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10.01.20 / Naher Osten / Berlin steht wieder hilflos daneben / Der anschwellende Konflikt am Persischen Golf enthüllt die ganze Machtlosigkeit der Europäer vor ihrer eigenen Haustür

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02 vom 10. Januar 2020

Naher Osten
Berlin steht wieder hilflos daneben
Der anschwellende Konflikt am Persischen Golf enthüllt die ganze Machtlosigkeit der Europäer vor ihrer eigenen Haustür
Hans heckel

Selbst in den USA bleibt die Tötung des Kommandeurs der iranischen Al-Kuds-Brigaden, Quassem Soleimani, hoch umstritten. Al-Kuds gilt als Kreuzung aus militärischer Elite-Einheit, Geheimdienst und Terrorgruppe. Deren Professionalität schreiben Experten entscheidend Soleimani zu, der die Organisation ab 1998 geleitet hatte. Offenbar war es das Ziel von US-Präsident Donald Trump, Al-Kuds den Kopf abzuschlagen und Teheran klar zu machen, wer in der Region das Sagen habe. Seit Jahren ringen der Iran und die USA um die Vorherrschaft im zerrütteten Zweistromland.

Fraglich ist, ob die Tötungsaktion den US-Interessen mehr genützt als geschadet hat. Dass das – eigentlich als US-freundlich angesehene – irakische Parlament die US-Truppen unmittelbar nach der Tötung zum vollständigen Abzug aus dem Land aufgefordert hat, nehmen Trumps Gegner zum Anlass, von einem schweren Eigentor Washingtons zu sprechen. Völlig ohne Substanz ist diese Sicht nicht.

Dass der US-Präsident für den Fall eines Rauswurfs seiner Soldaten dem Irak mit Sanktionen gedroht hat, die härter ausfielen als die gegen den Iran, erscheint nicht als diplomatische Meisterleistung. Die Drohung ist Wasser auf die Mühlen derer, welche die US-Präsenz in dem Land als reine imperialistische Besatzung anprangern. Damit hilft sie dem Rivalen in Teheran, der alles daran setzt, die schiitische Bevölkerungsmehrheit im Irak auf seine Seite zu ziehen, um das Land zum Anhängsel des Mullah-Staats zu machen.

Und wie reagiert die EU? Was macht Berlin? Blutarme Appelle, die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen, paaren sich mit der ritualisierten Aufforderung an die Konfliktparteien, an den Verhandlungstisch zu treten statt zu schießen. 

Von Franz Josef Strauß stammt das Diktum, wer „Entspannung“ wolle, der müsse auch „Spannung“ können. Soll heißen: Nur wer die Eskalation als Möglichkeit im Köcher trägt (und dies auch glaubhaft zeigt), kann wirklich deeskalierend wirken, denn sonst wird er nicht ernst genommen. Doch Berlins Außenpolitik ist im Nahen Osten wie anderswo längst von einer Mischung aus moralischer Anmaßung und faktischer Handlungsunfähigkeit geprägt, von eigenen strategischen Konzepten ist nichts zu erkennen. Das Gerede von „mehr globaler Verantwortung“ bleibt im Zweifel hohl.

So bleibt uns im Ernstfall nur die Rolle des Zuschauers, obgleich der sich aufschaukelnde Konflikt direkt vor unserer Haustür stattfindet. Weitsichtige Außenpolitik sieht anders aus.