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13.12.19 / Weihnachten im Nationalsozialismus / „Fest der Volksgemeinschaft unter’m Lichterbaum“ / Wie die Nationalsozialisten versuchten, das Christfest für ihre Zwecke umzudeuten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-19 vom 13. Dezember 2019

Weihnachten im Nationalsozialismus
„Fest der Volksgemeinschaft unter’m Lichterbaum“
Wie die Nationalsozialisten versuchten, das Christfest für ihre Zwecke umzudeuten
Wolfgang Reith

Schon seit den 1860er Jahren hatten deutsche Historiker, Theologen und Schriftsteller gelegentlich darauf hingewiesen, dass christliche Festtagsgebräuche teilweise auf heidnische Rituale zurückzuführen seien und damit Überbleibsel volkstümlichen Aberglaubens aus vorchristlicher Zeit bildeten. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, beriefen sie sich gerne auf solche Aussagen und deuteten unter Hinweis hierauf Weihnachten zu einem Fest um, das Symbol eines germanischen Nationalismus sei. Planmäßig trieb Joseph Goebbels' Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda die „Nazifizierung“ des Festes voran. 

Politisierung des Weihnachtsfestes

Die „NS-Volksweihnacht“ galt als ein „Fest der Volksgemeinschaft unter’m Lichterbaum“ und Ausdruck der „nationalen Wiedergeburt“. Nur wenige Deutsche wehrten sich gegen die Politisierung des Weihnachtsfestes, das nun als nordischer Kult definiert wurde. 

Doch wie in vielen Diktaturen, wo das öffentliche und das private Leben oft zweierlei Dinge sind, so wich auch hier der Charakter des Feierns im familiären Kreis meistens ab von den parteiamtlich anberaumten Zusammenkünften, die der Festigung des „neuen Geistes“ eines reinrassigen Staates dienten. Wintersonnenwendfeiern sollten an eine bei germanischen Stämmen praktizierte Tradition erinnern, die Kerzen am Tannenbaum wurden als Wunsch der „Wiederkehr des Lichtes“ nach dem kürzesten Tag des Jahres gedeutet. Weil die Nationalsozialisten spätestens seit dem Wechsel vom Kampf um zum Kampf gegen die Kirche die Religion grundsätzlich als Feind ihres totalitären Systems betrachteten, wollten sie den christlichen Aspekt des Weihnachtsfestes zurückdrängen. An die Stelle der religiösen Überlieferungen trat das Erbe der „arischen Rasse“.

Müttern und Kindern kam im Rahmen des NS-Weihnachtskults eine besondere Rolle zu. Sie wurden animiert, eine entsprechende Atmosphäre zu schaffen. Dazu gehörten das Ausschmücken der Wohnung mit selbstgebastelter Dekoration, das Einpacken der Geschenke, das Kochen des Festmahls sowie das Backen eines Kuchens und von Plätzchen, die man gerne in Form von „Odins Sonnenrad“, eines Hakenkreuzes oder einer Schleife, einem Fruchtbarkeitssymbol, fertigte. 

Der Christbaum wurde zur Jultanne, der Adventskranz erfuhr eine Umbenennung in „Sonnwend-“, beziehungsweise „Lichterkranz“, und die Weihnachtsbaumkugeln waren nicht selten mit Hakenkreuzen, Siegrunen oder anderen germanischen Sinnzeichen versehen. Das Anzünden der Kerzen stellte ein besonderes Lichterritual dar und sollte dem Fest einen magischen, der germanischen Mythologie entlehnten, Glanz verleihen.