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17.01.20 / Reisen in die Heimat / Aktivurlaub im nördlichen Ostpreußen / Sinziger Reisegruppe erlebte im Raum Insterburg aufregende Tage und fand unter den dort lebenden Russen Freunde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03 vom 17. Januar 2020

Reisen in die Heimat
Aktivurlaub im nördlichen Ostpreußen
Sinziger Reisegruppe erlebte im Raum Insterburg aufregende Tage und fand unter den dort lebenden Russen Freunde
Marco Wrobel

Hat jemand etwas zu verzollen?“, fragte der russische Zollmitarbeiter frech grinsend in den Bus hinein. Und als ob man es vorher geübt hätte, ertönte ein gemeinsames „Nein“. „Wirklich?“ „Nein nein, bestimmt nicht!“ So übersetzte ich mir den Dialog, den ich im Bus von Danzig nach Königsberg am Grenzübergang mitbekam. Das Aussteigen blieb uns zwar nicht erspart, aber ein strahlend blauer Himmel und gut gelaunte Zöllner sorgten für einen freundlichen ersten Eindruck vom Königsberger Gebiet.

Guter erster Eindruck

Weiter ging es bis in die ostpreußische Hauptstadt, wo uns Jewgenij bereits erwartete. Schlapphut, Wanderhose, rotes Karohemd und blaue Weste, mein Bild vom typischen Russen war jetzt vollkommen zerstört. In lupenreinem Deutsch hieß er uns willkommen, ich dachte kurz an meine zwei Semester Russisch an der Volkshochschule und bekam immerhin ein kurzes „Priwjet“ heraus. Im hoteleigenen Auto wurden wir dann nach Insterburg gebracht, wo sich bereits die anderen Teilnehmer unserer Reisegruppe aufhielten: Einige Vereinskameraden vom Wassersportverein Sinzig hatten es sich bereits bequem gemacht, am nächsten Tag sollte noch ein weiterer Reiseteilnehmer zu uns stoßen, und so bildeten wir eine recht muntere, bunte Truppe, die neugierig auf dieses Land war.

Man kann das nördliche Ostpreußen nicht bereisen, ohne überall auf Spuren der Vergangenheit zu stoßen, die bis in die Kaiserzeit zurückreichen. Wurde die deutsche Vergangenheit in den ersten Nachkriegsjahren weitestgehend ignoriert, hat man heute auch diese Zeit als Teil der Geschichte begriffen und restauriert alte Häuser, richtet Museen ein und bietet Führungen an. Die Pädagogen unter uns freute der Besuch bei Jurij, einem Schuldirektor, der uns stolz seine Schule zeigte, mitsamt einem kleinen Ostpreußenmuseum. Erstaunlich, wie viel Informationen er zusammengetragen hat. Und so wurde uns immer wieder bewusst, dass die Heimat einiger unserer Vorfahren heute die Heimat der neuen Bewohner geworden ist und die Schönheit dieses Landstriches mit ihrem Zauber ein verbindendes Element ist.

Aber die eigentliche Überschrift dieser Reise war ja „Aktivurlaub“. So waren dann auch zwei Paddeltouren auf der Angerapp und der Pisa geplant. Wir glitten über kristallklares Wasser, sahen Fische im Schilf in Deckung huschen, beobachteten Eisvögel und versuchten, uns von den Bremsen nicht auffressen zu lassen – jede Romantik hat seinen Preis. Am Ende der Paddeltour erwartete uns ein Open-Air-Drei-Gänge-Menü mit anschließendem Banja (Sauna)-Besuch. Der Radfahrer, den wir abends im Hotel kennenlernten, beschrieb die russische Banja etwa so: „Beim Betreten der Banja schlagen einem etwa 100 Grad Celsius entgegen. Drinnen erwarten dich mit einem Filzhüt-chen bekleidete Menschen, die sich mit einer Birkenrute vermöbeln lassen.“ Davon war kein Wort gelogen. Der Sprung danach in den kühlenden Fluss holte einen wieder zurück in diese Welt und war herrlich erfrischend.

Ein weiteres Muss war die Rominter Heide. Alexej, der ein kleines Museum betreibt und an diesem Tag unser Führer war, mochte uns so viel zeigen: Wilde Möhren, Waldkräuter, Pilze, natürlich Spuren der Vergangenheit und erstaunlich hohe Bäume (an die 40 Meter). Wie kamen wir nur auf die Idee, dass eine Tageswanderung für diese Gegend ausreichend wäre? Eine Woche wäre weitaus angemessener gewesen. Wie auch immer, Jewgenij trug stolz den Sack selbst gesammelter Butterpilze zu unserem Kleinbus, der uns dann zum Forsthaus brachte, eine weitere Adresse, die man nicht verpassen sollte. Dort gab es neben einem zünftigen Mittagessen auch Selbstgebrannten.

Natürlich durfte auch ein Besuch auf der Kurischen Nehrung nicht fehlen. 

100 Kilometer lang trennt sie das Kurische Haff von der Ostsee. Nur an der Nordspitze bei Memel findet sich ein Durchlass, durch den sich die Memel ihren Weg ins baltische Meer gebahnt hat. Schon Thomas Mann wurde von dieser Dünenlandschaft in ihren Bann gezogen und ließ sich in Nidden von dem Geld, das er für seinen Literaturnobelpreis erhalten hatte, ein Haus errichten. Wir bauten an diesem Tag keine Häuser, sondern maximal eine Sandburg am Ostseestrand, streiften durch die Dünen und genossen den Ausblick auf das ruhig vor uns liegende Haff.

Es war schlichtweg unmöglich, alle Eindrücke dieser Reise in einen druckbaren Bericht zu packen, aber vielleicht reicht ja auch die Bemerkung, dass wir uns alle in dieses Land, die Menschen, die liebenswerte Schlitzohrigkeit, das leckere Essen und die vielen Herzbegegnungen verliebt haben. 

Viel zu schnell verging die Zeit und ein wenig wehmütig traten wir unsere Heimreise an – aber mit dem schönen Gefühl, im nördlichen Ostpreußen neue Freunde gefunden zu haben.