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28.02.20 / katholische Kirche / Kardinal Reinhard Marx tritt ab / Die Entfernung zwischen eigenen Vorstellungen sowie denen Roms und des Kirchenvolks war zu groß

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09 vom 28. Februar 2020

katholische Kirche
Kardinal Reinhard Marx tritt ab
Die Entfernung zwischen eigenen Vorstellungen sowie denen Roms und des Kirchenvolks war zu groß
Bodo Bost

Bei der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe Anfang nächsten Monats in Mainz wird Kardinal Reinhard Marx nicht mehr für eine zweite Amtszeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz kandidieren. Ähnlich überraschend wie der Rückzug der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer kommt auch der des obersten deutschen Katholiken nach Papst Benedikt. Mit 66 Jahren wolle er der jüngeren Generation den Vorzug lassen, schrieb Marx in einem Brief. 

Dabei galt der Erzbischof von München und Freising als die treibende Kraft hinter dem sogenannten Synodalen Weg. Darunter versteht man den auf zwei Jahre angelegten Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, der gerade erst in Frankfurt begonnen hat. Marx hatte den Prozess als Reaktion auf den Missbrauchsskandal mit initiiert. Konservative Bischöfe kritisieren diesen Synodalen Weg allerdings. Namhaftester Kritiker ist der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. 

Stellvertreter von Marx ist der 68-jährige Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. In der Bischofskonferenz sitzen 69 deutsche Bischöfe aus allen 27 deutschen Diözesen. Ob Woelki jetzt Marx’ Amt anstrebt, ist unklar. Der derzeit als beliebtester deutscher Oberhirte geltende Würdenträger mit familiären Wurzeln im Ermland ist nur zwei Jahre jünger als Marx.

Vor 17 Jahren hatte Marx als Bischof von Trier den Saarbrücker Theologen Gotthold Hasenhüttl als Priester abberufen, weil der Protestanten auf dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin zur katholischen Eucharistie eingeladen hatte. Später machte sich Marx jedoch selbst genau dafür stark, wofür er Hasenhüttl gemaßregelt hatte, und wunderte sich, dass er dafür nun seinerseits von Papst Franziskus gerügt wurde, wenn er auch in seinem Amt verbleiben durfte. Das ist nur eine der seltsamen Wendungen des bald ehemaligen Oberhauptes der deutschen Bischofskonferenz, der auch innerkirchlich in Deutschland auf Widerstand stößt

Der Abendmahl-Streit lässt sich zurückverfolgen bis ins Reformationsjubiläumsjahr 2017. Damals hatten Marx und Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, die fallweise Zulassung evangelischer Partner zur Kommunion als Zeichen der Ökumene vereinbart. Die katholischen Bischöfe Deutschlands hatten dazu in Ingolstadt mit einer Dreiviertelmehrheit eine entsprechende Handreichung verabschiedet. Sieben Bischöfe, darunter fast alle Oberhirten aus Bayern und Kardinal Woelki, erhoben Einspruch gegen die Handhabung. Der Papst und der Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria, gaben jenen Bischöfen Recht, die Einspruch gegen die Handreichung erhoben hatten. Der Brief war eine schwere Niederlage für Marx, der immerhin zum engsten Beratergremium um den Papst in Sachen Vatikanbank gehört. Für Rom ist die Frage, wer zur Kommunion gehen kann, eine Frage des Glaubens und nicht der Seelsorge, deshalb müsse sie in Rom und nicht in Deutschland entschieden werden.

Zu Beginn seiner Amtszeit als bayerischer Ministerpräsident hatte Markus Söder als Bekenntnis zu den Werten des christlichen Abendlandes entschieden, dass ab dem 1. Juni 2018 in allen bayerischen Amtsstuben Kreuze aufgehängt werden sollen. Obwohl davon auszugehen ist, dass die Mehrheit der bayerischen Bevölkerung hinter ihm stand, erntete er von höchsten Kirchenvertretern, allen voran Marx, starke Kritik, weil diese im Kreuz nur ein religiöses und kein kulturelles Symbol sehen. 

Andererseits verdeckten Marx und Bedford-Strohm 2016 bei einem Aufenthalt im islamischen Felsendom ihre Brustkreuze, weil sie in ihnen eine über das religiöse hinausgehende kulturelle Symbolik anerkannten, denn als religiöses Symbol hätte das Kreuz islamische Würdenträger nicht vor den Kopf gestoßen, weil Jesus denen als Prophet des Islam gilt. 

Auch für seine Kreuzkritik bekam Marx in Rom einen Rüffel, den Papst stören nämlich Kreuze in Amtsstuben überhaupt nicht. Für den Papst ist ein Kreuz ein Bekenntnissymbol, was eigentlich auch ein Kardinal wissen müsste. 

Marx, der vor seiner Berufung nach München von 2002 bis 2008 Bischof von Trier war, war dort 2018 Festredner von katholischer Seite beim Karl-Marx-Gedenkjahr. Immerhin hatte er in seiner Zeit in Trier sein 2008 in München erschienenes Buch „Das Kapital. Ein Plädoyer für den Menschen“ geschrieben, in dem er einigen der Errungenschaften des politischen Marxismus seinen kirchlichen Segen gab. 

Mit seinem jetzigen Rückzug vom Amt des Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz zieht Marx, der kirchenfürstlichem Gehabe nicht abgeneigt war, die Konsequenz daraus, dass er am Willen einer Mehrheit seines Kirchenvolkes, aber auch seinen römischen Vorgesetzten vorbei gehandelt hat.