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28.02.20 / Nordsee / Häuser im Meer / Winter auf den Halligen – Auch bei Orkan kann man es sich als Gast auf den Warften gemütlich machen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09 vom 28. Februar 2020

Nordsee
Häuser im Meer
Winter auf den Halligen – Auch bei Orkan kann man es sich als Gast auf den Warften gemütlich machen
Andreas Guballa

Die Sturmfluten Anfang Februar machten den Halligen im Nationalpark Wattenmeer wenig aus. „Nichts Ungewöhnliches“, sagten die Halligenbewohner, als sie die stürmische See vor ihrer Tür betrachteten, und zogen sich gelassen in ihr Haus auf der Warft zurück.

Die „schwimmenden Träume“, wie „Schimmelreiter“-Autor Theodor Storm die zehn Halligen rund um die Insel Pellworm einst genannt hat, sind einzigartig. Man ist nicht auf dem Festland und auch auf keiner Insel. Typisch für eine Insel wäre, dass das Land dank seiner Deiche dauerhaft aus dem Wasser ragt. Eine Hallig jedoch wird bei Sturmflut überschwemmt, nur die Häuser auf ihren Warften schauen dann noch aus dem Wasser hervor. Wer zu den Halligen hier oben im Norden „Inseln“ sagt, muss übrigens in den Hallig-Gaststätten die nächste Runde ausgeben.

Nur sieben der zehn Halligen – dies sind Langeneß, Hooge, Nordstrandischmoor, Oland, Gröde, Habel, Norderoog, Süderoog, Südfall und Hamburger Hallig – sind ständig bewohnt. Ein beliebtes und viel besuchtes Ausflugs- und Urlaubsziel ist die Hallig Hooge, nicht zuletzt, weil sie unabhängig von Ebbe und Flut gut mit der Fähre zu erreichen ist. Nicht ohne Grund gilt Hooge als die „Königin der Halligen“.

Der dänische König Friedrich VI. musste 1825 wegen eines Unwetters über Nacht bleiben. Er fand ein Schlafgemach in der guten Stube („Pesel“) des Kapitäns Tade Hans Bandiks – in einem nur 1,60 Meter langen Alkoven. Die Wohneinrichtung aus dem Jahr 1760 zeugt noch heute vom Wohlstand der damaligen Seefahrer-Ära. Ein paar Schritte entfernt warten das liebevoll eingerichtete Heimatmuseum auf der Hanswarft und die fast 400 Jahre alte Backsteinkirche mit originellen Schnitzereien. Eine Tafel zeigt die Wasserstände der letzten hohen Fluten.

Auch Oland, Gröde und Nordstrandischmoor bieten Ausflugslokale und Unterkünfte für Gäste an. Die größte der kleinen Marschinseln mit etwa 

21 Warften und 140 Einwohnern ist Langeneß. Mehrmals im Jahr wird die Hallig komplett überspült. Dann heißt es „Land unter“ – für die Hallig-Bewohner nichts Neues, für die „Festländer“ aber ein Naturspektakel. Am Bekanntesten wurde das „Land unter“ im Jahr 1962, als die legendäre Sturmflut den Einwohnern buchstäblich bis zum Hals stand. Heute ist eine Gefahr unwahrscheinlich, da Schutzmaßnahmen Verheerendes verhindern. 

Für Malte Karau, Inhaber des Vier-Sterne-Hotels Anker’s Hörn, gehört das Naturereignis schon fast zum Alltag. Mit seiner Frau Virginia und der gesamten Familie hat er alles im Griff, wenn ihre Hallig wieder überspült werden sollte. „Wir sind komplett ausgestattet mit Sandsäcken, Schotten, Wasserabweisern. Für unsere eigenen Rinder und Schafe haben wir natürlich auch Notställe. Also alles, was wir brauchen, um wieder trocken zu sein“, so Karau, der auf Langeneß geboren wurde. Vom Anker’s Hörn aus, das etwa fünf Meter über dem Meer auf der Mayenswarft liegt, haben Gäste einen freien Blick auf die See. 

„Insbesondere Großstädter sind von unserem ,Land unter‘ fasziniert und fragen bei der Buchung auch meist nach, ob sich das Naturspektakel angekündigt hat“, erzählt Virginia Karau, deren Torten im Hotel legendär sind. Aus diesem Grund informieren die Gastgeber des Anker’s Hörn übers Internet kurzfristig, wann das nächste Naturereignis stattfindet. Bereits im zehnten Jahr findet auf Langeneß von Mai bis September die Konzertreihe „Kultur auf den Halligen“ statt. Bekannte Musiker und Gruppen wie Torfrock, Illegal 2001 oder Kai und Thorsten Wingenfelder treten dann bei sehr intimen Konzerten im Schafstall auf.

Die meisten Halligen werden von Schiffen angesteuert – allerdings in der Regel nur während der Saison von April bis Oktober. Schon die Überfahrt ist für viele Besucher ein Erlebnis. Zu manchen Halligen können Bewohner und Besucher bei Ebbe zu Fuß durch das Watt laufen, etwa nach Nordstrandischmoor. Ausgangspunkt ist der Ort Lüttmoorsiel im Beltringharder Koog nördlich von Husum. Aber Vorsicht: Das Wasser kommt bei einsetzender Flut sehr schnell und –vor allem für Festländer – unberechenbar zurück. Deswegen sollten Besucher immer mit einem Wattführer unterwegs sein und das Wetter genau beobachten.

b Anreise: Von Schlüttsiel verkehren Fähren nach Gröde, Hooge, Langeneß, Oland. In Dagebüll beginnt die Lorenbahn nach Oland. Nordstrandischmoor erreicht man mit der Lorenbahn ab Lüttmoorsiel. www.halligen.de, www.kulturaufdenhalligen.com, Unterkunft: www.ankers-hoern.de