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17.01.20 / Kommentare / Schäubles Auftrag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03 vom 17. Januar 2020

Kommentare
Schäubles Auftrag
René Nehring

Wolfgang Schäuble macht Druck. In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ forderte der Bundestagspräsident am vergangenen Wochenende eine Wahlrechtsreform, um zu verhindern, dass das Parlament in der kommenden Legislaturperiode mehr als 800 Abgeordnete haben wird. Grund für diese Befürchtung ist die zunehmende Ausdifferenzierung des Bundestags, die vor allem dadurch entsteht, dass viele Deutsche ihre Erststimme einer anderen Partei geben als sie mit ihrer Zweitstimme wählen. Da die CDU nach wie vor die meisten Erststimmen bekommt, jedoch weniger Zweitstimmen als früher, erhält sie viele Überhangmandate, die solange mit Ausgleichsmandaten verrechnet werden, bis die Sitzverteilung des gesamten Parlaments dem Zweitstimmenverhältnis entspricht.

Ob es tatsächlich zu einer Deckelung der Mandate kommen wird, darf indes bezweifelt werden. Zwar zeigten sich in ihren ersten Reaktionen Vertreter aller Fraktionen einsichtig, doch schoben sie die Verantwortung für die Lage sofort auf die jeweils anderen.

Ein Aspekt wird in diesem Zusammenhang meistens ausgeblendet: Bei der Bundestagswahl 2017, als das Parlament von 631 Abgeordneten (im Jahr 2013) auf 709 Mandate hochschoss, zog die FDP mit 80 Abgeordneten wieder und die AfD mit 94 Abgeordneten erstmals in den Bundestag ein. Beide Parteien haben ihre Mandate überwiegend mit Zweitstimmen geholt. Wäre der Deutsche Bundestag bei 631 Mandaten geblieben, hätten rund 28 Prozent der bisherigen Mandatsträger der anderen Parteien ihren Hut nehmen müssen. Bei einer Deckelung der Mandate auf 598 Abgeordnete wären es noch etwas mehr.

Durch die außergewöhnliche Zunahme an Mandaten war und ist insbesondere der Einzug der AfD zwar immer noch ein Ärgernis, doch tut er den etablierten Kräften nicht unmittelbar weh. Warum also ein solches System ändern? Gerade für diejenigen, die eine Reduzierung der Mandate beschließen müssten, ergibt Schäubles Auftrag überhaupt keinen Sinn.