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20.12.19 / Der Wochenrückblick / Erschwerte Gutwerdung / Trump, Johnson, „UN-Klimagipfel“, Eskens – lief leider alles nicht so. Aber es gibt Hoffnung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-19 vom 20. Dezember 2019

Der Wochenrückblick
Erschwerte Gutwerdung
Trump, Johnson, „UN-Klimagipfel“, Eskens – lief leider alles nicht so. Aber es gibt Hoffnung
Erik Lommatzsch

Wie ganz anders sah die Welt vor einer reichlichen Woche doch noch aus. So viel Potenzial zur Gutwerdung. Und das global, europäisch und deutsch. Zunächst war da mal wieder Donald Trump – es schien als ob die Amtsenthebung, das „Impeachment“, nun wirklich ganz unmittelbar bevorstehe. Noch schneller erledigt sein würde nur noch der zweite Gottseibeiuns der angelsächsischen Welt, der britische Premierminister Boris Johnson. Das sollten die Wähler erledigen, die ja alle bekanntlich nichts sehnlicher wünschen, als doch in der EU zu verbleiben. Zeitgleich mit dem Verschwinden der beiden Herren mit dem widerborstigen Haar – von denen zufälligerweise fast stets unvorteilhafte Pressefotos ihren Weg in die Zeitungen finden – würde sich die Weltgemeinschaft in Madrid im Zeichen der „Klimarettung“ die Hand reichen. 

Eine große Gutwerdungsmöglichkeit gab es bis vor wenigen Tagen auch in Deutschland: Mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verfügt die traditionsreiche SPD über zwei herausragende Leitungskräfte. Unmittelbar mit ihrem Amtsantritt sollten die Zeiten, da die Sozialdemokratie bundesweit in einstellige Umfrage- und Wahlergebnisgefilde abzufallen drohte, für immer der Vergessenheit anheimfallen.

Und dann das. Alles verbockt. Bleiben wir zunächst bei der Innenpolitik. SPD-Hoffnungsträgerin Esken hat gleich einen handfesten Skandal am Hals. Eine uralte Kündigungsaffäre aus ihrer Zeit als Vizechefin des Landeselternbeirates Baden-Württemberg – ihrer bislang höchsten Führungsfunktion – wird ihr angelastet, Frau Esken will sich juristisch gegen die Anschuldigungen wehren. Egal, wer am Ende Recht bekommt, kräftig angeschlagen ist die Neue an der Spitze gleich zu Beginn. Ein Treppenwitz der Geschichte der Agonie der SPD wäre eine abermalige Beschleunigung ihres Endes – durch den Sturz der neuen Halbvorsitzenden über eine mehrere Jahre zurückliegende, für die Beteiligten sicher ärgerliche, aber mit Sicherheit nicht weltbewegende Geschichte.

Weltbewegendes sollte im fernen Amerika geschehen. Verheißungsvolle ARD-Schlagzeilen lauteten etwa: „Impeachment: Demokraten wollen Trump in zwei Punkten anklagen“ oder „Impeachment: Demokraten laden Trumps einstige Getreue vor“. Entgegen der Suggestion derartiger Überschriften ist das Verfahren allerdings überhaupt noch nicht in Gang gesetzt. Etwas kleinlauter wurde dann schon berichtet, dass nicht einmal alle Demokraten von dieser Aktion angetan sind. Ein Abgeordneter, Jeff Van Drew, schickt sich sogar gerade an, von den Demokraten zu den Republikanern zu wechseln. Was bei den Öffentlich-Rechtlichen auch immer ein wenig untergeht: Das Repräsentantenhaus entscheidet lediglich über die Einleitung des „Impeachment“, hier haben die Demokraten die Mehrheit. Trumps Republikaner hingegen dominieren den Senat. Hier müssten zwei Drittel der Abgeordneten gegen ihn stimmen. Die vorhersehbare ARD-Enttäuschung wurde denn auch schon kompensiert: „Trump unter Druck: Twittern gegen Impeachment-Frust“. Wenn schon sonst nichts zu erreichen ist – zumindest auf sein Benehmen kann man nochmal verweisen. Wehrt der sich auch noch! Sieht ganz so aus, als ob er uns erhalten bleibt. Und er hat, so wird gemunkelt, gar nicht so schlechte Chancen auf eine zweite Amtszeit. 

Die nächste große Hoffnung war Großbritannien. Spekuliert wurde, in welcher Konstellation Labour-Chef Jeremy Corbyn, der ja laut ARD-Bericht am Vortag der Wahl gegenüber Johnson „deutlich“ hatte aufholen können, nach seinem Sieg regieren würde. Auf eine zweite Brexit-Abstimmung sollte das Ganze hinauslaufen. Und selbst am Wahltag verkündete das deutsche Fernsehen, sichtlich an einen Strohhalm geklammert, Vorhersagen seien schwer, „wegen des britischen Mehrheitswahlrechts“. Johnson, der medienwirksam mit seinem Hund zur Wahl kam, gewann haushoch. Die Mehrheit, die ihm bisher für seine Politik fehlte, hat er jetzt – während Corbyn ein historisch schlechtes Ergebnis einfuhr. Nun wird mit Großbritannien erstmals ein Land die EU verlassen, gerade noch einmal durch Volkes Wille bestätigt. Warum gehen die Briten eigentlich, wenn „Europa“ – das wird fälschlich gern synonym für die EU gebraucht – doch so attraktiv ist?

Als ob das nicht reichen würde, erwies sich auch noch der „UN-Klimagipfel“ von Madrid als Desaster. Eine „Pleite“ sei der gewesen, so die „Tagesschau“. Zu wenige „konkrete Klimaschutzziele“ seien formuliert worden. Aber das Nachrichtenflaggschiff ließ seine Zuschauer mit der Katastrophe nicht allein. Jetzt nämlich komme es „auf Europa“ an. Warum, das erschloss sich so recht nicht, ebenso wenig wie die Konkretisierung durch das „Potsdam-Institut für Klimafolgen-Forschung“: Deutschland habe nun eine wichtige Vorreiterrolle. 

Parallel zum traurigen Ergebnis von Madrid wurden andernorts Nägel mit Köpfen gemacht. Vielleicht wird es ja doch noch etwas mit der Gutwerdung? Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte den „Green Deal“ vor. Europa solle bis 2050 „klimaneutral“ werden. Und dafür ist nicht weniger vorgesehen als der komplette Umbau von Industrie, Landwirtschaft, Energieversorgung und Verkehr. Vulgo: Funktionierende Strukturen werden im Kampf gegen den „menschengemachten Klimawandel“ – von dem nur Ewiggestrige behaupten, er sei lediglich eine fixe Idee – zerstört. Konkret geworden ist bereits EU-Digital-Kommissarin Margrethe Vestager: Das Internet verbrauche zu viel Strom. Auch Claudia Roth, grüne Bundestagsvizepräsidentin, will nicht zurückstehen. Die „Klimakrise“ sei „Ursache von Migration und Flucht“. Deutschland solle „Klimaflüchtlingen“ die Staatsbürgerschaft verleihen. So lässt sich das UN-Versagen doch noch aufhalten. Und einer Welt mit Trump und Johnson begegnet Deutschland mit Verschärfungen im Waffenrecht und juristisch konsequentem Vorgehen gegen „Hasskriminalität“. Der arg schwammige Begriff gibt so wunderbare Interpretations- und Ausweitungsmöglichkeiten. Oder noch besser: Er wird von vornherein für das weitere Verstummen von unliebsamen Meinungen sorgen. Die Bundeskanzlerin wäre nicht die Bundeskanzlerin, wenn sie nicht auch noch etwas Positives beizusteuern hätte: „Fachkräfte“ sollen einwandern. Bislang hatte man immer angenommen, seit 2015 seien schon genug gekommen. Man sieht also, trotz einiger unguter Entwicklungen der letzten Tage – noch ist nicht alles verloren.

Hans Heckel ist zurzeit erkrankt.