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17.01.20 / Historie / Das Lotsenwesen in Pommern / Die Geschichte des Hafen- und Lotsenwesens von Swinemünde bis Stettin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03 vom 17. Januar 2020

Historie
Das Lotsenwesen in Pommern
Die Geschichte des Hafen- und Lotsenwesens von Swinemünde bis Stettin

Die Geschichte des Lotsenwesens an der südlichen Ostseeküste kann bis in das 17./18. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Jedoch gab es einheitliche Regelungen im Norddeutschen Bund erst ab 1869 und danach im Deutschen Reich ab 1871. Historisch gesehen war das Seelotsenwesen zur preußischen Zeit immer Landesrecht gewesen. Bis zum Frühjahr 1945 galten die deutschen Regeln für die gesamte deutsche Ostseeküste bis in das Memelgebiet.

Die Zufahrten zur Landeshauptstadt Stettin wurden vor Jahrhunderten in erster Linie über die westliche Peene, aber auch über die Swine mit ihrem alten Lauf und über die Dievenow als östlichstes Fahrwasser genutzt. Im Mittelalter war die Swine noch nicht Hauptschifffahrtsweg gewesen, denn auch die Schweden benutzten zwischen 1648 und 1720 auf ihrem Hoheitsgebiet nur die Peene und nahmen an der Schiffbarkeit der Swine keine Veränderungen vor. Der mit großen Krümmungen versehene Verlauf der Swine war damals für Seefahrer und Lotsen nur schwierig zu befahren. Als Hafen wurde die Mündung der Swine urkundlich erstmals 1297 genannt. 

Vertiefung der Swine

Nachdem Stettin und Vorpommern wieder zu Preußen kam, begann man auch mit der Vertiefung der Swine ab 1729 und dem Ausbau des kleinen Hafenortes, der ab 1746 zum preußischen Seehafen erklärt wurde und 1765 das Stadtrecht erhielt. Die erste Lotsenordnung stammt von 1727 und im Februar 1746 wurde diese Ordnung für Swinemünde in Kraft gesetzt. Zwei neugebildete Schifffahrts-Kommissionen für Stettin und Swinemünde befassten sich als königliche Hafenpolizeibehörden unter anderem mit der Aufsicht über die Lotsen. 

Ab 1799 wurden die königlichen Seelotsen zum Tragen von Uniformen verpflichtet; ab 1801 leitete der Lotsenkommandeur Nüscke das Amt in „Schwienemünde“, wie der Ort damals noch genannt wurde. Die preußischen Könige hatten großen Anteil an der Entwicklung der See- und Hafenwirtschaft in diesem Bereich. So hatte sich auch der pommersche Oberpräsident Johann August Sack ab 1816 große Verdienste um die Entwicklung der Stadt und des Umlandes erworben. Ab 1820 ist mit dem Bau von Hafenmolen begonnen worden und die sich entwickelnde Stadt wurde zu einem wichtigen Vorhafen von Stettin. Das belegen verschiedene Verordnungen und Regelungen für die Schifffahrt, wie die Hafenordnung von 1817, eine Uniformordnung von 1829 und eine Polizeiordnung für die Häfen und Binnengewässer aus dem Jahre 1833. Der erste feste Lotsenturm war 1830-31 an der Westmole erbaut worden, der auch als Landmarke für die Schifffahrt diente. 

Das 19. Jahrhundert mit seinem aufblühenden Handel und Verkehr brachte auch für Preußen weitere staatliche Regelungen, wie einen Erlass von 1840 über die „Lotsgebühren für Pommern-Rügen, Stettin, die Swine und Peene, Kolberger-, Stolp-, Rügenwaldermünde“ und ein Gesetz zur Erleichterung des Lotsenzwangs für die Provinzen in Preußen und Pommern (1853). Eine wichtige Ausbildungsstätte für das seefahrende Personal war die im 19. Jahrhundert gegründete Stettiner Seefahrtsschule, die bis 1945 bestand. Die Tätigkeit der See- und Revierlotsen erhielt damals ebenso einen Aufschwung durch die Fertigstellung der sogenannten „Kaiserfahrt“ bis 1880, durch die sich der Weg nach Stettin um etwa 8 Seemeilen verkürzte. Das Gebiet der alten Swine zwischen Kaseburg und Pritter auf Wollin ist mit seinen der Insel vorgelagerten kleinen Inselgruppen noch eine naturnahe abgeschiedene Landschaft geblieben. Im späten Mittelalter hatten hier am Flusslauf die pommerschen Herzöge ihre Kontrollstellen, an denen sie von den passierenden Schiffen ihre Zölle eintrieben.

Zu Beginn der Moderne

Verschiedene Bestimmungen des 19. und 20. Jahrhunderts regelten das Verhalten der in der Pommerschen Bucht einlaufenden Schiffe, so auch die Signalgebung von Bord und von Land aus. Ab 1903 bestand Lotsenzwang für Schiffe ab 210 Ncbm Tragfähigkeit, ausgenommen jedoch deutsche Kriegsschiffe und an der Küste fahrende Post- und Passagierschiffe. Auch über Kollisionen und Mannschaftsverluste bei schweren Wettern hier an der Bucht wird in vorhandenen Dokumenten berichtet, so von Verlusten beim orkanartigen Sturm vom November 1872. 

Ab 1914 wurde eine neue Generation von Lotsen-Versetzfahrzeugen in Dienst gestellt und alte Barkassen, die nicht mehr den Anforderungen entsprachen, ausgemustert oder versetzt. Ab 1916 wurden alle Lotsen aus dem Regierungsbezirk Stettin als preußische Staatslotsen übernommen und Aufsichtsbehörde war nach 1921 in Pommern der Oberpräsident der Wasserbau-Direktion Stettin. Die Lotsenwarte wurde in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts am rechten Swineufer neu errichtet, in der Nähe des Leuchtturms am Osternothafen, der vor über 150 Jahren gebaut wurde und heute als ein Wahrzeichen des polnischen Swinemünde in einem neuen Kleid erstrahlt.

Das Aufgabengebiet der Revierlotsen zwischen Swinemünde Reede und Stettin war schon im 19. Jahrhundert gut organisiert. Eine „Dienstanweisung für den Lootsen-Commandeur und die Binnenlootsen in Stettin“ von 1833 regelte umfassend die Rechte und Pflichten der Revierlotsen und in einem Tarifabkommen vom Oktober 1840 wurden die Lotsenstationen mit den Begleitstrecken zwischen den beiden Orten und dem Kleinen Haff zwischen Ueckermünde und Wolgast festgelegt. In einer Verordnung aus dem Jahre 1880 heißt es u.a. zur Befähigung der Seelotsen werde von den Bewerbern verlangt: „ein Nachweis des Wohlverhaltens“ - und „Fertigkeit im Lesen und Schreiben“. Das Stettiner Lotsenamt an der Baumbrücke war zuständig für den Einsatz der dortigen Revierlotsen. Das Durchlotsen bei Eisgang und durch die Brücken verlangte auch von den Schleppern ein gekonntes Manöver. 

Der Hafenlotsen-Station Frauendorf kam im letzten Jahrhundert eine besondere Aufgabe zu, denn bei der Passage in Höhe Frauendorf musste der Lotsendienst von den Seelotsen an die Hafenlotsen übergeben werden und umgekehrt. In einer Hafenordnung von 1933 wurde das Unterstellungsverhältnis mit dem Hafenpolizeiamt geklärt und die Tag-und-Nacht-Besetzung an der Hafengrenze bei Frauendorf geregelt. Nach dieser Ordnung waren die Hafenlotsen in ihrem Arbeitsverhältnis städtische Beamte. Im Stettiner Revier gab es bis 1945 etliche Schlepp- und Lotsendampfer (z.B. „Delphin“), Seezeichen- und Revierdampfer („Walter Körte“) sowie Fährdampfer („Ostswine“, nach 1945 unter russ. u. poln. Flagge). In diesen Jahren wurde auch Kapitän H. Hausmann als Nautischer Direktor in der Wasserbaudirektion Stettin eingesetzt, nach einer Dienstzeit als Kapitän von Seebäderdampfern im Sommer und auf Eisbrechern der Industrie- und Handelskammer im Winter, als es noch richtige Eiswinter in den Binnenrevieren gab.

Als am 26. April 1945 Stettin als „Festung“ gegenüber den russischen Truppen kapitulierte, war auch dieses Kapitel des deutschen Lotsenwesens an der Oder beendet.

Wolfgang Dahle, Rostock 


b In Deutschland sind die Lotsen in neun Bruderschaften zusammengeschlossen.