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28.02.20 / Fusion von Alstom und bombardier / Vestager im Glaubwürdigkeitstest / In Europa soll ein neuer Bahnriese entstehen – EU-Kommission vor einem Entscheidungs-Dilemma

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09 vom 28. Februar 2020

Fusion von Alstom und bombardier
Vestager im Glaubwürdigkeitstest
In Europa soll ein neuer Bahnriese entstehen – EU-Kommission vor einem Entscheidungs-Dilemma
Norman Hanert

Mit den Fusionsplänen der beiden Bahnhersteller Alstom und Bombardier bekommt Margrethe Vestager, die EU-Kommissarin für Wettbewerb, einen besonders heiklen Fall auf den Schreibtisch. Erst vor genau einem Jahr hatte die dänische EU-Politikerin Siemens und Alstom nicht einmal unter Auflagen erlaubt, ihr Bahntechnikgeschäft zu einem Gemeinschaftsunternehmen zusammenzulegen. Vestager begründete ihre Entscheidung unter anderem mit dem Argument, Wettbewerb innerhalb Europas halte große Firmen fit und innovationsfähig. 

Doch jetzt, gut zwölf Monate später, wird die oberste Wettbewerbshüterin der EU über den Plan des französischen TGV-Herstellers Alstom entscheiden müssen, die Zugsparte des wirtschaftlich angeschlagenen kanadischen Unternehmens Bombardier für etwa sieben Milliarden Euro zu übernehmen. Der neue Bahnriese käme damit auf eine erhebliche Marktkonzentrationen. 

Erhält Alstom von der EU grünes Licht für die Übernahme der Zugsparte von Bombardier, dann könnte der weltweit zweitgrößte Anbieter von Schienenfahrzeugen mit einem Umsatz von mehr als 15 Milliarden Euro entstehen. Im Bereich der Diesel- und Hybridfahrzeuge würde das fusionierte Unternehmen in Europa marktbeherrschend sein, Gleiches gilt für das Segment Regionalzüge und den öffentlichen Nahverkehr. Da Alstom und Bombardier ein ähnliches Sortiment haben, werden künftige Überkapazitäten und der Abbau von Stellen in Deutschland befürchtet. Bombardier hat große Werke in Hennigsdorf, Görlitz und Bautzen. Berlin ist sogar der globale Hauptsitz der Zugsparte Bombardiers. Alstom hat in Deutschland sechs Standorte und beschäftigt hierzulande 2500 Mitarbeiter. 

Konkurrenz für Siemens

Der Betriebsratschef im Alstom-Werk Salzgitter, Thomas Ueckert, wies bereits auf erhebliche Überschneidungen bei Regionalzügen sowie bei U- und Straßenbahnen hin und warnte, Alstom könnte künftig verschiedene Arbeiten an Standorten konzentrieren. Laut dem Gewerkschafter könnte dies Salzgitter betreffen, das seinen Status als größtes Werk im Konzern ohnehin an den Alstom-Standort im oberschlesischen Kattowitz verlieren wird. Auch von der IG Metall kam die Warnung, man werde keine einseitige Konsolidierung in Deutschland akzeptieren.

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat inzwischen deutlich gemacht, dass er auf eine Zustimmung der EU-Kommission für die geplante Übernahme der Bombardier-Zugsparte durch Alstom hofft. Mit Bezug auf die untersagte Fusion von Siemens und Alstom sagte Le Maire nach einem ersten Gespräch in Brüssel, die Position der EU-Kommission und der meisten EU-Staaten mit Blick auf das Wettbewerbsrecht habe sich weiterentwickelt. Vestager selbst hat sich bislang öffentlich nicht zu den Übernahmeplänen geäußert. Sollte sie zustimmen, käme auf Siemens’ Bahnsparte eine gewaltige Konkurrenz zu.