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17.01.20 / Vogel des Jahres / Sie turteln immer seltener

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03 vom 17. Januar 2020

Vogel des Jahres
Sie turteln immer seltener

Turteltäubchen sagt man zu Verliebten. Damit erinnert man an das liebkosende Verhalten der Turteltauben. Doch diese Unterart der Taubenfamilie turtelt nicht häufiger als andere Vögel. Es kommt uns nur so vor, wenn man das Glück hat, ein Vogelpärchen zu sehen zu bekommen. Das Leben der Turteltauben ist jedoch alles andere als rosig. Denn wenn man diesen einstigen Allerweltsvogel heute noch sehen möchte, wird es schwierig. Seit 1980 hat sich ihr Bestand in Deutschland um 90 Prozent verringert. 

Der kleinen Taube fehlen geeignete Lebensräume wie Wald- und Feldränder, die durch intensive Landwirtschaft immer mehr verschwinden. An Ackerrändern suchen sie nach Nahrung, die aus Wildkräuter- und Baumsamen besteht. Doch alles, was der Turteltaube schmeckt, wie Samen von Klee, der Vogelwicke, dem Leimkraut und weiteren Pflanzen, wollen die Bauern nicht auf ihren Felder haben. Daher werden Gifte eingesetzt, um das aus ihrer Sicht „Unkraut“ zu vernichten. Außerdem gibt es auf den endlosen Anbauflächen kaum Wasserstellen, auch keine Sträucher und Gebüsche zum Nisten. 

Inzwischen haben sich die Turteltauben aus Not angepasst und fressen nach der Brutzeit Sonnenblumenkerne, Raps- und Weizensamen. In Deutschland brüten gerade noch zwischen 12 500 bis 22 000 Paare. 

Noch etwas bedroht die Vögel so massiv, dass sie nun auf der roten Liste ganz oben auf Platz 2 stehen und als „sehr stark gefährdete Art“ gelten. Geht die Entwicklung so weiter, sind sie vom Aussterben bedroht. Turteltauben sind die einzigen Tauben, die als Langstreckenzieher ihre Winter in Afrika verbringen. Welche unglaublichen Leistungen die kleinen Tiere vollbringen, sieht man an ihrem Flug zum Überwintern. Vor Überquerung des Mittelmeeres oder großer Strecken werden Pausen eingelegt. 

Auf afrikanischer Seite übernachten sie in Böschungen in Wassernähe, bevor sie mit 60 Stundenkilometern nonstop 700 Kilometer über Sandwüsten fliegen. Durch Bejagung sind die Tiere auf ihrem Weg dorthin und zurück extrem gefährdet. Etwa zwei Millionen Turteltauben werden in süd- und südosteuropäischen EU-Ländern wie Spanien, Griechenland und Italien geschossen. Viele Vögel kehren also niemals zurück.

Die Umweltschützer des Naturschutzbundes (NABU) haben die Tiere daher zum „Vogel des Jahres 2020“ ernannt, um auf die erbärmliche Lebenssituation der Vögel aufmerksam zu machen. Der NABU sammelt Unterschriften für eine Petition, damit Bundesumweltministerin Svenja Schulze sich bei der Europäischen Union für einen Jagdstopp einsetzt. Noch bis zum 13. Februar kann man die Petition zeichnen.Silvia Friedrich