unabhängig von der hier nicht zur Diskussion stehenden Frage, ob Polen völkerrechtlich überhaupt in der Position ist, nach seinen diversen Verzichtserklärungen in der Vergangenheit heute immer noch Reparationen von Deutschland zu verlangen, bietet es sich natürlich an, eine Gegenrechnung zu der polnischen aufzumachen. Zweifellos hat Polen materielle Verluste durch das Dritte Reich erlitten, aber zugleich doch auch neben allen anderen Wiedergutmachungsleistungen das Gros der deutschen Ostgebiete erhalten.

Gemäß dem Potsdamer Protokoll bekam Polen am 2. August 1945 folgende zu Preußen gehörende Territorien zur einstweiligen Verwaltung übertragen: die Provinz Ostpreußen abzüglich des Königsberger und des Memelgebiets, Oberschlesien und Niederschlesien ohne die westlich der Neiße liegende und heute zu Sachsen gehörende Region um Görlitz, Pommern östlich der Oder zuzüglich Stettins und der Odermündung sowie den Regierungsbezirk Frankfurt der Provinz Brandenburg ohne den westlich von Oder und Neiße gelegenen Teil. Dazu kam noch ein kleineres Stück des Landes Sachsen östlich der Neiße rund um die Stadt Reichenau. 

Die Gesamtfläche dieser Gebiete, die Polen zusammen mit der Freien Stadt Danzig als „Wiedergewonnene Gebiete“ (Ziemie Odzys­kane) bezeichnet, beträgt 114267 Quadratkilometer – und das war immerhin ein Viertel der Fläche des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 und ein Drittel des Territoriums der neugegründeten Volksrepublik Polen. In den Ostgebieten lebten 1939 um die 9,6 Millionen Deutsche, von denen die meisten 1945 fliehen mussten oder später vertrieben wurden, was viele das Leben kostete. Anschließend rückten Millionen Polen nach, die sämtliche Hinterlassenschaften der Deutschen ohne jedwede Entschädigungszahlung übernahmen. Welche immensen Werte ihnen dadurch in die Hände gefallen sind, soll anhand einiger Zahlen exemplarisch demonstriert werden.

Da die deutschen Ostgebiete weitgehend agrarisch geprägt waren, befand sich hier rund ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Reiches: 4,85 Millionen Hektar, deren Bewirtschaftung durch etwa 800000 Bauernhöfe erfolgte. Heute kostet ein Hektar Ackerland in der Republik Polen laut den offiziellen Angaben der staatlichen Agentur für Agrareigentum (Agencja Nieruchomosci Rolnych, ANR) im Durchschnitt mehr als 6000 Euro. Damit liegt der aktuelle Wert des Kulturbodens, der 1945 unter polnische Verwaltung fiel, bei mindestens 29 Milliarden Euro. Die dazugehörigen Bauernhöfe schlagen nochmals mit mindestens 40 Milliarden zu Buche, wenn man den Preis pro Objekt mit lediglich 50000 Euro ansetzt. Denn das ist die durchschnittliche Summe, die Käufer derzeit für eher schlicht gehaltene Bauernhäuser aus den 1920er und 1930er Jahren im mittelmäßigen Erhaltungszustand zahlen müssen, wobei größere Gutshäuser auch schon einmal mehr als eine Million Euro kosten können.

Dazu kommt der Wert des bebauten oder zur Bebauung geeigneten Landes im Bereich der Städte, dessen Höhe durch folgende Rechnung verdeutlicht werden soll: Breslau erstreckt sich über eine Fläche von 293 Quadratkilometern, von denen 114 bebaut sind. Beim derzeitigen Durchschnittspreis für Bauland in Breslau von 106 Euro pro Quadratmeter liegt der Wert des diesbezüglich nutzbaren Grund und Bodens in der Stadt bei über zwölf Milliarden Euro. Polen erhielt ja aber nicht nur Breslau, sondern über 67000 deutsche Ortschaften, unter denen sich auch rund 300 größere und kleinere Städte befanden. Das heißt, allein der Grundbesitz, der 1945 unter polnische Verwaltung und 1990 an Polen fiel, ist heute eine schier astronomische Summe wert.

Das nächste, von Warschau komplett ignorierte Thema sind die Bodenschätze in den Oder-Neiße-Gebieten. Hier gab es unter anderem Vorkommen an Ton, Bernstein, Braun- und Steinkohle sowie Eisen-, Zink- und Bleierzen, deren Abbau seit 1945 zum Nutzen Polens erfolgte. Darüber hinaus besitzt Hinterpommern auch noch recht ergiebige, aber bisher kaum erschlossene Schiefergaslagerstätten.

Der hochwertigste Rohstoff in den Ostgebieten des Reiches war zweifellos die schlesische Steinkohle. Deren Vorräte im damals zum Deutschen Reich gehörenden Teil Schlesiens wurden 1938 mit rund vier Milliarden Tonnen veranschlagt. Davon hat Polen seit 1945 bereits einen erheblichen Prozentsatz abgebaut. Multipliziert man diese vier Milliarden Tonnen mit dem aktuellen Preis für eine Tonne schlesischer Steinkohle von 227 Euro, wie ihn beispielsweise die Betreiber der Dampfkleinbahnen in Sachsen zahlen müssen, weil sie aus technischen Gründen auf keinen anderen Brennstoff umsteigen können, ergibt das den stattlichen Betrag von 908 Milliarden Euro.

Darüber hinaus kam Polen zum Ende des Zweiten Weltkriegs in den Besitz von 5652 Industriebetrieben auf dem Territorium der deutschen Ostgebiete, die sowjetische Beutetrupps allerdings zuvor ausgeplündert hatten. Das geht aus einer Aufstellung des Chefs der Trophäen-Verwaltung der Roten Armee, Generalleutnant Fjodor Bachitow, an den sowjetischen Außenminister Wjatscheslaw Molotow vom 17. Juli 1946 hervor. Der Warschau zugu­te­kommende Restwert all dieser Unternehmen wurde vom Staatlichen Verteidigungskomitee der UdSSR auf 8,5 Milliarden Rubel oder 1,62 Milliarden US-Dollar geschätzt. Wenn man diese Summe genauso großzügig virtuell verzinst, wie die polnische Seite das mit ihren erlittenen Kriegsschäden beziehungsweise Ansprüchen an Deutschland tut, dann ergibt das weitere 30 Milliarden Euro.

Ansonsten erhielt Polen durch die Übernahme der deutschen Ostgebiete noch einige Tausend Kilometer Eisenbahngleise, Straßen sowie Wasser-, Telefon- und Stromleitungen, unzählige Waldgebiete, Brücken, kommunale Versorgungsbetriebe, Schulen, Krankenhäuser, Museen und andere öffentliche Gebäude, Schlösser, Kirchen, Nutztiere sowie Fahrzeuge aller Art. Der Wert all dessen bewegt sich ebenfalls im mehrstelligen Milliardenbereich. 

Dazu kommt das Privateigentum der geflohenen, vertriebenen oder ermordeten Deutschen. Ein ungefähres Gefühl für den diesbezüglichen Vermögenstransfer an Polen vermitteln die Zahlungen nach dem Lastenausgleichsgesetz der Bundesrepublik vom 14. August 1952 in Höhe von über 64 Milliarden Euro. Wobei hier zu beachten ist, dass es 100-prozentige Entschädigungen nur bei kleinen Vermögen von bis zu 5000 Reichsmark gab. Wer mehr eingebüßt hatte, musste sich mit einem reduzierten Satz begnügen, der bei Verlusten von über einer Million Reichsmark schließlich nur noch 6,5 Prozent betrug. Der Gesamtwert des deutschen Privateigentums, das nicht zerstört, sondern von Polen übernommen wurde, dürfte also ebenfalls beträchtlich sein.

Und dann wäre da noch das Thema Beutekunst. Durch den Gewinn der deutschen Ostgebiete kam Polen auch in den Besitz unzähliger Kunstwerke oder kulturhistorisch wertvoller Objekte. Als typisches Beispiel hierfür kann die sogenannte Berliner Sammlung (Berlinka) dienen. Hierbei handelt es sich um ein Konvolut aus 300000 wertvollen historischen Handschriften und Autographen, darunter von Martin Luther, Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, sowie Musikalien wie die Originalpartituren von Kompositionen aus der Feder Johann Sebastian Bachs, Ludwig van Beethovens und Wolfgang Amadeus Mozarts. Diese einmaligen historischen Dokumente waren zwischen 1942 und 1944 aus der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin in das schlesische Kloster Grüssau verbracht worden, damit sie nicht dem Bombenterror der Alliierten zum Opfer fielen, und gelangten im Winter 1945/46 durch den handstreichartigen Zugriff polnischer Milizen in die Jagiellonische Bibliothek in Krakau. Die Berlinka beansprucht Polen seit März 1946 als sein Staatseigentum – und Warschau sträubt sich bis heute, sie der Bundesrepublik zurückzugeben, wie es die Haager Landkriegordnung für solche Fälle vorschreibt. Insofern müsste konsequenterweise auch das Schick­sal der Berliner Sammlung zur Reduzierung der polnischen Reparationsforderungen führen.

All diese Beispiele zeigen, dass Polen mit der Überlassung der deutschen Ostgebiete bereits mehr als ausreichend entschädigt wurde und eine ernsthaft geführte Diskussion über Reparationsfragen dies auch sehr schnell zutage bringen könnte – ganz gleich, ob Warschau dies nun gefällt oder nicht. Allerdings müsste man deutscherseits den Mut haben, nicht den damaligen, sondern den heutigen Wert des Verlorenen zugrunde zulegen. Was angesichts der polnischen Zinsvorstellungen schließlich nur recht und billig wäre.