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28.02.20 / 150 Jahre Deutsche Bank / Ein deutsches Geldhaus für den deutschen Außenhandel / Am 10. März 1870 genehmigte Preußens König Wilhelm I. das Gründungsstatut des gemessen an der Bilanzsumme und der Mitarbeiterzahl größten Kreditinstituts Deutschlands

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09 vom 28. Februar 2020

150 Jahre Deutsche Bank
Ein deutsches Geldhaus für den deutschen Außenhandel
Am 10. März 1870 genehmigte Preußens König Wilhelm I. das Gründungsstatut des gemessen an der Bilanzsumme und der Mitarbeiterzahl größten Kreditinstituts Deutschlands
Wolfgang Kaufmann

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es für die aufstrebende deutsche Wirtschaft zunehmend kompliziert, Rohstoffe im Ausland zu erwerben. Mangels einer deutschen Außenhandelsbank mussten die Transaktionen in aller Regel über englische Geldhäuser laufen. Ebenso litten auch die deutschen Exporte unter dem Fehlen von Banken, die nicht vorrangig die Interessen anderer Staaten verfolgten. Daher lag es mehr als nahe, eine eigene, nationale Bank zur Abwicklung der Handelsgeschäfte zwischen den deutschen Staaten und dem übrigen Europa sowie überseeischen Märkten zu gründen.

Zu den glühendsten Befürwortern dieses Vorhabens zählte Adelbert Delbrück, seit 1857 Chef des Berliner Geldinstitutes Delbrück, Leo & Co. Der versuchte zunächst, die Führung der renommierten Privatbank Mendelssohn & Co. zur Mitwirkung zu bewegen, was jedoch misslang. Deutlich mehr Gehör fand er bei dem nationalliberalen Unternehmer, Politiker und Bismarck-Anhänger Ludwig Bamberger. Der Spross einer jüdischen Bankiersfamilie kannte die Probleme der deutschen Wirtschaft aus erster Hand, war er doch selbst gezwungen, seine Kreditgeschäfte mit südamerikanischen und ostasiatischen Partnern über ausländische Geldhäuser abzuwickeln.

Bismarck gefiel die Geschäftsidee

Also warben Delbrück und Bamberger in der ersten Hälfte des Jahres 1869 um Unterstützung für ihr Projekt einer Bank zur Finanzierung des deutschen Exports und Imports mit Sitz in Berlin – und zugleich natürlich auch um Gründungskapital. Schließlich konnten sie sieben andere Bankiers überzeugen, darunter Victor Freiherr von Magnus, den neuen Chef des privaten Bankhauses F. Mart. Magnus, das in der Vergangenheit diverse preußische Staatsanleihen auf den Finanzmärkten platziert hatte.

Die neun Bankiers und Unternehmer sowie 58 weitere Persönlichkeiten fanden sich am 22. Januar 1870 zur Gründungsversammlung der Deutschen Bank Aktiengesellschaft zusammen und stellten anschließend bei der preußischen Regierung einen Antrag auf Erteilung der erforderlichen Konzession. Der stieß sofort auf das uneingeschränkte Wohlwollen des Ministerpräsidenten Otto von Bismarck sowie des Handels- und Gewerbeministers Graf Heinrich Friedrich von Itzenplitz, der zugleich die Preußische Bank leitete. Aufgrund der Fürsprache dieser zwei Politiker, welche die Bedeutung des Vorhabens für die nationale Sache und das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands klar erkannt hatten, genehmigte der preußische König Wilhelm I. das Gründungsstatut des Geldhauses durch „allerhöchsten Erlass“ bereits am 10. März 1870. Damit gilt dieser Tag als das offizielle Gründungsdatum der Deutschen Bank.

Deren Aktienkapital betrug zu Beginn fünf Millionen Taler – nach der Reichsgründung im Folgejahr waren das dann 15 Millionen Mark. Das entspricht einem heutigen Geldwert von etwa einer Milliarde Euro. Insgesamt warf die Bank Wertpapiere im Nennwert von zwei Millionen Talern auf den Kapitalmarkt. Aufgrund der enormen Nachfrage kam es bis Ende März 1870 zu einer fast 150-fachen Überzeichnung. Das heißt, es hätten auch Aktien für knapp 300 Millionen Taler verkauft werden können.

Trotzdem wurde die Neugründung vielfach kritisch gesehen, weil man damit unbekanntes Terrain betrat. Besonders tat sich hierbei das Frankfurter Blatt „Der Aktionär“ hervor, das unverhohlen bezweifelte, dass der Kreis um Delbrück und Bamberger über die Kompetenz verfügte, „ein derartiges Institut den modernen Anforderungen entsprechend zu leiten …, selbst wenn es wahr sein sollte, dass die Bank bei den Riffpiraten, den Kaffern und bei den Schwarzfuß-Indianern Kommanditen errichten will“. Das war ein ganzes Stück weit polemisch, denn naheliegenderweise gab es keine Planungen, unter den Bewohnern entlegener Regionen Afrikas und Nordamerikas nach Geschäftspartnern zu suchen. Andererseits entbehrten die Anwürfe nicht jedweder realen Grundlage.

Das zeigt der Blick auf Georg Siemens (ab 1899 von Siemens), der auf Initiative Delbrücks bis 1900 als einer von drei Direktoren und Vorstandssprecher fungierte. Die einschlägigen Erfahrungen des studierten Juristen mit engen Bindungen zur heutigen Siemens AG beschränkten sich auf Verhandlungen mit der persischen Regierung über den Bau einer indo-europäischen Telegrafen-Linie. Deshalb verlief sein Einstieg bei der Deutschen Bank auch ausgesprochen holprig: „Von dem amerikanischen und indischen Bankgeschäft verstehe ich … wenig, ich tue indessen sehr gelehrt und schlage zu Hause heimlich das Konversationslexikon oder ‚Die Kunst in 24 Stunden Bankier zu werden‘ auf, wenn ich ein mir unverständliches Wort höre.“

Weiser Ratschlag Hermann Wallichs

Trotzdem entwickelte sich das Geldinstitut, das ab dem 9. April 1870 in einem baufälligen Mietshaus in der Französischen Straße in Berlin-Mitte residierte, prächtig. So entstanden bis 1873 fünf Filialen in Bremen, Hamburg, London, Schanghai und Yokohama. Erfolgreich machte die Deutsche Bank den Sparkassen Konkurrenz, indem sie nicht mehr ausschließlich als Geldverleiher auftrat, sondern den Wirtschaftsunternehmen zusätzlich die Möglichkeit bot, Konten einzurichten und überschüssige Mittel mit Gewinn anzulegen. Das verschaffte ihr einerseits Liquidität und erleichterte andererseits das Kreditgeschäft, weil die Bank so bestens über die finanzielle Lage ihrer Kundschaft Bescheid wusste.

Die erste größere Bewährungsprobe, den gemeinhin „Gründerkrach“ genannten Einbruch am Finanzmarkt im Jahre 1873, überstand die Deutsche Bank unbeschadet, weil ihre Führung dem Rat des ersten Co-Direktors Hermann Wallich gefolgt war, keinesfalls „den Schwerpunkt unseres Wirkungskreises in der Börse zu suchen“ und „verkappte Speculationen“ zu betreiben – auch wenn dies den Gewinn schmälere. Die Deutsche Bank stünde heute wohl besser da, wenn mehr ihrer späteren Lenker diesen Rat beherzigt hätten.