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14.02.20 / Gesellschaft / Vom Scheitern eines allzu permissiven Staates / Rolf Peter Sieferles posthum erschienenes Buch deckt die Relitätsferne von Politikern und den Medien des Establishments auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07 vom 14. Februar 2020

Gesellschaft
Vom Scheitern eines allzu permissiven Staates
Rolf Peter Sieferles posthum erschienenes Buch deckt die Relitätsferne von Politikern und den Medien des Establishments auf
Bernd Kallina

Es gibt Bücher, die weisen kenntnisreich und tiefenanalytisch auf strategische Fehlentwicklungen unseres Gemeinwesens hin. Deswegen sollten sie von den maßgeblichen Akteuren in Politik und Gesellschaft eines Landes nicht nur gelesen werden, besser wäre es, sie würden die Verantwortlichen im Lande zur Abkehr von falschen Wegen veranlassen. Eines dieser hervorzuhebenden Werke stammt vom 2016 zu früh verstorbenen Rolf Peter Sieferle, ist posthum 2017 erschienen und verdeutlicht schon im wegweisenden Titel, worum es geht: „Das Migrationsproblem. Über die Unvereinbarkeit von Sozialstaat und Masseneinwanderung“. 

Von Umkehr in die richtige Richtung  kann jedoch keine Rede sein, im Gegenteil: Die maßgeblichen Funktionseliten in Deutschland haben die profunden Warnrufe des Autors nach wie vor nicht beherzigt: Eine die deutschen Interessen wahrende Kehrtwende vom immer offenkundiger werdenden Sturz ins Bodenlose einer unkontrollierten Masseneinwanderung findet bis dato nicht statt. Fakt ist vielmehr: Gegenwärtig reisen weiterhin rund 200 000 Personen im Jahr über praktisch offene Grenzen zumeist illegal nach Deutschland ein. Gerade deswegen sei auf die stichhaltigen Argumente von Sieferle, der auf eine renommierte Wissenschaftskarriere als Historiker zurückblicken konnte, hier anhand seiner Veröffentlichung hingewiesen.

Das in der Werkreihe von Tumult erschienene, 136 Seiten starke Büchlein im handlichen Paperback-Format veranschaulicht die Grundproblematik gerade für den interessierten Laien klarsichtig: „Man kann die Märkte nach außen wie nach innen liberalisieren, doch kann man nicht im Innern hohe Sozialstaatsstandards aufbauen und gleichzeitig die Grenzen öffnen“, schreibt der Autor mit Blick auf die verhängnisvolle Politik unserer Bundeskanzlerin, die dabei von maßgeblichen Teilen der Altparteien und den Mainstream-Medien nahezu kritiklos unterstützt wird. 

„Schwerster Verfassungsbruch“

Was damals im Herbst 2015 über uns hereinbrach und bis heute andauert, sei jedoch nicht nur ein gravierender Verfassungsbruch – sondern der schwerste, den wir in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland jemals erlebt hätten, charakterisiert in diesem Zusammenhang der Staatsrechtler und frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz den skandalösen Sachverhalt ergänzend.

Zurück zu Sieferle, der von der politischen Linken kam  (er war zeitweise während seiner Heidelberger Studienzeit dort im SDS-Vorstand) und in seinem Werk den Gesichtspunkt der Sozialstaatlichkeit in anschaulicher Weise mit der Problematik von offenen Grenzen verknüpft: „Man handelt dann wie der Bewohner eines Hauses, der im Winter die Fenster und Türen weit öffnet. Wenn das zur Abkühlung führt, dreht er eben die Heizung weiter auf. Man braucht kein Energieexperte zu sein, um zu erkennen, dass dies auf Dauer nicht geht.“

Und so offenbaren sich in der Migrationskrise nach Einschätzung des Autors nicht nur die Schwächen und das Scheitern des permissiven, sprich nachgiebigen,  Staates, sondern auch die grassierenden Verständnis- und Erklärungsnöte der Öffentlichkeit. Während der deutsche Staat in seiner Führung nach wie vor handlungsunfähig und vor allem auch handlungsunwillig erscheint, vom Zwischenspiel eines Horst Seehofers einmal abgesehen („Wir haben im Moment … eine Herrschaft des Unrechts!“), fehlt es dem medialen Establishment an krisenfesten Begriffen: Der Einbruch der Wirklichkeit wird mit bundesrepublikanischen Wohlfahrtsideen und One-World-Phrasen pseudohumanitär quittiert, sodass die irrsinnige Parole dann lautet: Wohlstand für alle, Grenzen für niemand!

Dabei übersehen die selbsternannten Wohlfahrts-Akteure die Fragilität eines Gemeinwesens, das durch den Sozialstaat getragen wird. Es fußt nämlich auf Prinzipien wie Solidarität und Vertrauen – alles Werte, die in einem Land mit illegaler Masseneinwanderung im höchsten Maße gefährdet sind. Helmut Schmidt, einer der letzten großen deutschen Staatsmänner, schlug – leider nicht nur von seinen sozialdemokratischen Parteigenossen ungehört – in dieselbe Kerbe, als er 1992 in seinem berühmten Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ (Ausgabe vom 12. September) eindringlich vor Einwanderungsgesellschaften warnte: „Weder aus Frankreich, noch aus England, noch aus Deutschland dürfen sie Einwanderungsländer machen. Das ertragen die Gesellschaften nicht. Dann entartet die Gesellschaft … Die Vorstellung, wie sie etwa Heiner Geissler (CDU) jahrelang verbreitet hat, dass wir mehrere Kulturen nebeneinander haben könnten, habe ich immer für absurd gehalten.“

Neben den Kulturkonflikten mit Entartungs-Folgen (Helmut Schmidt), stehen dann die zusätzlichen und absehbaren Sozialkonflikte bei Sieferle im Mittelpunkt, denn: Der Sozialstaat und seine Segnungen lassen sich eben nicht ins Unendliche expandieren. Eigentlich eine ganz einfache Milchmädchen-Rechnung, möchte man meinen. Schließlich mutiert im Globalisierungsstrudel, in dem Ansprüche universale Gestalt annehmen und jeder Ort erreichbar scheint, das Wohlfahrtsversprechen zu einem Anachronismus, dessen Verheißungen für die meisten Migranten uneinlösbar sind.

Rolf Peter Sieferle: „Das Migrationsproblem. Über die Unvereinbarkeit von Sozialstaat und Masseneinwanderung“, Manuscriptum Verlagsbuchhandlung Waltrop/Berlin 2017, Paperback, 136 Seiten, 16 Euro