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07.02.20 / Grundrente / Der Streit in der Koalition geht weiter / Soll die Sozialleistung notfalls auch ohne Gegenfinanzierung durch eine Finanztransaktionssteuer kommen?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06 vom 07. Februar 2020

Grundrente
Der Streit in der Koalition geht weiter
Soll die Sozialleistung notfalls auch ohne Gegenfinanzierung durch eine Finanztransaktionssteuer kommen?
Peter Entinger

In der vergangenen Woche trafen sich die Regierenden in Berlin zum Koalitionsausschuss und wieder einmal wurde über die Grundrente gestritten. Selbst eine Verschiebung des Projekts ist erneut in der Diskussion. Monatelang hatten Union und SPD um einen Kompromiss gerungen und sich dann geeinigt. Doch nun ist die Union mit dem Gesetzentwurf nicht zufrieden, den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegt hat und wirft dem Koalitionspartner sogar Wortbruch vor. Die Vorlage entspreche nicht den getroffenen Vereinbarungen. Unter anderem geht es darum, ob die Grundrente schon nach 33 Beitragsjahren gezahlt werden soll, die volle Grundrente dann ab 35 Beitragsjahren. Und auch die Finanzierung ist noch nicht gesichert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Bröhmer, sagte der „Tagesschau“, die zuständigen SPD-Minister müssten Vorschläge vorlegen, die dem Koalitionskompromiss vom November entsprächen. Die Union wolle die Grundrente – wenn aber Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nicht lieferten, könne sie nicht rechtzeitig zum 1. Januar 2021 kommen.

Widerstand aus Österreich

Der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Peter Weiß ergänzte: „Meine Sorge ist, dass wir uns blamieren, weil wir bei den Bürgerinnen und Bürgern mit diesem Starttermin Erwartungen wecken, die wir am Ende nicht halten können.“ Finanziert werden soll die Grundrente mit Hilfe der ebenfalls geplanten Finanztransaktionssteuer. Doch die Einführung der Besteuerung von Börsengeschäften in mehreren EU-Ländern ist wieder ungewiss, seit Österreich Ende der Woche Überlegungen mitteilte, aus dem Vorhaben auszusteigen. Die von Minister Heil für den 12. Februar angekündigte Kabinettsentscheidung scheint in weite Ferne gerückt. Denn in ihren Stellungnahmen haben die von der Union geführten Innen-, Gesundheits- und Landwirtschaftsressorts Bedenken angemeldet. Sie zweifeln demnach an der Finanzierung der Grundrente und verlangen Details von SPD-Mann Heil: „Offen ist weiterhin die Frage, wie die aus Steuern zu finanzierenden, zusätzlichen Kosten durch die Grundrente gegenfinanziert werden sollen.“

Die SPD sieht dies ganz anders und will den Gesetzentwurf auf jeden Fall im Parlament zur Abstimmung bringen: „Diese Grundrente hat für viele Menschen in Deutschland eine hohe Bedeutung und diese beiden Parteien, die diese Regierung tragen, haben das schon zweimal zu Bundestagswahlen im Programm gehabt und versprochen. Ich empfinde es als eine Frage der Akzeptanz, auch von Wählern gegenüber der Regierung, ob man solche Punkte auch durchsetzt, und ich bin dafür, sie durchzusetzen, und wir werden die auch durchsetzen“, kündigte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, an. 

Abseits vom innerkoalitionären Gezänk mehren sich allerdings die kritischen Stimmen. Die Deutsche Rentenversicherung übte harsche Kritik am Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Heil (SPD). In einer Stellungnahme beschreibt die Behörde massive inhaltliche, verfassungsrechtliche und finanzielle Bedenken. Neben praktischen Problemen sei auch die sozialpolitische Begründung der vorgesehenen Regelungen „zum Teil widersprüchlich und in der Zielstellung nicht eindeutig.“ 

Das Thema Grundrente beschäftigt auch die größte Oppositionspartei AfD. Während der eher sozial ausgerichtete Flügel um den Thüringer Fraktionschef Björn Höcke eine Staatsbürgerrente, also eine Art Grundsicherung für Deutsche vorsieht, setzen die Wirtschaftsliberalen um den Bundessprecher Jörg Meuthen auf mehr Eigenvorsorge. 

Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München, bezeichnet den Vorschlag als „faules Ei“ und nicht zielführend. Er sei ein schlechter Kompromiss und nicht zielführend. „Der erklärte Zweck ist ja, Armut im Alter zu bekämpfen. Aber genau das wird nicht erreicht.“