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21.02.20 / Estland / Der lange Weg zur ersten Republik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08 vom 21. Februar 2020

Estland
Der lange Weg zur ersten Republik

Am 24. Februar 1918 tat sich den Esten ein Zeitfenster auf. Es entstand ein Machtvakuum, das sie nutzten. An jenem 24. Februar traten die russischen Truppen in dem seit dem 18. Jahrhundert zu Russland gehörenden Estland den Rückzug vor den vorrückenden Deutschen an. Bevor jedoch die Deutschen kamen, verkündete noch am selben Tag ein „Estnisches Rettungskomitee“ die „Republik Estland“. Am 27. August 1918 verzichtete Sowjetrussland formell in einem Zusatzabkommen zum Frieden von Brest-Litowsk mit den Mittelmächten auf Estland.

Nachdem der Vertragspartner den Ersten Weltkrieg verloren hatte, annulierte Sowjetrussland jedoch am 13. November 1918 den Frieden und griff 15 Tage später Narva an. Damit begann der Estnische Freiheitskrieg. Unterstützung erhielten die Esten in diesem Krieg vor allem aus Deutschland, Skandinavien und Großbritannien, deren Royal Navy die Esten vor der russischen Flotte schützte. Unter dem Kommando des Oberbefehlshabers Johan Laidoner gelang es den Esten, die Russen bereits bis Ende Januar 1919 außer Landes zu treiben. Ein neuerlicher russischer Angriff im Frühjahr 1919 wurde abgeschlagen. Nach weiteren missglückten Eroberungsversuchen fanden es die Bolschewiken günstiger, mit Estland einen Friedensvertrag zu schließen. Der am 2. Februar 1920 in Dorpat unterzeichnete Vertrag beendete den Krieg zwischen den beiden jungen Staaten. In dem Vertrag erkannte Russland „vorbehaltlos die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit des Staates Estland an und verzichtete freiwillig und für alle Zeiten auf sämtliche souveränen Rechte, welche Russland in Bezug auf das estnische Volk und Gebiet kraft der damals herrschenden staatsrechtlichen Ordnung gehörten“. Am 30. März trat mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Moskau der Frieden von Dorpat in Kraft.

Nachdem die Grenzen gesichert schienen, gab sich der junge Staat eine  nach westlichem Vorbild ausgerichtete Verfassung mit sehr weitgehenden Rechten für nationale und religiöse Minderheiten. Am 15. Juni 1920 wurde sie verabschiedet, am 21. Dezember des Jahres trat sie in Kraft. Gemäß dieser Verfassung stand an der Spitze des Staates ein Staats- und Regierungschef. Dieser trug jedoch nicht den Titel „Präsident“, sondern „Reichsältester“ (Riigivanem), da Estlands Demokratie keine präsidiale, sondern eine parlamentarische war. Erster Amtsinhaber wurde noch am Tage des Inkrafttretens der Verfassung der bisherige Premierminister Ants Piip.Bodo Bost/PAZ