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21.02.20 / Aufstieg in die erste Liga / Hamburger Kunsthalle vereint Topstars der Kunst – Cézanne und Co. sowie Goya, Fragonard und Tiepolo

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08 vom 21. Februar 2020

Aufstieg in die erste Liga
Hamburger Kunsthalle vereint Topstars der Kunst – Cézanne und Co. sowie Goya, Fragonard und Tiepolo
Helga Schnehagen / Harald Tews

Die Hamburger Kunsthalle befindet sich noch im Jubiläumsrausch. Vergangenen August beging sie ihren 150. Jahrestag, und seitdem kann der neue Museumschef Alexander Klar, der rechtzeitig zum Jubiläum den von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg abgeworbenen Vorgänger Christoph Martin Vogtherr abgelöst hat, eine phänomenale Schau nach der anderen präsentieren. 

Aktuell läuft in dem Haus nahe dem Hamburger Hauptbahnhof noch bis zum 1. März die Impressionismus-Ausstellung „Meisterwerke aus der Sammlung Ordrupgaard“. Sie versammelt 60 Gemälde aller großen Impressionisten von Camille Pissarro bis Édouard Manet und von Claude Monet bis Paul Gaugin.

Die Kunsthalle selbst verfügt über eine eigene beachtliche Impressionisten-Sammlung, stellt davon in dieser Schau aber kein einziges aus. Die Sammlung Ordrupgaard soll für sich stehen. Von 1916 an baute das dänische Ehepaar Hansen seine Sammlung in dem nördlich von Kopenhagen gelegenen Anwesen aus, das 1951 an den dänischen Staat ging. Da das Museum in Ordrupgaard derzeit renoviert wird, darf seine Sammlung europaweit auf Reisen gehen. Die Kunsthalle profitierte davon schon vor gut einem Jahr, als man mit „Licht des Nordens“ dänische Malerei aus der Sammlung Hansen präsentierte.

Jetzt also Cézanne und Co. Und damit kann man nichts falsch machen. Impressionismus geht immer. Das sieht man an den Besuchermassen, die sich an den Momentaufnahmen von Courbets „Episoden einer Rotwildjagd“, der Freilichtmalerei von Sisleys „Septembermorgen bei Saint-Mammès“ oder den Pastelltupfern von Berthe Morisots „Frau mit Fächer“ berauschen. Dieses Fest der Farben lässt nicht nur in einer tristen Winterzeit Sehnsüchte und Hoffnungen regelrecht erblühen. Diese Malerei bietet einen universellen Halt durch ihren Wiedererkennungswert.

Eine Offenbarung in Öl

Parallel zu den „leicht verdaulichen“ und erbaulichen Impressionisten präsentiert die Hamburger Kunsthalle noch bis zum 13. April ein ambitioniertes, schon akademisch zu nennendes Stück Kunstgeschichte, in das man sich vertiefen muss. Oder anders gesagt, es dank der rund 150 ausgestellten bedeutenden Gemälde und Grafiken darf, die in der Schau „Die Freiheit der Malerei“ die höchst unterschiedlichen Künstlergrößen Goya, Fragonard und Tiepolo miteinander vereint.

Mit den Ideen der Aufklärung und dem Erstarken des Bürgertums befreiten sich die Künstler im 18. Jahrhundert mehr und mehr von ihren am Bedürfnis von Klerus und Adel orientierten Motiven und Malweisen. Sujets und Formensprache wurden bürgerlicher, individueller, kritischer – kurz freier.

Wichtiger Anstoß für die Ausstellung ist der große Grafikschatz aus dem hauseigenen Kupferstichkabinett, der sich angereichert mit Leihgaben über vier Kabinette verteilt. Neben Goyas bekannten, vielfach präsentierten brutal gesellschaftskritischen malerischen „Launen“, den „Los Caprichos“, und „Desastres de la Guerra“ (Die Schrecken des Krieges) dürften Giovanni Battista Tiepolos Karikaturen sowie seine rätselhaften „Vari Capricci“ und „Scherzi di Fantasia“ vielen eher unbekannt sein.

Eine Offenbarung sind auch die Ölbilder: die zum eigenen Werk aufgestiegenen meisterhaften Ölskizzen von Vater und Sohn Tiepolo, die charakterisierenden Porträts von Goya und besonders Fragonard, dessen ausdrucksstarker lesender „Philosoph“ vor Konzentration und Wissbegierde nur so strotzt, die anstößig-komische Figur des Pulcinella, die Vater und Sohn Tiepolo gleichermaßen faszinierte, oder auch Goyas derbe „Landpartie“, die nichts von den drastischen Folgen des ungezügelten Gelages ausspart. 

Die wahrlich außergewöhnliche Zusammenstellung zeigt die ganze Bildvielfalt in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Gepaart mit jener parallelen Ausstellung über den 100 Jahre später beginnenden Impressionismus erlebt man in Hamburg einen faszinierenden Einblick in ein weites Feld der Kunstgeschichte. 

Und der Jubiläumsrausch mit Werken großer Künstler ist längst nicht vorüber. Vom 3. April bis 2. September folgt eine Ausstellung mit Werken von Max Beckmann, ehe man sich vom 21. Mai bis 19. Juli in den Reigen der europaweiten Raffael-Festspiele einreiht und die im eigenen Bestand befindlichen Handzeichnungen des vor 500 Jahren gestorbenen italienischen Renaissancekünstlers Raffael präsentieren wird. Hamburg setzt damit seinen Aufstieg in die Königsklasse der Kunst weiter zielstrebig fort.

Info Hamburger Kunsthalle, Glockengießerwall 5, 20095 Hamburg, geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr, Eintritt: 14 Euro. 

Internet: www.hamburger-kunsthalle.de