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07.02.20 / Friedrich Wilhem von Brandenburg / Der Große unter den Kurfürsten / Als Begründer der brandenburgisch-preußischen Staatsnation sowie Preußens Souveränität und Militärtradition legte der Hohenzoller den Grundstein für den Aufstieg eines verarmten Kleinstaats zur Großmacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06 vom 07. Februar 2020

Friedrich Wilhem von Brandenburg
Der Große unter den Kurfürsten
Als Begründer der brandenburgisch-preußischen Staatsnation sowie Preußens Souveränität und Militärtradition legte der Hohenzoller den Grundstein für den Aufstieg eines verarmten Kleinstaats zur Großmacht
Klaus J. Groth

In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges, am 16. Februar 1620, kam Friedrich Wilhelm in Cölln bei Berlin zur Welt. Als der verheerende Krieg endlich zu Ende ging, stand er bereits im 29. Lebensjahr. Währenddessen hatte sein Vater, der Kurfürst und Markgraf von Brandenburg sowie Herzog in Preußen Georg Wilhelm, versucht, seine Mark aus dem blutigen und verheerenden Gemetzel herauszuhalten – ohne Erfolg. Abwechselnd fielen mal die Truppen der Katholischen Liga und mal die der Protestanten unter schwedischer Führung marodierend über Brandenburg her. Dieser Misserfolg seines Vaters prägte Friedrich Wilhelm. Vergleichbares wollte er nicht erleben. 

Prägende Ohnmacht des Vaters

Der Hohenzollernspross selber verbrachte eine Jugend in Sicherheit am Hofe Friedrich Heinrichs von Oranien, Statthalter der Vereinigten Niederlande von 1625 bis 1647 und ein Onkel seiner Mutter Elisabeth Charlotte. Während die deutschen Provinzen in Schutt und Asche fielen, erlebten die Niederlande goldene Zeiten. Die damals bedeutendste Schifffahrts- und Handelsmacht Europas hatte sich mit ihren Kolonien große Reichtümer erworben. Das niederländische Staatswesen galt als modernstes in Europa. An der Universität Leiden lernte Friedrich Wilhelm Staatskunde, Mathematik, Fremdsprachen und Militärkunde. 

Stärkung der Wehrkraft

Beeindruckt vom Wohlstand und Geschäftssinn der Niederländer kehrte er im Jahre 1638 nach Berlin zurück. Als sein Vater 1640 starb, trat er dessen Nachfolge in einem Land an, das der Krieg, Hungersnöte und die Pest entvölkert hatten. Für Brandenburg war die Heirat ihres jungen Fürsten mit der ältesten Tochter Friedrich Heinrichs von Oranien ein Glücksfall. Luise Henriette brachte nicht nur viel Geld mit in die Ehe, sondern zog auch tüchtige und gut ausgebildete Landsleute nach Berlin. Eine „Verholländerung“, wie die Einheimischen sagten, setzte ein. Handel und Manufakturen erlebten einen Aufschwung. Ingenieure bauten feste Straßen durch den märkischen Sand und legten Sümpfe trocken, um fruchtbares Ackerland zu gewinnen. In Berlin und Potsdam entstanden holländische Viertel.

Sanierung der Finanzen

Ähnlich wie bei seinem Enkel, dem gleichnamigen Soldatenkönig, ging bei Friedrich Wilhelm die Stärkung der Wehrkraft mit einer dafür nötigen Sanierung der Finanzen einher. Der Hohenzoller zentralisierte, was die Herausbildung einer brandenburgisch-preußischen Staatsnation beförderte, entmachtete dafür die Stände und belegte Stadt- wie Landbevölkerung mit neuen Abgaben. Die Mahl-, Schlacht- und Brausteuern ermöglichten ihm, ein stehendes Heer mit bis zu 25 000 Soldaten aufzubauen. Brandenburg sollte nicht mehr ein Spielball der großen Mächte sein wie im Dreißigjährigen Krieg. Offiziere wurden an Kadettenschulen ausgebildet, Infanterie und Artillerie mit modernen Waffen ausgerüstet.

Frieden von Oliva

Im Zweiten Nordischen Krieg, auch „Kleiner Nordischer Krieg“ oder „Zweiter Polnisch-Schwedischer Krieg“ genannt, zahlte sich die Investition aus. Durch das sogenannte brandenburgische Wechselfieber, ein geschicktes Lavieren zwischen den Kriegsparteien einschließlich Seitenwechsel, errang Friedrich Wilhelm die Souveränität über das Herzogtum Preußen. Im Frieden von Oliva wurde sie 1660 international anerkannt. Mit der Erlangung der Souveränität war die Voraussetzung für die Entstehung des Königreichs Preußen geschaffen. 

Der Große Kurfürst war ein toleranter Herrscher. Selbst Calvinist, waren seine Untertanen mehrheitlich Lutheraner. Gegen heftige Widerstände führte er die Versöhnung zwischen lutherischen und reformierten Protestanten herbei. Das Brandenburgische Toleranzedikt verbot Theologen, Andersgläubige zu schmähen. Diesem 1664 erlassenen Edikt folgte im darauffolgenden Jahr das Potsdamer Toleranzedikt, auch „Edikt von Potsdam“ genannt. Auf Einladung des Kurfürsten kamen aus Wien vertriebene jüdische Familien, „Schutzjuden“ genannt, und 15 000 Hugenotten aus Frankreich nach Brandenburg-Preußen, der Beginn der „Peuplierung“, welche die Preußenkönige fortsetzten.

Toleranzedikte

1674 fielen die Schweden erneut in Brandenburg ein. Zahlenmäßig unterlegen, siegten die Brandenburger im darauffolgenden Jahr in der Schlacht bei Fehrbellin. Dieser Sieg Brandenburg-Preußens über die damals militärisch bedeutendste Macht stärkte das brandenburgisch-preußische Staatsbewusstsein und brachte Friedrich Wilhelm den Titel „Großer Kurfürst“ ein. 

Friedrich Wilhelm trug auch den Beinamen „der Untadeliche“, aber untadelig war er nicht. Ein dunkles Kapitel in seiner Regierungszeit war der ehrgeizige Versuch, in die Liga der Kolonialmächte aufzusteigen. 1682 gründete er zusammen mit einem niederländischen Reeder die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie, eine Aktiengesellschaft, bei der Interessenten Einlagen ab 200 Mark zeichnen konnten. Schiffe mit brandenburgisch-preußischen Seeleuten segelten zuerst von Königsberg, dann von Emden an die Westküste Afrikas und in die Karibik. Im heutigen Ghana gründeten sie die Niederlassung Groß Friedrichsburg, geschützt von den beiden Festungen „Fort Dorothea“ und „Fort Luise“. Dort begann ein schwungvoller Tauschhandel mit einfachen Werkzeugen aus Eisen und Rubinglas gegen Gold, Elfenbein und Sklaven. Das Sklavenschiff „Friedrich III.“ brachte seine Fracht direkt nach Amerika, wo die Unglücklichen auf den Plantagen schuften mussten. 

Vermutlich stießen die eines Hohenzollern unwürdigen Geschäfte in Berlin auf Kritik. Mit einem fürstlichen Edikt von 1686 brachte Friedrich Wilhelm Bedenkenträger zum Schweigen: „Seefahrt und Handlung sind die fürnehmsten Säulen eines Estats, wodurch die Unterthanen beides zu Wasser, als auch durch die Manufakturen zu Lande ihre Nahrung und Unterhalt erlangen.“ Das koloniale Abenteuer endete mit einer Pleite. Überfälle von Piraten, der Verlust von Schiffen und die übermächtige Konkurrenz brachten das Aus.

Schlacht bei Fehrbellin

Friedrich Wilhelm starb nach 48-jähriger Regierungszeit am 9. Mai 1688 im Potsdamer Stadtschloss. Er ruht in der Hohenzollerngruft des Berliner Doms. Die preußische Königskrone aus Gold und unzähligen Diamanten setzte sich sein Sohn Friedrich III. von Brandenburg am 18. Januar 1701 selbst auf. Die Selbstkrönung zum König Friedrich I. in Preußen war ein Zeichen für den Machtanspruch der Hohenzollern-Dynastie.