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13.12.19 / Verräter oder Widerstandskämpfer? / Sreit um Denkmal für General Andrej Wlassow / Prager Stadtteilbürgermeister will trotz Kritik aus Moskau den Kommandeur der Russischen Befreiungsarmee ehren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-19 vom 13. Dezember 2019

Verräter oder Widerstandskämpfer?
Sreit um Denkmal für General Andrej Wlassow
Prager Stadtteilbürgermeister will trotz Kritik aus Moskau den Kommandeur der Russischen Befreiungsarmee ehren
Bodo Bost

Der Bürgermeister des Prager Stadtteils Rübstich (Reporyje), Pavel Novotny, möchte General Andrej Wlassow ein Denkmal errichten. Die Proteste Russlands, Wlassow sei ein deutscher Kollaborateur und Verräter gewesen, weist er zurück. Novotny verbat sich eine Einmischung Russlands in tschechische Angelegenheiten. Man wolle mit dem Denkmal eine „historische Ungerechtigkeit begleichen“, erklärte Novotny. 

Fast alle Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion sehen in Landsleuten, die während des Zweiten Weltkrieges auf deutscher Seite gegen das Stalin-Regime gekämpft haben, Freiheitskämpfer und ehren sie mit Denkmälern. Allein die Russische Föderation, die sich als Rechtsnachfolger der UdSSR versteht, sieht das anders. Für sie sind diese Menschen, welche die Befreiung ihres Volkes vom Stalinismus wollten, immer noch Verräter, die nicht zu rehabilitieren seien. 

Der Bekannteste dieser „Verräter“ und gleichzeitig auch der umstrittenste ist General Andrej Wlassow. Im eigenen Lande nützt es ihm wenig, dass sich Russlands unter Stalin unterdrückte orthodoxe Kirche für ihren einstigen Priesteramtskandidaten einsetzt. Nur wenige Historiker im Lande würdigen seine historische Rolle als Retter Moskaus und sehen in ihm den Exponenten einer in der UdSSR weit verbreiteten, wegen des blutigen Staatsterrors jedoch nicht organisierten Opposition zu Stalin, die keine andere Möglichkeit sah, als sich mit dessen Feinden zu verbünden.

Andrej Wlassow sollte ursprünglich orthodoxer Priester werden. Die Oktoberrevolution erlebte er in einem Priesterseminar. Er tauschte die Sutane gegen eine Militäruniform und brachte es zu erstaunlichen Leistungen in der sowjetischen Armee. Als sowjetischer Militärberater diente er in den 30er Jahren in führender Position in China. General Wlassow war einer der größten Kriegshelden der Sowjetunion zu Beginn des Krieges. Er hatte schon im Jahre 1941 nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht als einer von wenigen sowjetischen Kommandanten vor Dubno, Kiew und Berditschew Widerstand geleistet. Während der Schlacht um Moskau erhielt er den Befehl über die 20. Armee. Mit ihr stand er bei der Verteidigung der Hauptstadt allein bis zum Eintreffen der sibirischen Truppen im Winter 1941. Beim Beginn der ersten sowjetischen Gegenoffensive im Januar 1942 gelang ihm die Rückeroberung der Stadt Solnetschnogorsk. Dafür wurde er mit dem höchsten sowjetischen Orden, dem Leninorden, ausgezeichnet und vom sowjetischen Dichter Ilja Ehrenburg literarisch verewigt.

Nach seiner Gefangennahme an der Wolchow-Front im Juli 1942 durch die Deutschen gründete er im Dezember desselben Jahres das „Smolensker Komitee“ zur Befreiung Russlands von der stalinistischen Herrschaft. Nach langem Zögern Adolf Hitlers wurde ab Herbst 1944 eine Russische Befreiungsarmee (ROA) aus sowjetischen Gefangenen in Deutschland mit zehn Grenadier-Divisionen, einem Panzer-Verband und eigenen Luftstreitkräften gegründet, insgesamt 125 000 Soldaten. Am 10. Februar 1945 übernahm Wlassow in Münsingen auf der Schwäbischen Alb den Oberbefehl über die neue Armee. Sie kämpfte bei den Abwehrschlachten an der Oder und bei Leipzig und wurde im April 1945 in die Nähe von Prag verlegt. Prag war die letzte noch von Deutschen besetzte europäische Hauptstadt. 

In der Hoffnung, in einem neuen tschechoslowakischen Staat ein Exil zu finden, beteiligte sich die Wlassow-Armee ab dem 6. Mai 1945 an der tschechischen Erhebung gegen die Reste der deutschen Besatzungsmacht. Nach dem Waffenstillstand am 8. Mai ergab sich Wlassow den US-amerikanischen Truppen. Den herannahenden sowjetischen Truppen gelang es, Wlassow am 12. Mai 1945 festzunehmen. Ob die Amerikaner der Festnahme Vorschub geleistet haben, ist umstritten. Wlassow wurde mit sieben anderen Spitzenmilitärs der ROA in einem kurzen Prozess hinter verschlossenen Türen am 31. Juli 1946 vom Militärkollegium des Obersten Gerichtshofes der UdSSR in Moskau wegen Hochverrates zum Tod verurteilt und am nächsten Morgen hingerichtet.





Russische Befreiungsarmee (ROA)

125 000

Mann dienten in der Russischen Befreiungsarmee

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Bomber hatte die Russische Befreiungsarmee zu ihrer Verfügung. Es handelte sich dabei um ein Dutzend zweimotorige Flugzeuge mit Kolbenmotoren der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke (JFM) vom Typ Ju 88 und um fünf gleichfalls zweimotorige Flugzeuge der Ernst Heinkel Flugzeugwerke vom Typ He 111

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Abfangjäger der Messerschmitt AG vom Typ Me 109 G, des Standardjägers der deutschen Luftwaffe, gehörten ebenfalls zur Ausrüstung der Russischen Befreiungsarmee