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17.01.20 / Junges Russland / Selbstbewusst und unerschrocken / Putins Regierung geht brutal gegen Oppositionelle vor – Demonstranten lassen sich davon nicht aufhalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03 vom 17. Januar 2020

Junges Russland
Selbstbewusst und unerschrocken
Putins Regierung geht brutal gegen Oppositionelle vor – Demonstranten lassen sich davon nicht aufhalten

In der Bevölkerung brodelt es. Massenproteste in Moskau, St. Petersburg, Jekaterinburg und andernorts überschatten Putins aktuelle Amtszeit. Die Menschen sind mit vielem nicht einverstanden. Sie spüren den Rückgang ihres Lebensstandards und sehen die Regierung in der Verantwortung.

Laut einer gemeinsamen Umfrage des Carnegie- und des Levada-Zentrums sind 60 Prozent der Russen für einen radikalen Wechsel in der Politik. 38 Prozent wollen nicht, dass Putin noch eine weitere Regierungsperiode im Amt bleibt. Offiziell endet Putins Amtszeit 2024, doch es werden Gerüchte laut, dass sie vorzeitig enden könnte. 

Vor allem junge Menschen wollen eine Änderung an der Machtspitze. Sie haben außer Putin keinen anderen Politiker an der Spitze erlebt, sehen aber, wie gut ihre Altersgenossen selbst in weniger reichen Staaten leben. Darum stellen sie selbstbewusst Fragen, verlangen Antworten und geben sich nicht mit Floskeln zufrieden. Ihre Informationsquelle ist das Internet. Den staatlich kontrollierten TV- und Radiosendern vertrauen sie nicht. Der Versuch, das Internet vollständig unter staatliche Kontrolle zu bringen, könnte sich für Putin als Bumerang erweisen. 

Selbst russische Experten halten das System Putin nicht für so stabil wie es scheint. Sie werfen ihm eine ständige Verletzung der Verfassung vor wie die Beschneidung des Wahlrechts sowie Verstöße vonseiten der Polizei und des Geheimdiensts FSB. 

Unter die Protestierer mischen sich aber auch Ältere, die neben sinkenden Einkommen konstante Probleme mit der Gesundheitsversorgung, dem Bildungswesen und der Umweltsituation beklagen. In den kommenden Jahren ist deshalb mit einer nervösen, aufgeheizten  Atmosphäre zu rechnen, sollte es nicht gelingen, die Unzufriedenheit der Menschen auf Positives umzulenken.

Vertreter von Menschenrechtsorganisationen beklagen ein Klima der Angst in Russland. Seit Putins Amtsübernahme seien die staatlichen Institutionen und die unabhängigen Gerichte zerstört worden. Swetlana Gannuschkina arbeitet für das Moskauer Komitee für Zivile Unterstützung sowie im Vorstand der Menschenrechtsorganisation Memorial. Sie sagt: „Die Leute sind heute eher bereit, für ihre Rechte einzutreten und auf die Straße zu gehen.“

Kommunistenführer Gennadij Sjuganow spricht von einer Systemkrise. Er kritisert die Verfolgung Oppositioneller. Bislang war die Linke in Russland zerstritten, doch angesichts des wachsenden administrativen Drucks gegen alles Oppositionelle gibt es neuerdings Einigungstendenzen. MRK