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31.01.20 / Erdgas / Keine Gefahr durch russisches Gas / Eine Abhängigkeit droht Europa laut Thane Gustafson weder durch Gazprom noch durch die USA

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05 vom 31. Januar 2020

Erdgas
Keine Gefahr durch russisches Gas
Eine Abhängigkeit droht Europa laut Thane Gustafson weder durch Gazprom noch durch die USA
Norman Hanert

Gegner der Ostseepipeline Nord Stream 2 begründen ihre Ablehnung sehr stark mit Bedenken hinsichtlich einer steigenden Abhängigkeit Europas von russischen Gaslieferungen und einer weiter wachsenden Marktmacht des russischen Gasanbieters Gazprom. Ein differenzierteres Bild von der Lage auf dem europäischen Gasmarkt entwirft dagegen der US-amerikanische Energieexperte Thane Gustafson. Der an der Washingtoner Georgetown University lehrende Professor für Politikwissenschaften hat ein Buch mit dem Titel „The Bridge“ vorgelegt, in dem er sich intensiv mit dem russischen Einfluss auf den europäischen Energiemarkt beschäftigt. 

Aus Sicht von Gustafson ist der Gasmarkt in der EU inzwischen wesentlich transparenter und offener für weitere Anbieter, als dies in der Vergangenheit der Fall war. In Europa ist ein Netzwerk von Gasleitungen entstanden und zudem auch eine Infrastruktur für den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG). Diese Entwicklung habe dazu geführt, dass Europa inzwischen längst nicht mehr so abhängig von russischen und norwegischen Gaslieferungen sei wie dies noch vor 30 Jahren der Fall gewesen sei. Nebeneffekt dieser Veränderung ist es laut Gustafson, dass auch kein anderer Gasanbieter die frühere Rolle des russischen Exporteurs Gazprom einnehmen könne. 

Flüssiggas nicht nur aus den USA

Generell skeptisch beurteilt der US-amerikanische Wissenschaftler die Ambitionen von Flüssiggasexporteuren aus den USA, auf dem europäischen Gasmarkt von der geschwächten Position Gazproms in großem Maß profitieren zu können. Lediglich Polen sei aus historischen Gründen bereit, einen höheren Preis für Flüssiggas aus den USA zu bezahlen. Als viel wichtiger schätzt der Politikwissenschaftler aber die Rolle Deutschlands ein. Das Land ist schon jetzt der größte Gasmarkt Europas. Die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke wird den Bedarf Deutschlands an Erdgas noch weiter steigen lassen. Nach der Einschätzung Gustafsons legt der Bau von LNG-Terminals in Deutschland und anderen europäischen Ländern das Land nicht fest, diese Anlagen auch zum Import von US-Flüssiggas nutzen zu müssen. Zu rechnen ist vielmehr damit, dass große Flüssiggasproduzenten mit kürzeren Transportwegen wie Katar oder Algerien zum Zuge kommen.

Konkurrenz aus dem eigenen Land

Der halbstaatliche Gazprom-Konzern bekommt inzwischen auch durch Nowatek, einen Flüssiggas-Anbieter aus Westsibirien, zunehmend Konkurrenz. Nowatek ist nicht nur das größte private Energieunternehmen in der Russischen Föderation, es sitzt auch auf riesigen Erdgasreserven. Zudem kooperiert Nowatek mit starken ausländischen Partnern wie Total aus Frankreich und CNPC aus China. 

Zusammen mit einem belgischen Unternehmen baut Nowatek derzeit auch in Rostock ein Projekt auf. In der Hafenstadt soll bis 2022 ein sogenanntes Small-

Scale-LNG-Terminal für den Ostseeraum entstehen. Mit Tankschiffen soll künftig russisches Flüssiggas von Wyssozk bei Sankt Petersburg nach Rostock transportiert werden. Vom Rostocker LNG-Terminal aus will Nowatek dann unter anderem Schiffe und Lastkraftwagen mit Flüssiggas betanken.