Nach Einschätzung des Hilfswerks Caritas international sind die Menschen in den überfüllten griechischen Immigrantenlagern auf sofortige Hilfe angewiesen. „Die gegenwärtige Situation in den Lagern zwingt uns zum sofortigen Handeln“, sagte der Leiter des Hilfswerks, Oliver Müller. Die Menschen müssten unter katastrophalen Umständen dort ausharren.
Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat Deutschland angesichts der Situation auf der Insel Lesbos zur Aufnahme von weiteren Immigranten gedrängt. Die Idee von Dublin laute, dass „ein Teil der Asylantragsverfahren in anderen Ländern durchgeführt wird.“ Der Ministerpräsident forderte eine Änderung des Dublin-Verfahrens: „Wir müssen einen europäischen Asyl- und Migrationspakt entwickeln, wie ihn die Kommission versprochen hat, und im Umgang mit diesem Problem benötigen wir mehr Lastenteilung.“ Der griechische Ministerpräsident sagte der Zeitung, dass sein Land die Grenzen seiner Kapazität erreiche: „Wir nehmen 400 bis 500 Menschen pro Tag auf.“
Mehr als 40 000 Menschen leben in den Lagern der griechischen Ägäis-Inseln – obwohl nur Platz für rund 7500 ist. Die katastrophale Lage zeigt nach Expertenmeinung vor allem das Scheitern des EU-Türkei-Deals. Und auch die EU-Staaten selbst sind von einer gemeinsamen Immigrationspolitik noch weit entfernt. Das Abkommen mit Ankara, dass diese Auffanglager erst notwendig gemacht habe, sei praktisch tot, erklärte Birgit Sippel, innenpolitische Sprecherin der SPD im Europaparlament. Der Verwaltungsstau und die schleppenden Asylprüfungen auf Lesbos und den anderen Inseln führten dazu, dass kaum Rückführungen in die Türkei stattfänden.