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21.02.20 / Ostpreussen kulinarisch / Per Schiff durch Masuren / Die „Classic Lady“ bereist eine der schönsten Landschaften Europas – beliebte Rezepte aus der Bordküche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08 vom 21. Februar 2020

Ostpreussen kulinarisch
Per Schiff durch Masuren
Die „Classic Lady“ bereist eine der schönsten Landschaften Europas – beliebte Rezepte aus der Bordküche
Peer Schmidt-Walther

Masuren ist seit eh und je Synonym für eine der schönsten europäischen Landschaften. Während einer Kreuzfahrt über die Masurische Seenplatte erlebt man unberührte Natur und Sehenswürdigkeiten einer mehr als 700-jährigen deutsch-polnischen Geschichte. Und natürlich die deftige ostpreußische Küche.

Fünf Kilometer hinter Kolno passiert der Bus die Grenze zwischen Masowien und Masuren. Hügelauf, hügelab durch Alleen und Wälder rollt er unaufhaltsam nach Norden. Abends schaukelt der Bus auf schmaler Sandpiste durch den Urwald der Johannisburger Heide. Bis es voraus aufblitzt: angekommen in Piasken [Piaski] am Beldahnsee, der zur Masurischen Seenplatte gehört. Die untergehende Sonne vergoldet See und Schiff. 

Das Willkommens-Abendessen – nach der Begrüßung durch die Besatzung um Kapitän Tomasz Biadun - ist der Start einer Serie von ostpreußischen Köstlichkeiten. Und Andrzeij „droht“ schon mal: „Wer hier in Polen seinen Bauch värrliert, der wird ainejespärrt!“

Was Chef Pawel Zalewski hier in seiner „U-Boot-Miniküche“ „komponiert“, lässt einem schon lange vorher das Wasser im Munde zusammenlaufen. Seine Kochkünste – Rezepte der alten ostpreußischen Küche stehen obenan – sind allein schon ein Grund, um mit der „Classic Lady“ durch Masuren zu schippern. „Jak u baci – wie bei Oma“, betitelt Pawel seine „einfache Kieche“, und erläutert zu jeder Mahlzeit ihre Zubereitung. 

Für den Abend hat der Meister ein Luciano-Pavarotti-Motto ausgewählt, das ihm aus der Seele spricht: „Kochen ist eine Kunst und keineswegs die unbedeutendste“. Zum Auftakt gibt es Sauerampfersuppe und Fischsuppe, zur Vorspeise: Räucherfisch, Salatbüffet mit Sauerkohlsalat, zum Hauptgang: Wildgulasch mit Kartoffelklößen, Buchweizengrütze und Waldpilzen, zum Dessert: „Glumps“-(Quark-)torte und als Seelenwärmer: Nikolaschka.

Vom Logenplatz an Bord kann man die abendliche Stimmung der Wald- und Wasserlandschaft genießen, auch das eine oder andere frisch gezapfte polnische Bier. Wozu in diesem Land auch ein „Wässerchen“, sprich: Wodka, gehört. Das Wellengluckern an der Bordwand garantiert Tiefschlaf. Jedoch nicht ohne zuvor Andrzejs Informationen für den nächsten Tag, Anekdoten und Witze aus Masuren vernommen zu haben. Höhepunkt ist sein „Abendgebet“: „Lieber Gott bestraf´ mich nicht, wenn ich bei Tisch das größte Stück erwisch!“

Auf der Speisekarte – Motto: „Jede Frau ist für gutes Essen anfällig“ (Casanova) – stehen Pawels Gurken- und Ermländische Suppe, als Vorspeise: Festtagssülze, ein Salatbüffet und Gurkensalat sowie Dill und Schmand, zum Hauptgang: Königsberger Klopse mit Kapernsauce und Salzkartoffeln, als Dessert: Buttermilchflinsen mit Himbeersauce und als Seelenwärmer: Rußer Milchpunsch. 

Immer mal wieder blitzen ein paar blaue Seen-Spiegel durch das Grün oder duckt sich das rote Ziegeldach eines alten, einsamen Gehöfts oder Gutes in einer Senke. Jeder Quadratmeter ist durchtränkt von Geschichte. Dieses „Land ohne Eile“, wie Arno Surminski seine Heimat nannte, steckt aber auch voller skuriller Geschichten. Davon zeugen Siegfried Lenz‘ Erzählungen „So zärtlich war Suleyken“.

Auf unzähligen Firsten thronen Storchennester. Den Spitznamen „preußischste aller Vögel“ haben sich die Tiere wegen ihres schwarz-weißen Federkleids eingehandelt. „Jeder vierte Storch weltweit ist heute Pole“, erklärt Reiseleiter Andrzej. 

Die Frischluft-Kur hat mächtig Appetit gemacht, und Nietzsche lieferte das (heute wieder moderne) Motto zum Abendessen: „Du musst nicht nur mit dem Munde, sondern auch mit dem Kopfe essen, damit dich nicht die Naschhaftigkeit des Mundes zugrunde richtet“. Dazu gibt es Linsensuppe mit Backpflaumen, gekochten Aal in Dillsauce, Mehlklöße mit saurer Soße, Mohnstriezel als Dessert – was will man mehr?! Und ein Seelenwärmer muss am Schluss sein: Pawels Trunk. 

Kein Geringerer als Goethe lieferte dazu das Motto: „Das Essen soll zuerst das Auge erfreuen und dann den Magen“. Letzteren erfreut der „Bärenfang“ am Schluss. Andrzej kennt das Geheimnis des ostpreußischen Nationalgetränks: „Weil die Bären gern Honig klauten, hat man ihn mit Alkohol versetzt, so dass sie einschliefen und gefangen werden konnten“.

In Zondern [Sadry], sechs Kilometer westlich von Rhein [Rhyn], „menschelt“ es. Die letzten Deutschen der Region, Kris-tina und Dietmar Dickti, betreiben in dem Dörfchen ein kleines Privatmuseum, das 200 Jahre alte „Masurische Bauernhaus“, mit regionaltypischen Hausgeräten und Möbeln. Souvenirs werden angeboten, aber auch ein leckerer, noch ofenwarmer Kasten-Hefekuchen, gefüllt mit Marmelade und überzogen mit Streußeln. Bei Kaffee und Kuchen gibt Frau Dickti in breitestem Ostpreußisch  „Wippches“ (Witze) zum Besten. Zum Beispiel den: „Was haat ejn Mann, was im Schnee sitzt? Na, Schneegleckchens!“ Auch der frühere ZDF-Moderator Wolf von Lojewski, der aus Widminnen [Widminy] östlich von Lötzen stammt, hat sich darüber amüsiert, als er die Dicktis besuchte. „Mannche, Mannche, hat därr mich Lecher im Bauch gefraacht!“, berichtet sie strahlend über so viel mediale Aufmerksamkeit.

Pawel hat längst seinen Widerstand aufgegeben – gegen die Hartnäckigkeit der Hausfrauen unter den Gästen, ihnen seine Rezepte zu verraten. Denn jeder Chef hat so seine kleinen Küchengeheimnisse, die er nicht so gern preisgibt, meint er augenzwinkernd. „Smacznego – guten Appetit!” sind dann auch seine letzten offiziellen Worte dieser Reise ins Reich von Omas ostpreußischer Küche.

Nach dem locker stimmenden „Bärenfang“ hat sich Pawel doch noch erweichen lassen. Und er diktiert den Damen, aber auch einigen kochbegeisterten Herren, zum Mitschreiben:

„Masurische Krautsuppe“ 

Zutaten: 300 Gramm geräucherte Rippchen, ½ Kilo Sauerkraut, 2 Prisen Kümmel, 300 Gramm Kartoffeln, 

1 Zwiebel, Salz, Pfeffer, 1 Esslöffel Schmalz.

Zubereitung: Die Brühe aus Rauchfleisch und Gemüse kochen. Die Kartoffeln in kleine Würfel schneiden und der Brühe hinzugeben, langsam kochen lassen. Sobald die Zutaten weich sind, Sauerkraut und Kümmel dazugeben. Das Fleisch vom Knochen lösen und zur Suppe geben. Die Suppe mit Salz und Pfeffer verfeinern. Die Zwiebeln mit dem Schmalz anbraten und in die Suppe geben.

Reiseinformation

Offizielle Bezeichnung der Reise: „Schlemmerreise durch die ostpreußische Küche“. Ansonsten werden mit der CLASSIC LADY  zwischen Frühjahr und Herbst auch geführte Fahrrad-Reisen durch die Region angeboten.Auskunft über die Reiseziele, weitere Infos und Buchung: www.dnv-tours.de,  Tel.: 07154-13 18 30.