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24.01.20 / Skyscraper-Index / Wolkenkratzer als böses Omen / Laut Andrew Lawrence folgen rekordverdächtigen Hochhaus-Projekten schwere Wirtschaftskrisen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04 vom 24. Januar 2020

Skyscraper-Index
Wolkenkratzer als böses Omen
Laut Andrew Lawrence folgen rekordverdächtigen Hochhaus-Projekten schwere Wirtschaftskrisen
Wolfgang Kaufmann

Seit der biblischen Erzählung über den Turmbau zu Babel wird die Errichtung besonders hoher Bauten als Zeichen folgenschwerer menschlicher Hybris betrachtet. Und tatsächlich scheinen aufschießende Rekord-Wolkenkratzer regelmäßig schwere wirtschaftliche Krisen anzukündigen, die aus einem unangemessenen Optimismus und übertriebenem Wagemut der Investoren resultieren.

So folgte der Grundsteinlegung des Singer Building (187 Meter, Bauzeit 1906–1908) sowie des Metropolitan Life Tower (213 Meter, Bauzeit 1907–1909) in New York eine starke Rezession in den USA, die bis 1910 andauerte. Und auch vor dem Börsenkrach von 1929, der die Weltwirtschaftskrise auslöste, war man in der 

US-Metropole gerade dabei, zwei der höchsten Gebäude der Welt zu errichten, nämlich das Bank of Manhattan Company Building (283 Meter, Bauzeit 1929/30), auch „40 Wall Street“ oder „The Trump Building“ genannt, und das Chrysler Building (319 Meter, Bauzeit 1928–1930). Ebenso wuchsen der heute „Willis Tower“ heißende einstige Sears Tower in Chicago (527 Meter, Bauzeit 1970–1974) und das 1973 eröffnete World Trade Center in New York (526 Meter) genau in der Zeitspanne in die Höhe, in der sich die Ölkrise von 1973 und neuerliche schwere Turbulenzen auf dem Finanzsektor ankündigten. Dergestalt ging es dann weiter: Der von 1992 bis 1998 erfolgende Bau der Petronas Towers (452 Meter) in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur korrelierte mit dem Ausbruch der Asienkrise im Jahre 1997. Und als das Taipei Financial Center (508 Meter) 1999 bis 2004 auf Taiwan entstand, platzte 2000 die sogenannte Dotcom-Blase, wodurch die Börsenwerte vieler Unternehmen der IT-Branche in den Keller fielen. Das letzte eindrucksvolle Exempel für den Zusammenhang zwischen gigantomanischen Immobilien-Projekten und einer schwerwiegenden wirtschaftlichen Krise bot die globale Rezession ab 2007: Dieser vorausgegangen waren der Baubeginn am Burj Khalifa in Dubai (829 Meter) 2004 und dem Chicago Spire (geplant: 610 Meter) 2007.

Hieraus leitete der Immobilien-Analyst bei der US-Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein, Andrew Lawrence, den sogenannten Skyscraper-Index ab. Der besagt, dass visionäre Bauvorhaben ein sicherer Indikator dafür seien, dass die Konjunktur ihren Höhepunkt erreicht habe und ein Abschwung bevorstehe. Sollte dies stimmen, dann wäre es nicht mehr weit bis zur nächsten tiefen Rezession. Schließlich entstehen im Wüstensand der Arabischen Halbinsel gerade zwei neue Riesengebäude: der Dubai Creek Tower (geplante Höhe: 928 Meter) und der Jeddah Tower im saudi-arabischen Dschidda (geplante Höhe: 1007 Meter). Die Fertigstellung des Ersteren soll im Herbst dieses Jahres anlässlich der Eröffnung der Expo 2020 erfolgen, die Einweihung des anderen Turmes soll zwei Jahre später folgen.