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06.12.19 / Neuverschuldung / Italiens leichtes Spiel mit den Staatsschulden / Die neue italienische Regierung muss kein Defizitverfahren seitens der Europäischen Union befürchten. Vor einem Jahr gab es bei einer anderen politischen Konstellation deswegen noch einen Riesenärger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-19 vom 06. Dezember 2019

Neuverschuldung
Italiens leichtes Spiel mit den Staatsschulden
Die neue italienische Regierung muss kein Defizitverfahren seitens der Europäischen Union befürchten. Vor einem Jahr gab es bei einer anderen politischen Konstellation deswegen noch einen Riesenärger
Bodo Bost

Als im vergangenen Jahr die inzwischen aufgelöste italienische Koalitionsregierung aus sogenannten Links- und Rechtspopulisten einen Haushalt mit einem hohen Defizit einreichte, gab es einen Riesenärger zwischen Rom und Brüssel. Der diesjährige Entwurf läuft auf ein ähnlich hohes Defizit hinaus. Doch diesmal bleibt die EU zahm, weil Italien eine Regierung unter maßgeblicher Beteiligung des Establishments hat, deren Überleben auch an den EU-Richtlinien vorbei gesichert werden muss.

Zum ersten Mal seit dem Jahr 2002 läuft in der EU kein Defizitverfahren gegen einen Euro-Staat. Spanien war das letzte Euro-Land, das seine Neuverschuldung auf ein für die EU-Kommission akzeptables Niveau gebracht hatte. Erlaubt sind eine jährliche Neuverschuldung von höchstens drei Prozent und eine Gesamtverschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Während der Euro-Finanzkrise waren die Defizite und Schuldenstände ab 2008 in den meisten Euro-Staaten extrem gestiegen.

Zum Euro-Sorgenkind ist nach Griechenland Italien geworden. Es ist das einzige Land in der Euro-Zone, dessen Staatsschulden im kommenden Jahr steigen werden. Belgien, Spanien und Frankreich haben mit knapp unter 100 Prozent der Wirtschaftsleistung sehr hohe Schuldenquoten. Italien kommt aber auf über 136 Prozent. Nur das Krisenland Griechenland hat eine höhere Schuldenquote, baut sie allerdings, anders als Italien, auch ab. 

Zur Bewältigung der Schuldenkrise will Italien neue Schulden machen. Italiens Schuldenlast wird dadurch im kommenden Jahr auf beinahe 137 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Dennoch verlangt Brüssel, anders als 2018, aus politischen Gründen von Rom keine Nachbesserungen beim Haushaltsentwurf. Damals hatte die Kommission in einem historisch einmaligen Schritt den italienischen Entwurf abgelehnt und zur Überarbeitung zurückgeschickt. Davon ist diesmal, welch ein Erstaunen, keine Rede mehr, auch mit einem Defizitverfahren wird nicht mehr gedroht. 

Mit dem Verzicht auf ihre Folterinstrumente wollte die EU diesmal der neuen italienischen Regierung den Rücken stärken, auch wenn es alles andere als sicher erscheint, dass die neue italienische Regierung das Vertrauen auch verdient. 

Deutschland soll Investitionsmotor werden

Neben Italien gehören auch Frankreich, Spanien, Belgien, Slowenien, Finnland und die Slowakei zu den Ländern, die die EU-Vorgaben aufgrund weiterhin steigender Schulden nicht einhalten werden. Nur Portugal und Griechenland sind dabei, erstmals seit vielen Jahren, die Schuldenlast wieder abzubauen. Für Athen ist diese Beurteilung sehr wichtig, ebnet sie doch den Weg für eine weitere finanzielle Unterstützung.

Der neue EU-Kommissar für Wirtschaft, der Lette Valdis Dombrovskis, lobte die deutsche Regierung auf dem Weg „zu einer expansiveren Haushaltspolitik“. Die EU-Kommission, der Internationale Währungsfonds (IWF) und viele Ökonomen erwarten von Deutschland, angesichts seiner weniger angespannten finanziellen Situation, weitere Investitionen, damit die Konjunktur in der Euro-Zone weiter befeuert wird. Die Große Koalition will im kommenden Jahr knapp sechs Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr ausgeben.