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21.02.20 / Comicpionier / Andauernder Katzenjammer / Ein Film stellt Rudolph Dirks vor, der als deutscher Auswanderer in den USA zur Comic-Legende wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08 vom 21. Februar 2020

Comicpionier
Andauernder Katzenjammer
Ein Film stellt Rudolph Dirks vor, der als deutscher Auswanderer in den USA zur Comic-Legende wurde
Andreas Guballa

Ende des 19. Jahrhunderts revolutionierte der aus Dithmarschen stammende Zeichner Rudolph Dirks mit der anarchischen Bildgeschichte „The Katzenjammer Kids“ den Comicstrip. Die Heider Filmemacherin Martina Fluck hat dem Satirezeichner nun ihren neuesten Dokumentarfilm gewidmet, denn in seiner deutschen Heimat ist der Auswanderer kaum bekannt. „Katzenjammer Kauderwelsch – A Comic-Pionier-Story“ hat die Regisseurin, die wie Rudolf Dirks aus dem holsteinischen Heide kommt, ihr 84-minütiges Werk genannt, das im November im Rahmen der Nordischen Filmtage in Lübeck Premiere hatte, aber erst jetzt in ausgewählten Kinos gezeigt wird. 

Dirks, der 1877 in Heide geboren wurde, wanderte in jungen Jahren mit seiner Familie in die USA aus und prägte dort als einer der ersten Pioniere maßgeblich die Entstehung des modernen Comics, indem er am Ende des 19. Jahrhunderts Grundlagen des noch jungen Mediums etablierte. Mit den in den Sonntagsbeilagen des „New York Journal“ erschienenen „Katzenjammer Kids“ schuf er die langlebigste Comic-Serie und die ältesten bis heute aktiven Comic-Figuren der Geschichte. 

„Die Cartoons kannte ich. Aber ich hatte keine Ahnung, dass ihr Erfinder aus Heide kam“, sagt Filmemacherin Fluck, „ich fand es toll, dass er eine Comic-Sprache erfunden hat, von der wir heute noch zehren.“ Zeitungscomics waren in den New Yorker Tageszeitungen damals äußerst populär und galten als erstes farbiges Bild-Massenmedium, das auch die ärmeren Bevölkerungsschichten erreichte. 

Die Comics begeisterten laut Fluck zudem die zahlreichen Einwanderer, die nur gebrochen Englisch sprachen. Dirks wurde mit der frechen Kinderbande „Katzenjammer Kids“, die an „Max und Moritz“ von Wilhelm Busch erinnern und sich bis in die heutige US-Trickfilmserie „Die Simpsons“ fortsetzen, berühmt. Sein jüngerer Bruder Gus gilt mit seiner Reihe „Latest News from Bugville“ als ein Pionier der Tiercomics. Sein Selbstmord mit 21 Jahren setzte der Karriere allerdings ein frühes Ende. Seine Figuren schrieben dennoch Comic-Geschichte und sind bis heute Wegbereiter vieler Klassiker.

Unterstützung durch „Popeye“

Für die Produktion des Films hat sich Fluck tatkräftige Unterstützung mit ins Boot geholt. Rund 100 Jahre nach den Gebrüdern Dirks ist es wieder ein junger Comiczeichner aus Heide, der sich auf Spurensuche begibt: Tim Eckhorst, der sich seit vielen Jahren mit dem Leben und Wirken der Dirks-Brüder beschäftigt.

„Dirks hat entdeckt, was man mit einer Sprechblase als Zeichner alles anfangen kann“, erzählt im Film Eckhorst, der an der Muthesius Kunsthochschule Kiel lehrt und der auch für das Heavy-Metal-Festival im schleswig-holsteinischen Wacken zeichnet. Geräusche, die zu lautmalenden Buchstabenfolgen wurden, Zornesausbrüche, die sich zu Gewitterwolken verdichteten, Bewegungslinien, die den Figuren Richtung und Tempo gaben – alles Erfindungen, die den Dithmarscher Dirks in New York, wo er 1968 auch gestorben ist, zum Comic-Pionier machten. 

Zusammen begeben sich Fluck und Eckhorst auf Spurensuche in ihrer norddeutschen Heimat sowie in den USA. Sie reisen nach New York und in den Küstenort Ogunquit, in dem Dirks eine Künstlerkolonie maßgeblich mitprägte. Mit ihren jeweiligen künstlerischen Mitteln – also filmisch und zeichnerisch – dokumentieren sie diese Tour. Unter anderem treffen sie drei Großneffen und eine Großnichte der beiden Dithmarscher Auswanderer.

Eigentlich sollte es nur eine gemeinsame Recherche-Reise werden, als sich Fluck und Eckhorst 2018 auf den Weg nach New York machten. Vor Ort wurde der Filmemacherin allerdings schnell klar, dass die Reise schon der eigentliche Film war. „Wie Tim staunend durch die Straßen gelaufen ist, an jeder Ecke gezeichnet hat – da war gar kein Platz für eine andere Geschichte“, sagt die Regisseurin. Also wurde die von Fluck bediente kleine Handkamera zum Werkzeug. 

Entstanden ist eine Art Roadmovie, das zur Hommage an die Kunst des Comics und die Leidenschaft des Zeichnens wird mit Reportage-Szenen, Interviews wie mit der herrlich lebhaften, inzwischen  92-jährigen Zeichenlegende Hy Eisman, der neben „Popeye“ auch „Katzenjammer Kids“ fortgeschrieben hat. Dazu kommen Zeichnungen von Eckhorst, deren schneller Tuschestrich in animierten Szenen vor dem Auge des Betrachters entstehen.

b Termine 22.2., 19.30 Uhr, und 23.2., 17.30 Uhr: Nordlicht Kino St. Peter Ording. 

5.3., 20.30 Uhr: KOKI Lübeck. 19.3., 20 Uhr: Brotfabrik Berlin. 22.3. und 5.4., 11 Uhr: 

Zeise Kino Hamburg. 1.4., 21 Uhr: Kino am Raschplatz Hannover. 30.4., 20 Uhr: 

Hansa48 Kino Kiel. 17.6., 20 Uhr: Black Box Kino im Filmmuseum Düsseldorf