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29.11.19 / »Mein Königsberg« / Sammlung des Diplomaten Bahr in Ellingen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-19 vom 29. November 2019

»Mein Königsberg«
Sammlung des Diplomaten Bahr in Ellingen

Wenn der Name der Stadt Königsberg ausgesprochen wurde, glänzte Herr Bahr auf besondere Art und es entkam niemand seiner großen Zuneigung zu diesem Ort“. Woher diese kam, konnte er weder sich noch jemandem anderen erklären „diese Stadt lebte seit jäh in seinem Herzen“. Seine Faszination darüber begann schon in der Schulzeit. 

Jerzy Bahr war ein polnischer Diplomat, dem die Verständigung zwischen Nationen am Herzen lag und überall da, wo er sein Vaterland vertrat, suchte er immer eine individuelle Basis für diplomatische Gespräche. Er besaß ein tiefes Wissen über Osteuropa, seine Kultur, seine Einwohner und sprach fließend Sprachen seiner europäischen Nachbarn: Deutsch, Russisch, Ukrainisch, Litauisch, Rumänisch und Englisch. Mit Sicherheit konnte er sich einen seiner eigenen Wünschen erfüllen: Er war seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges der erste polnische Generalkonsul in Königsberg. Er kannte hier jede Straße, jedes Gebäude, die jeweilige Geschichte, und er hob alles, was mit seiner Lieblingsstadt zusammenhing, auf. Er legte auch immer ein bisschen Geld zurück, um Königsberger Antiquitäten kaufen zu können. So entstand seine Sammlung, und er hatte dazu noch zwei Wünsche: Seine Schätze dem Publikum in einem Museum zugänglich machen zu können und die Sammlung wissenschaftlich aufzuarbeiten. Einer davon ging erst nach seinem Tod in Erfüllung als Anfang 2017 die Sammlung dem Regionalmuseum in Krockow/Krokowa übergeben und sie dort das ganze Jahr präsentiert wurde. Nun wird sie noch bis zum 1. März 2020 im Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen gezeigt.

Die Kollektion besteht aus mehreren Arten von Gegenständen: Objekte mit einem historischen Museumswert, gerettete Alltagsgegenstände (Schilder, Postkarten, Gemälde, aber auch Kisten und Flaschen von einheimischem Bier) sowie spezifische, künstlerische Arrangements. Dazu noch zwei weitere Bereiche: eine Königsberger-Büchersammlung und eine Sammlung von allerlei Schriftstücken, wie Zeitungsartikel, Notizen, Prospekte in Deutsch, Russisch, Polnisch, Litauisch.

Jerzy Bahr collagierte sehr gern einzelne Objekte, brachte sie durchaus spannungsvoll zueinander, um ihnen derart eine neue Bedeutung zu verleihen und um den Betrachter zu einer tieferen Reflexion einzuladen. Sie bringen den Betrachter direkt mitten ins Geschehen: wenn wir auf die „verarbeiteten“ Setzkästen der Tilsiter Actien-Brauerei oder Aktien-Brauerei Schönbusch Königsberg i. Preußen schauen, die deutliche Gebrauchsspuren tragen, sehen wir nicht nur einen „antiken“ Bierkasten mit aufgesetzten Bierflaschen sondern wir bringen etwa in Erinnerung: eine Szene aus einem alten Film, eine Szene mit einem Wochenendausflug an der Pregel, wir sehen hübsch gekleidete Damen und prosten dem Tischnachbarn zu, der gerade eine Flasche Ostmark-Bier öffnet. Eine solche Leidenschaft strahlt ihre Stärke auch auf andere Menschen aus und hat die Kraft, diese in ihren Bann zu ziehen und eine solche Sammlung bekommt eine innere Unterstützung, um sich zu entfalten. 

Leider ist es nicht gelungen, die Geschichte der Sammlung genauer kennenzulernen. Über die Entstehungs- und Sammlungsgeschichte sollte eine Publikation berichten, diesen Prozess vernichteten leider die Krankheit und der Tod des Botschafters. EB