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20.12.19 / Satire / Es weihnachtet sehr

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-19 vom 20. Dezember 2019

Satire
Es weihnachtet sehr
Wolfgang Kaufmann

O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“, dudelte es früher aus allen Lautsprechern auf den Weihnachtsmärkten unseres Landes. Mit solcherart Dauerberieselung ist es heute glücklicherweise vielfach vorbei: Oft kann man nun ohne Hörsturz zwischen den romantischen Bretterbuden flanieren. Es sei denn, jemand grölt glühweinselig „Ihr Kinderlein, kommet!“

Möglicherweise haben wir die Ruhe der Inklusion zu verdanken, denn bei manchen Smartphone-Süchtigen kann bereits die einmalige Konfrontation mit „Stille Nacht, heilige Nacht“ zu Panikattacken führen. Aber vielleicht liegt es auch am allgegenwärtigen Geldmangel, denn die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) kassiert schließlich bei jeder Form von Beschallung fleißig mit, wenn die Musikanten noch keine 70 Jahre tot sind: „Kling, Euro, klingelingeling …“

Ansonsten dürfte der wohltuende Einfluss der inzwischen etwas mehr als drei Weisen, sprich Fachkräfte, aus dem Morgenland ebenfalls eine gewichtige Rolle spielen. Die haben es bekanntlich nicht so mit „Morgen, Kinder, wird’s was geben“. In ihrem jugendlichen Elan wollen sie gerne sofort loslegen und austeilen.

Störend an den Weihnachtsmärkten und den dort gespielten Liedern war vor 2019 zudem auch die religiös aufgeladene Atmosphäre: „Ihr lieben Christen, freut euch nun.“ Deshalb ist es völlig korrekt, jetzt profan von „Wintermarkt“ zu sprechen. Noch weltoffener kommt natürlich ein „Veganer Wintermarkt“ daher, wie die Duisburger ihn derzeit genießen dürfen. Bratwurst ohne Fleisch zu servieren, reicht indes nicht aus. Um die Besucher der wie auch immer heißenden Märkte vollkommen auf die Höhe des obwaltenden Zeitgeistes zu hieven, sind ganzjährige Maßnahmen nötig. Viele trällern zwar nicht mehr „Schneeflöckchen, Weißröckchen“, aber ist das dahinterstehende sexistische und rassistische Gedankengut tatsächlich schon komplett ausgemerzt?

Und dann diese demonstrative Lust am Kohlendioxidausstoß: „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt“, „Sind die Lichter angezündet“ und so weiter und so fort! In Zeiten der Erderhitzung und des Klimanotstandes wäre hier eigentlich ein flächendeckendes Lied-Verbot fällig. Genauso gehören die unzähligen Lämpchen an den Buden abgeschafft. Sollen die Märkte doch schließen, wenn es dunkel wird! Dann stolpert auch keiner mehr über die großen Steine an den Eingängen, die offenbar als Schleichwerbung für einen dänischen Spielzeughersteller dienen. Komisch nur, dass die Betonklötze nach unserer Bundeskanzlerin benannt sind… Auf jeden Fall stehen sie nun eben da: „Es hat sich halt eröffnet.“ Da könnte man ausnahmsweise doch losschmettern: „Aus hartem Weh die Menschheit klagt.“

Einfach zu Hause auf Weihnachten freuen, ist jedoch auch keine Option. Wir leben gut und gerne im kunterbunten Deutschland des Jahres 2019 und wollen das auch mit fröhlichem Gewimmel in den Innenstädten zeigen. Sonst könnte noch jemand auf die Idee kommen, dass sich etwas ändern müsse.