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06.12.19 / Berliner Charité / Der Meister mit dem Skalpell

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-19 vom 06. Dezember 2019

Berliner Charité
Der Meister mit dem Skalpell
Uta Buhr

Die Ausstellung „Auf Messers Schneide“, die bis zum 2. Februar 2020 im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité läuft, ist ein posthumes Heimspiel für den legendären Chirurgen Ferdinand Sauerbruch (1875–1951). In diesem Krankenhaus feierte der „Mann mit den goldenen Händen“ seine größten Erfolge. 

Beim Betreten des ersten Saales sticht der gewaltige Schreibtisch des Chirurgen ins Auge. An einem Nagel dahinter hängt sein weißer Arztkittel. Die Brille mit den runden Gläsern ruht gleich nebenan in einer Vitrine. Man könnte meinen, Sauerbruch habe gerade sein Zimmer verlassen und käme jeden Augenblick zurück, um einen Patienten zu empfangen. 

Der im ostrheinischen Barmen als Enkel eines Schumachers aufgewachsene Sauerbruch begann seinen Aufstieg als bald weltberühmter Chirurg nach einem erfolgreich abgeschlossenen Medizinstudium und Stationen an Krankenhäusern in Erfurt und Kassel. Seine Erfolge im OP-Saal brachten ihm schnell internationales Renommée ein. Man nannte ihn unter anderem ehrfürchtig „Meister des Skalpells“ und „Sieger über den Tod“.

Die Besucher wundern sich über die primitiv anmutenden Instrumente wie Peritonalklammern, Zungenzangen und Leberhaken, die im frühen 

20. Jahrhundert gebräuchlich waren. Der klobige OP-Tisch mit den ledernen Halteriemen lässt manchen erschaudern. Kaum zu glauben, dass unter diesen antiquierten Bedingungen Medizingeschichte geschrieben wurde. Sensationell war Sauerbruchs Operation am offenen Brustkorb, die der Maler Hermann Otto Hoyer 1932 auf einem lebensgroßen, hier ausgestellten Gemälde festhielt. 

Die zahlreichen Tondokumente, bei denen der Chirurg selbst zu Worte kommt – sei es im Hörsaal oder im Gespräch mit Kollegen – bieten Einblick in die Persönlichkeit des Menschen Sauerbruch. Sein rheinischer Humor wurde besonders von seinen Studenten geschätzt. Da kommen Zweifel an dem Etikett „Halbgott in Weiß“ auf, das ihm manche seiner Zeitgenossen ans Revers geheftet hatten. 

Ein Teil der Ausstellung befasst sich mit Sauerbruchs Rolle im Dritten Reich. Warum hat er nicht klar Stellung gegen die Diktatur bezogen, lautet die Frage. Und stimmt es, dass er von den medizinischen Versuchen der Nationalsozialisten am lebenden Menschen wusste und nichts dagegen unternahm? Fest steht, dass er an diesen Machenschaften nicht beteiligt war und 1945 von jeglicher Schuld freigesprochen wurde. 

„Sauerbruch ist beleidigt“, lautet eine Schlagzeile, als der Chirurg empört darauf hinweist, er habe auch während des Krieges seine Pflicht erfüllt. Selbst als alliierte Bomben auch die Gebäude der Charité nicht verschonten, stand er Tag und Nacht im Bunker des Hospitals am OP-Tisch und operierte gewissenhaft jeden, der unter sein Skalpell kam.

b Auf Messers Schneide geöffnet bis 2. Februar, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, mittwochs und sonnabends bis 19 Uhr. www.bmm-charite.de