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29.11.19 / Kolonialismus hatte nicht nur Schattenseiten / Das Wirken der Europäer in ihren Überseegebieten wird fast durchweg negativ beurteilt – Zeit für einen differenzierteren Blick

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-19 vom 29. November 2019

Kolonialismus hatte nicht nur Schattenseiten
Das Wirken der Europäer in ihren Überseegebieten wird fast durchweg negativ beurteilt – Zeit für einen differenzierteren Blick
Wolfgang Kaufmann

Die Kolonialzeit und der Kolonialismus werden heutzutage in den schwärzesten Farben gezeichnet. Dabei machten die Kolonialmächte auch vieles gut und richtig, wovon die Staaten, welche auf dem Boden der früheren Kolonien entstanden, oftmals noch immer profitieren.

Wer derzeit nach Definitionen von „Kolonialismus“ sucht, findet zumeist nur solche, die im Prinzip auf folgende Formulierung hinauslaufen: „Kolonialismus ist die mehr oder weniger gewaltsame Inbesitznahme auswärtiger Territorien durch weiße Völker und die Unterwerfung, Vertreibung oder Ermordung der als rassisch und kulturell für minderwertig erachteten einheimischen Menschen.“ 

Das heißt, es dominiert die negative Sichtweise, wobei vielfach auch noch behauptet wird, dass der Kolonialismus für die aktuellen Gebrechen der einstigen Kolonialstaaten verantwortlich sei. Als da insbesondere wären instabile Regierungen, wirtschaftliche Schwäche und ethnisch-religiöse Konflikte. Dergestalt ermutigt, verlangte die „African World Reparations and Repatriation Truth Commission“ bereits 1999 in ihrer Erklärung von Accra 777 Billionen Dollar „Reparationen“ von den ehemaligen Kolonialmächten des Westens – zahlbar innerhalb von fünf Jahren … Tatsächlich verhielt es sich aber in nicht wenigen Fällen ganz anders als behauptet: Statt Ausbeutung und Tod brachte der Kolonialismus Fortschritt und Sicherheit!

Immerhin eroberten die Kolonisatoren ja oft keine Paradiese, in denen Frieden und Harmonie herrschten, bis der Weiße Mann kam, sondern Regionen, die man heute kurzerhand als „Hölle“ bezeichnen würde. In Mexiko beispielsweise hatten die Azteken ein Terror-Regime ohnegleichen etabliert und überzogen ihre Nachbarn mit ständigen Kriegen, um „Nachschub“ für die unablässigen Menschenopfer in den Tempeln von Tenochtitlan, Texcoco und Tlacopan zu gewinnen, mit denen der tagtägliche Aufgang der Sonne sichergestellt werden sollte. Deshalb kollabierte ihr Reich dann auch beim Eintreffen einer im Grunde lächerlich kleinen Gruppe von spanischen Konquistadoren, weil zahlreiche andere Ureinwohner Mexikos an der Seite der Männer von Hernán Cortés gegen die Azteken fochten. 

Ähnlich verhielt es sich in Ostafrika: Hier betrieben muslimische Sklavenhändler über viele Jahrhunderte hinweg ihr übles Geschäft und verschleppten Millionen von Schwarzafrikanern quer durch die Sahara oder auf dem Seeweg in den arabischen Raum. Das hörte in der Region zwischen den Großen Seen und der Küste des Indischen Ozeans erst auf, als das Deutsche Reich 1888 Truppen entsandte und das Gebiet dann 1891 unter seine Kontrolle stellte, worüber viele Einheimische froh waren.

In anderen Fällen ging es nicht um die Abschaffung von Menschenopfern und des Sklavenhandels. Dafür sorgten die Kolonialmächte jedoch für die Beendigung der traditionellen Stammeskriege und schufen Instrumente zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit. Sie etablierten also quasi eine „pax colonialis“ durch die Neutralisierung der einheimischen Warlords, welche von den blutigen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Ethnien profitierten und diese deshalb immer wieder anheizten.

Zahlreiche spätere Kolonien in Afrika, Lateinamerika, Süd- und Südostasien und Ozeanien waren zudem Landstriche, in denen es jede Menge gesundheitliche Gefahren, aber keine wirksame Bekämpfung derselben gab. Auch hier bewirkte der Kolonialismus viele positive Veränderungen. So beispielsweise durch die Trockenlegung von Feuchtgebieten, aus denen die Malaria-Mücken ausschwärmten, oder ebenso umfassende wie effektive Schutzimpfungen gegen Krankheiten wie die Pocken. Dazu kamen die Errichtung von Krankenhäusern und eine gezielte Optimierung der hygienischen Bedingungen. Letzteres erforderte viel geduldige Aufklärungsarbeit zwecks Eindämmung der weit verbreiteten, wenig hilfreichen magischen Praktiken. 

Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und der Lebensbedingungen der Menschen in den Kolonien waren der Bau von Eisenbahnlinien, Straßen, Brücken, Häfen und Flugplätzen sowie die Schaffung von Strom- und Wasserversorgungsnetzen und eines Postwesens. Ganz besonderen Wert legten die Kolonialmächte außerdem auch auf Bildung: Konfessionelle, also von Missionaren betriebene, oder staatliche Schulen schossen in vielen Kolonien wie Pilze aus dem Boden, und in einigen Überseegebieten europäischer Mächte wie der deutschen Musterkolonie Kiautschou mit ihrer Hauptstadt Tsingtau entstanden sogar Universitäten, die teilweise noch heute existieren.

Die spätere Eigenständigkeit vieler ehemaliger Kolonien wurde durch den Beitrag erleichtert, den die Kolonialmächte zum sogenannten „Nation Building“ leisteten. Dieser Begriff beschreibt den Prozess der sozialen und politischen Entwicklung, in dessen Verlauf aus noch relativ wenig oder gar nicht miteinander verbundenen Ethnien weitgehend homogene Gesellschaften entstanden, die schließlich auch Nationalstaaten zu gründen vermochten. 

Ohne die schrittweise erfolgte Auflösung oder manchmal auch Zerschlagung rück­schrittlich-archaischer Strukturen sowie das Zusammenwachsen der einzelnen Stämme und Kleinvölker bei gleichzeitiger Schaffung flächendeckend agierender Verwaltungsorgane in den Kolonialgebieten würde es heute keine solchen Staaten wie Mexiko, Brasilien, Nigeria, Tansania oder Indien geben. 

Wichtig für das „Nation Building“ war zudem die Einführung von gemeinsamen Verkehrssprachen, also beispielsweise Spanisch oder Portugiesisch in Lateinamerika, Englisch in Indien und Kisuaheli in weiten Teilen Ost- oder Zentralafrikas.   

Eine ähnlich integrierende Wirkung hatte die koloniale Rechtsordnung. Sie differenzierte zwar zwischen den Vertretern der Kolonialmacht und den weniger privilegierten Einheimischen, stellte die Letzteren dann aber alle auf eine Stufe und nivellierte somit die oftmals krassen traditionellen Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen. Clan-Führer, Vertreter von Priesterkasten und andere Protagonisten der vorkolonialen Gesellschaft, welche die Angehörigen ihrer Ethnien oder Religionsgemeinschaften in einem Zustand der weitgehenden Abhängigkeit und Rechtlosigkeit gehalten hatten, verloren massiv an Macht und Einfluss. Letztlich wurde die Gesellschaft in den Kolonien also egalitärer als vorher, womit auch eine wachsende Gleichberechtigung von Frauen einherging, was sogar Kritiker des Kolonialsystems zugestehen müssen.

All diese positiven Aspekte des Kolonialismus führten logischerweise dazu, dass viele „Kollaborateure“ mit den Kolonialmächten „paktierten“. Erinnert sei hier beispielsweise an die Sepoys in der britisch-indischen Armee oder die Askaris, einheimische Männer, die als Soldaten beziehungsweise Polizisten in den Kolonien Großbritanniens, Italiens, Portugals, Belgiens und Deutschlands dienten. 

Die Zahl der Einheimischen, welche aufseiten der Kolonialmächte standen, überstieg die Zahl derer, die sich im Zuge von Aufständen und Meutereien gegen die Weißen wandten, um ein Mehrfaches. Trotzdem werden die eher seltenen Erhebungen in den Kolonien wie die Rebellion der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika – genauso wie die natürlich auch nicht wegzudiskutierenden Missstände in manchen Bereichen – von westlichen Historikern oder Publizisten sowie Politikern aus postkolonialen Staaten immer wieder ausgiebig thematisiert. 

Dahingegen rückt das, was positiv am Agieren der Kolonialmächte gewesen war, weit in den Hintergrund oder fällt gleich ganz unter politisch korrekte Schweigegebote. Solch ein Vorgehen bezeichnet man üblicherweise als Geschichtsfälschung.