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10.01.20 / Der Wochenrückblick / Nicht verraten, nicht erwähnen / Je enger der Meinungskorridor wird, desto weniger soll man über die Enge reden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02 vom 10. Januar 2020

Der Wochenrückblick
Nicht verraten, nicht erwähnen
Je enger der Meinungskorridor wird, desto weniger soll man über die Enge reden
Hans Heckel

Langsam wird es endlich wieder heller in Deutschland. Im Schein der täglich höher steigenden Sonne kommt einiges ans Licht, was wir bislang nur verschwommen wahrgenommen haben. Beispielsweise politische Kampfbündnisse, wie wir sie uns in dieser beeindruckenden Breite kaum vorstellen konnten. So etwa die feste Allianz, die von einer Regierungspartei über den öffentlich-rechtlichen Staatsfunk bis hin zum gewalttätigen Linksextremismus reicht.

Diese Phalanx zeigte in Köln stolz ihr Gesicht (und ihre Fäuste), als ein Haufen Bürger es wagte, nach dem „Umweltsau“-Skandal seinen Unmut über den WDR öffentlich zu machen. Dagegen trat ein Bündnis aus Gewerkschaften, Jusos und Grünen gemeinsam mit den Gruppen „Köln gegen Rechts“ und „Omas gegen Rechts“ ins Licht, um die Bürger von der Straße zu fegen, was nur durch einen massiven Polizeieinsatz vereitelt werden konnte.

Schon bemerkenswert, dass in einem freien Land nicht einmal mehr ungehindert demonstriert werden kann, möchte man meinen. Immerhin kamen die Staatsfunker ihrem Informationsauftrag nach und berichteten detailliert und ausführlich über die Gewaltausbrüche, mit denen die WDR-Anhänger die Kritiker des Senders überzogen. Oder? Na ja, nicht ganz. Stellvertretend sei hier genannt, was der Bayerische Rundfunk (BR) zu den Übergriffen ins Netz gestellt hat.

Dort lesen wir, es sei „zu kleineren Tumulten und Rangeleien“ gekommen, die Polizei habe „bei einem Gerangel zwischen den Demonstranten eingreifen“ müssen. Auch von „gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Teilnehmern und der Polizei“ ist die Rede. „Ein Mann“ sei in „Gewahrsam genommen worden“. „Zudem erstattete die Polizei mehrere Anzeigen wegen Körperverletzung, Widerstand und Sachbeschädigung.“

Dass Körperverletzung, Widerstand und Sachbeschädigung in der Berichterstattung zu „kleineren Tumulten und Rangeleien“ geschrumpft werden, lassen wir mal beiseite. Viel interessanter ist, was uns der BR nicht verraten will: Von wem ging die Gewalt denn aus? Von den Kritikern des WDR oder dessen Gefolgsleuten? Wer hat Körper verletzt, Widerstand (gegen polizeiliche Maßnahmen) geleistet und Sachen beschädigt? Auf welcher Seite stand der „Mann“, der festgenommen werden musste? Das zu verpetzen, steht offenbar nicht im Auftrag zu „ausgewogener Berichterstattung“, auf welchen die Staatssender immer so gern verweisen, wenn man sie der Einseitigkeit bezichtigt.

Dummerweise sind mittlerweile viele Deutsche von der Sonne der Erfahrung erleuchtet, welche sie zwischen den Zeilen lesen lässt. Die mit DDR-Erfahrung konnten das schon früher, aber Millionen Wessis haben da längst aufgeholt. Sie lesen aus einem Bericht wie dem des BR mühelos heraus, zu welcher Seite der Front jener „Mann“ gehört, wer die Gewalttätigkeiten ausgelöst hat und wer dagegen die Opfer waren.

Das ist ärgerlich für die Staatssender, sehr ärgerlich, was ihre zunehmende Dünnhäutigkeit erklärt. Wer ihnen ihre politische Schlagseite nachweist, wird daher umgehend in den innersten Kreis der Hölle verbannt. Frank Überall, der nicht bloß als Freier Mitarbeiter beim WDR schuftet, sondern zugleich auch auf dem Chefsessel des mächtigen Deutschen Journalistenverbandes sitzt, macht daher keine Gefangenen. Am Rande der Kölner Demo ließ er verlauten: „Wer sich eine Alternative zur Demokratie wünscht, soll ruhig weiter gegen gesellschaftliche Institutionen wie den WDR demonstrieren.“

Das heißt nichts anderes als: Wer die Öffentlich-Rechtlichen öffentlich kritisiert, wird ausgeschlossen aus dem Kreis der Demokraten. Zack! Caroline Fletscher springt im „Tagesspiegel“ den Genossen vom WDR schwungvoll bei und entlarvt die Kritiker des Senders als „rechte Trollarmee“, die „völkisch gesonnen“ sei, die den Schutz der Menschenwürde ablehne und sich nach „Volksempfängern“ und „Gleichschaltung“ sehne. Kurz, das sind alles – was sonst? – Nazis.

Aus der braunen Masse greift sich Fletscher den Bestseller-Autor („Der Turm“) und Bachmann-Preisträger Uwe Tellkamp heraus und haut ihm seine Sünden um die Ohren. Tellkamp habe unverzeihlicherweise „von einer ,Kulturdiktatur‘ der Medien geraunt, und von ,Maßregelung und Zurechtweisung‘ derer, die nicht dem ,Meinungskorridor‘ eines vermuteten klandestinen Bündnisses gegen rechts angehörten“.

Hoppla! Dass das allgegenwärtige „Bündnis gegen rechts“ auf „klandestine“ Weise agiert, also im Verborgenen, haben wir im republikumspannenden Getöse von den „Wir sind mehr“-Konzerten, zahllosen „Bunt statt Braun“-Demos und den allgegenwärtigen Antifa-Rollkommandos gar nicht bemerkt. Aber das ist jetzt nicht der Punkt. 

„Meinungskorridore“! Das hieße ja, dass Abweichler vom linken Mainstream in unserem Land nicht allerorten ihre Meinung frei sagen könnten, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Wer so etwas behauptet, der kann ja nur ...

Nur einen Tag nach Erscheinen dieser Abrechnung mit dem Autor flog uns die Meldung auf den Tisch, dass das Dresdner Lingnerschloss eine Tellkamp-Lesung kurzfristig abgesagt hat. Der Autor wollte dort aus seinem neuen, noch unveröffentlichten Roman lesen. Begründung der Absage vonseiten des Fördervereins Lingnerschloss: Die Lesung verstoße gegen das „Neutralitätsgebot“ des Vereins. „Neutrale“ Belletristik? Wir hören Schiller wüten, Goethe lachen und sehen, wie Kurt Tucholsky die Galle hochkommt. Wie „neutral“ waren denn Brecht, Böll, Grass?

Meinen diese Vereinsmeier das ernst? Selbstverständlich nicht. Es geht ihnen auch gar nicht um den Roman. Uwe Tellkamp hatte es 2018 gewagt, die Regierung zu kritisieren, um genau zu sein: Merkels Einwanderungspolitik. Seitdem steht er auf der Abschussliste. Da ist es ganz egal, von welcher Qualität sein literarisches Werk ist. Wer sich gegen die Mächtigen stellt, ist draußen. Wer es obendrein wagt, von „Meinungskorridoren“ zu faseln, hat erst recht vergeigt.

Tellkamp hat daraus gelernt und spöttelt: „Es gibt keine Gesinnungskorridore. Nur enge Wände.“ Das wird ihm aber nicht helfen. Wir können die Tage an unseren Fingern abzählen, bis wann Frank Überall, Caroline Fletscher und die Ihren die Formulierung „enge Wände“ ins Wörterbuch der „rechten Trollarmee“ aufnehmen und damit jeden, der diese Worte weiterhin verwendet, zum braunen Unhold stempeln.

Herauskommen soll Tellkamps Werk kommenden Herbst. Oder nicht? Gegenüber dem Magazin „Tichys Einblick“ äußerte sich der Autor vergangenen August merkwürdig verhalten, was das Erscheinen Ende 2020 angeht: „Davon gehe ich aus.“ Mehr nicht? Nun ja, woher sollte er damals schon wissen, wohin die „Wände“ des Erlaubten bis dahin noch verschoben worden sind. Warten wir’s ab und sehen in der Zwischenzeit zu, wie all die Fletschers und Überalls an der Enge ihres eigenen Horizonts geistig ersticken.