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31.01.20 / Krimkonferenz 1945 / Der Eiserne Vorhang senkte sich in Jalta / Josef Stalins Raubzug erkannten Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt erst, als es längst zu spät war

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05 vom 31. Januar 2020

Krimkonferenz 1945
Der Eiserne Vorhang senkte sich in Jalta
Josef Stalins Raubzug erkannten Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt erst, als es längst zu spät war
Klaus J. Groth

Der Eiserne Vorhang wurde auf der Krim geschmiedet. Bei der Konferenz von Jalta teilten die sogenannten Großen Drei die Welt. In den Tagen vom 4. bis zum 11. Februar 1945 ließen sich der US-amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premier Winston Churchill von Kremlchef Josef Stalin über den Tisch ziehen. An den Folgen litt die Welt länger als ein halbes Jahrhundert.

Auf der Tagesordnung in Jalta standen die Aufteilung Deutschlands, die Verteilung der Macht in Europa und die Aufnahme Frankreichs in den Kreis der Besatzungsmächte. Insgeheim ging es auch um die Teilnahme der Sowjetunion am Krieg gegen das Kaiserreich Japan nach der deutschen Kapitulation. Der Preis waren Gebietsabtretungen in den Kurilen und Sachalin sowie politische Zugeständnisse in der Mandschurei.

Stalin konnte auftrumpfen. Die Rote Armee stand an der Oder, verzweifelte Flüchtlingstrecks suchten einen Weg nach Westen. Roosevelt und Churchill glaubten, nur mit Hilfe Stalins lasse sich der Krieg bald beenden. Sie waren bereit, einen hohen Preis zu zahlen. Und den zahlten sie. 

Die Großen Drei teilten die Welt

Das erste Opfer war Polen. Roosevelt und Churchill erkannten die „Provisorische Regierung der Republik Polen“ an, die aus dem kommunistischen „Lubliner Komitee“ hervorgegangen war. Vorbei war es mit der polnischen Exilregierung in London. Zwar ließ sich der Kremlchef ein diplomatisches Feigenblatt abringen, aber das war das Papier nicht wert, auf dem es stand: Demokraten aus der polnischen Exilregierung sollten in die neue Regierung aufgenommen werden. Das geschah niemals. Im Juli 1945 entzogen die USA und Großbritannien der Londoner Exilregierung die Anerkennung. Den Polen wurden in Jalta große Gebietsverschiebungen auf Kosten deutscher Landstriche versprochen. Die Grenzen legten die Sowjets fest.

Eine ähnliche Qualität hatte die „Erklärung über das befreite Europa“. Roosevelt und Churchill leiteten sie aus der Atlantik-Charta von 1941 ab. Darin wird „das Recht der Völker“ betont, „die Regierungsform zu wählen, unter der sie leben wollen“. In Jalta wurde das so weit verwässert, dass Auslegungen nach Interessenlage möglich waren. Die „Erklärung über das befreite Europa“ öffnete den Sowjets Tür und Tor für ihre folgende Vorherrschaft im östlichen Teil Europas. 

Zu den nicht veröffentlichten Punkten zählte die Auslieferung von „Displaced Persons“, das heißt sowjetischer Zwangsarbeiter und Angehöriger der Roten Armee, die in deutschen Uniformen gefangen genommen wurden und sich in Lagern der Westalliierten befanden. 

Reichspropagandaminister Joseph Goebbels sprach nach Jalta vom „Ausverkauf westlicher Positionen“ von einem „eisernen Vorhang“, der sich sofort vor dem sowjetisch besetzten Territorium „heruntersenken“ werde. Ein Jahr später, im Februar 1946, bediente sich Winston Churchill dieses Bildes. Als Regierungschef abgewählt, erkannte er zu spät die Folgen von Jalta, das auf der Linie von Stettin bis Triest „alle Hauptstädte der alten Staaten Zentral- und Osteuropas: Warschau, Berlin, Prag, Wien, Budapest, Belgrad, Bukarest und Sofia … nicht nur dem sowjetischen Einfluss ausgesetzt, sondern auch in ständig zunehmendem Maße der Moskauer Kontrolle unterworfen“ habe.

Stalin bestand auf Jalta

Auf der Krim, im Badeort Jalta, hatte das noch anders geklungen. Im Sommersitz des letzten russischen Zaren, Nikolaus II., fand die Konferenz statt. Im „italienischen Hof“ des üppig verzierten Liwadija-Palastes hatten sich die Großen Drei ablichten lassen, Churchill im Flauschmantel, Roosevelt unter einem wärmenden Umhang mit Kordelverschluss, Stalin im Uniformmantel. Das Foto zeigt drei milde lächelnde Männer, mit sich und der Welt offenbar zufrieden. Das Bild wird in Dutzenden Variation heute im Liwadija-Palast gezeigt. In den ehemaligen Konferenzräumen wird die Verhandlung heute zelebriert wie große Oper. Auf den Bildern findet sich keine Spur davon, dass Roosevelt und Churchill nicht begeistert waren, auf die Krim bestellt zu werden. Die Halbinsel war durch die Kriegshandlungen schwer beschädigt. Vergeblich hatten die Briten und Amerikaner andere Treffpunkte vorgeschlagen, Stalin bestand auf Jalta. Ein Mitarbeiter des britischen Premiers notierte: „Churchill meint, dass wir keinen schlimmeren Ort auf der Welt hätten finden können als Jalta, selbst wenn wir zehn Jahre danach geforscht hätten. Er glaubt aber, überleben zu können, wenn er einen angemessenen Whiskyvorrat mitnimmt. Er behauptet, Whisky sei gut gegen Typhus und tödlich für die Läuse, die in der Gegend gedeihen.“

So schlimm kam es dann doch nicht. Stalin quartierte seine Gäste in hochherrschaftlichen Häusern ein, traktierte sie mit reichlich Krimsekt, Kaviar und anderen Genüssen. Auf diese Weise kam es, dass man scheinbar mit sich und der Welt zufrieden sein konnte. Ein Berater Roosevelts beschrieb die Hochstimmung von Jalta: „Wir glaubten im Herzen wirklich, ein neuer Tag sei angebrochen. Wir waren absolut überzeugt, den ersten großen Friedenssieg gewonnen zu haben – und wenn ich sage ‚wir‘, dann meine ich uns alle, die ganze zivilisierte Menschheit. Die Russen hatten bewiesen, dass sie vernünftig und weitblickend sein konnten, und weder der Präsident noch irgendeiner von uns zweifelte im Geringsten daran, dass wir mit ihnen leben und friedlich auskommen könnten bis in unabsehbare Zukunft.“

Wenig später, als erkennbar wurde, was in Jalta wirklich geschehen war, klang das anders. Der US-amerikanische Diplomat George Kennan kommentierte: „Die Erklärung von Jalta mit ihren Hinweisen auf die Umstellung des bestehenden kommunistisch-polnischen Regimes ‚auf eine breite demokratische Basis‘ und auf die ‚Abhaltung freier und ungehinderter Wahlen auf der Grundlage des allgemeinen und geheimen Wahlrechts‘ erschien mir als ein besonders schäbiges Beispiel für Doppelzüngigkeit.“