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13.12.19 / Deutsche Bahn / Selbstbedienung beim Staatsbetrieb / Bundesrechnungshof kritisiert nicht nur Einzelfälle, sondern gängige Praktiken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-19 vom 13. Dezember 2019

Deutsche Bahn
Selbstbedienung beim Staatsbetrieb
Bundesrechnungshof kritisiert nicht nur Einzelfälle, sondern gängige Praktiken
Norman Hanert

Knapp drei Jahre nachdem Rüdiger Grube als Chef der Deutschen Bahn zurückgetreten ist, gibt es erneut Kritik an der seinerzeit gezahlten Millionen-Abfindung. Grube hatte am 30. Januar 2017 im Streit mit dem Aufsichtsrat seinen sofortigen Rücktritt erklärt. Hintergrund des überraschenden Schritts waren Meinungsverschiedenheiten um eine Vertragsverlängerung und eine Aufstockung des Grundgehalts für den Bahnchef.  

Ungerechtfertigter Bonus

Obwohl der Topmanager 2017 nur gut vier Wochen im Amt war, zahlte das bundeseigene Unternehmen an Grube 2,251 Millionen Euro als Abfindung für dessen Gehalt inklusive Boni für das gesamte Jahr. 

Während Grube die Ansicht vertrat, er habe über die Jahre einen Anspruch auf die Abfindung erworben, ist der Bundesrechnungshof nach einer Prüfung nun zu einer anderen Einschätzung gelangt. In einem Gutachten kommen die Rechnungsprüfer zu dem Schluss, Grube habe keinen Anspruch auf die Abfindung gehabt, weil er einseitig seinen Vorstandsvertrag gekündigt habe. Der Rechnungshof bewertet auch die Höhe der Abfindungszahlung als unangemessen hoch. Bei der Festsetzung der Summe war die Bahn von der theoretischen Annahme ausgegangen, Grube hätte die Unternehmensziele des Jahres 2017 zu 100 Prozent erfüllt. In der Realität war der Deutschen Bahn dies in den vorhergehenden Jahren aber nicht gelungen.

Die nun publik gewordene Einschätzung des Bundesrechnungshofs hat erneut scharfe Kritik an der Bahn ausgelöst. Beispielsweise mahnte der Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler (Grüne): „Die Deutsche Bahn darf kein Selbstbedienungsladen für ehemalige Vorstände sein.“ 

Fragwürdige Beraterverträge

Erst vor wenigen Monaten war eine Affäre um Beraterverträge mit ehemaligen Führungskräften der Bahn öffentlich geworden. Die Deutsche Bahn hatte teilweise ohne Beteiligung des Aufsichtsrates zwischen 2008 und 2018 mit 25 früheren Topmanagern und auch einigen Politikern insgesamt 60 Beraterverträge im Volumen von rund 13 Millionen Euro abgeschlossen. 

Nach einer Prüfung der fragwürdigen Verträge entschied der Bahn-Aufsichtsrat nun in einem konkreten Fall, von einem ehemaligen Vorstand einer Bahntochtergesellschaft Honorar zurückzufordern. Aus Sicht des Kontrollgremiums waren bei dem mit über 300 000 Euro dotierten Vertrag keine ausreichenden Leistungen erbracht worden. Zudem untersagte der Bahn-Aufsichtsrat im vergangenen September grundsätzlich die Praxis, mit früheren Führungskräften und auch „Personen mit politisch exponierter Stellung“ weiterhin Beraterverträge abzuschließen.