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03.01.20 / Stadt im Mittelalter / Die Verheißung der Freiheit / Das frühe Stadtleben im Zeichen des Rechts – Große Mittelalter-Ausstellung in Magdeburg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01 vom 03. Januar 2020

Stadt im Mittelalter
Die Verheißung der Freiheit
Das frühe Stadtleben im Zeichen des Rechts – Große Mittelalter-Ausstellung in Magdeburg
V.-M. Thiede

Vom mittelalterlichen Stadtleben versprachen sich die Bürger persönliche Unabhängigkeit und wirtschaftlichen Aufstieg. Deren Grundlage waren die von den Stadtherren gewährten Rechte, Privilegien und Freiheiten. Hinsichtlich seiner Verbreitung war das Magdeburger Recht das erfolgreichste unter den mittelalterlichen Stadtrechten. Auf das konnten sich rund 1000 Orte berufen, die zwischen Elbe und Dnjepr liegen.

Vom Stadtleben im Zeichen des Magdeburger Rechts erzählt die mit 400 Exponaten ausgestattete Schau „Faszination Stadt“. Sie ist bis 2. Februar im Kulturhistorischen Museum Magdeburg zu sehen.

Das Magdeburger Recht zeichnete sich durch die ausgewogene Verteilung der Macht zwischen dem Stadtherren und den Gremien der Bürgergemeinde aus. Es galt in zahlreichen Abwandlungen, die an die lokalen Notwendigkeiten und Gebräuche angepasst waren. Im Deutschordensland etwa war es in der Variante des „Kulmer Rechts“ verbreitet. Erstaunlicherweise gibt es vom Magdeburger Recht jedoch keine schriftlich fixierte Urfassung. Überliefert ist es in Form Tausender Schöffensprüche. Einige werden gezeigt. Sie ergingen in strittigen Fragen an Städte, die das Magdeburger Recht übernommen hatten. Ihnen lieferte der Schöffenstuhl von Magdeburg Rechtsratschläge und auch Urteile in konkreten Fällen.

Schöffenbank vom Berliner Rathaus

Wiederholt orientierten sich die Schöffensprüche am sächsischen Gewohnheitsrecht in der Form des von Eike von Repgow niedergeschriebenen „Sachsenspiegels“. Von den rund 500 vollständig oder fragmentarisch erhaltenen Exemplaren sind die aus Dresden, Heidelberg, Oldenburg und Wolfenbüttel illustriert. Diese vier Bilderhandschriften sind die Hauptattraktion der Schau. Die aus Heidelberg entliehene ist die älteste. Sie stammt aus dem frühen 14. Jahrhundert. Die aufgeschlagene Seite illustriert Bestimmungen zur Beweisführung. Gestikulierend fordert der Richter die Vorgeladenen auf, ihren Eid abzulegen. Sie leisten Folge, indem sie mit den Schwurfingern ein Reliquienkästchen berühren.

Aus Tangermünde ist ein Reliquiar zu sehen, das als Schwurkästchen (1461) diente. Es kam bei der Vereidigung der Ratsherren zum Einsatz. Zahlreiche weitere Leihgaben aus Orten des Magdeburger Rechts veranschaulichen die Repräsentationslust der Stadtverwaltungen, Kaufleute und Handwerker. Eher unscheinbar, aber eine Attraktion, ist die Schöffenbank (um 1264) aus dem alten Berliner Rathaus. Sie ist das einzige Möbelstück dieser Bestimmung, das im deutschen Sprachraum erhalten geblieben ist. Eine prunkvoll bestickte Stiftung von Kaufleuten war der Chormantel (15. Jh.), der zum Paramentenschatz der Danziger Marienkirche gehörte. Imposant sind die Fragmente der überdimensionalen Stendaler Rolandsfigur (1525), die einst als Rechtssymbol vor der Gerichtslaube des Rathauses aufragte.

Infos Kulturhistorisches Museum, Otto-von-Guericke-Straße 68–73, geöffnet täglich 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 15 Euro, Internet: www.faszination-stadt2019.de