20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.02.20 / Archäologie / Schmuck im XXL-Format / Groß wie ein Armreif – Statt Kronen bevorzugten Herrscher lange Zeit übergroße Ringe als Insignien ihrer Macht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07 vom 14. Februar 2020

Archäologie
Schmuck im XXL-Format
Groß wie ein Armreif – Statt Kronen bevorzugten Herrscher lange Zeit übergroße Ringe als Insignien ihrer Macht
Helga Schnehagen

Das Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, jenes, wo die aus der Bronzezeit stammende Himmelsscheibe von Nebra ihr Zuhause gefunden hat, zeigt noch bis zum 1. Juni die Sonderausstellung „Ringe der Macht“. Ein ambitionierter Titel, der an Tolkiens „Herr der Ringe“ erinnert. Doch hält er auch, was er verspricht? 

Anlass für diese Schau ist die Decodierung der mehrfach verschlüsselten mystischen Inschrift eines 800 Jahre alten Fingerringes, der im Museumsdepot schlummerte und erst 2001 wiederentdeckt wurde. Der zwölfeckige silberne Fingerschmuck war 1898 in dem Dörfchen Paußnitz nördlich von Riesa (Sachsen) in einem Schatzgefäß zusammen mit Hunderten Münzen gefunden und dann vergessen worden. Der Ring gibt Anlass zu zahlreichen Interpretationen. Doch ist er ein Ring der Macht? Welcher Macht? 

Denn die Ringe der Macht, die offiziell auch als solche bezeichnet werden, findet man nicht im Abendland, sondern im Alten Orient. Hier ist der Ring jahrtausendelang das Zeichen zur Legitimierung des Herrschers. Bei der Thronbesteigung, bei der feierlichen Investitur, empfängt ihn der König aus der Hand der Gottheit des Landes. Damit der Ring auch sichtbar in Erscheinung tritt, handelte es sich nicht um einen Fingerring, sondern einen mindestens handgroßen Reif.

Diese demonstrative Darstellung des Ringes wurde für alle sichtbar in Stein gemeißelt. Eine Berühmtheit in diesem Zusammenhang ist die im Louvre befindliche Stele mit dem Codex des babylonischen Königs Hammurabi (1792–1750 v. Chr.), auf welcher der Sonnengott Scha­masch dem Herrscher als Zeichen von Macht und Gerichtshoheit den Ring in Kombination mit dem Stab entgegenhält.

In geradezu vorbildlich-klassischer Manier zeigt das gut erhaltene Felsrelief von Naqsh-e-Rostan nordöstlich von Persepolis/Iran die Investitur Ardashirs I. (224–239/40). Der Begründer des Sassanidenreichs empfängt hoch zu Ross den Ring der Macht von dem ebenfalls reitenden Gott Ahuramazda.

Monumentale Felsreliefs sind natürlich nicht transportabel. Doch zur Klärung von „Machtfragen“ rund um den Ring gehören sie dazu. Selbst als Foto. Ist der Ring im westlichen Abendland doch vor allem Schmuck, Status-, Würde- und Standessymbol, Insignie, Ehe- und Treuezeichen, Eid- und Magieträger oder sogar Währung. Doch wer sein Augenmerk mehr auf Ringe als auf Macht lenkt, mag unter den 250 Exponaten der Ausstellung, die in der Altsteinzeit beginnt und geografisch von Skandinavien bis Russland reicht, trotzdem die eine oder andere Entdeckung machen. Etwa unter den Ringen der Kelten oder Wikinger. 

Ein beachtenswerter Neufund ist in jedem Fall die lebensgroße Bronzehand mit goldenem Armband, die im Herbst 2017 in Prêles im Kanton Bern gefunden wurde und hier erstmals außerhalb der Schweiz gezeigt wird. Sie wird auf das 15. Jahrhundert v. Chr. datiert und ist in ihrer Art bisher einzigartig.

Landesmuseum für Vorgeschichte, Richard-Wagner-Str. 9, 06114 Halle/Saale, geöffnet Dienstag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, sonnabends und sonntags von 10 bis 18 Uhr, Internet: www.ringe-der-macht.de