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06.03.20 / Christian Lindner / Manchem Parteifreund ist er zu rechts / Die Kommunalwahl in Bayern am 15. März könnte dem FDP-Bundesvorsitzenden zum Verhängnis werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10 vom 06. März 2020

Christian Lindner
Manchem Parteifreund ist er zu rechts
Die Kommunalwahl in Bayern am 15. März könnte dem FDP-Bundesvorsitzenden zum Verhängnis werden
Peter Entinger

Die alte Steigerung „Feind, Todfeind, Parteifreund“ trifft wohl auf kaum eine Partei besser zu als auf die FDP. Guido Westerwelle konnte ein Lied davon singen, später auch Philipp Rösler. Und nun ist Christian Lindner an der Reihe. Ausgerechnet der, der nach dem Wahldesaster 2013 gemeinsam mit Altmeister Wolfgang Kubicki die Scherben zusammenkehrte und die Partei vier Jahre später zurück in den Bundestag führte. Doch dass Lindner in der Stunde des Triumphs eine Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen ablehnte, hat ihm von Seiten vieler Journalisten, die gerne eine grüne Regierungsbeteiligung herbeigeschrieben hätten, Unterstützung gekostet. Seit dem Thüringen-Desaster und der verlorenen Hamburg-Wahl werden die Messer gewetzt, alte Rechnungen beglichen. Die Zuträger von Indiskretionen gegen Lindner sitzen auch in den Parteigremien. Offen Stellung bezieht niemand, doch hinter vorgehaltener Hand heißt es, Lindner habe eine „One Man Show“ aus den Liberalen gemacht. 

„Ich würde gerne andere in die Talkshows schicken“, kontert der 41-Jährige, „aber die laden ja immer mich ein.“ Neben Lindner ist Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki der einzig verbliebene bundesweit bekannte Spitzenpolitiker der FDP. 

Erst Jamaika, dann Thüringen 

Schon seit 2013 gibt es ab und an den Vorwurf, Lindner habe die Partei nach rechts geführt. In der Tat hat der Ober-Liberale allzu große multikulturelle Träumereien stets vermieden, in EU-Fragen heimliche Signale Richtung AfD-Wählerschaft gesendet. Lieblingsgegner waren und sind die Grünen. 

Doch das stößt auf Wiederstände. Der Altliberale Gerhart Baum, der sich immer wieder kritisch zum Zustand seiner Partei äußert, fordert gegenüber dem „Handelsblatt“ eine inhaltliche Neuausrichtung. „Die FDP muss jetzt nachdenken, wer sie eigentlich ist. Diese Kursbestimmung hätte es schon ohne Thüringen geben müssen. Nun ist die Dringlichkeit besonders groß. Es geht nicht nur um den Wirtschaftsstandort Deutschland, es geht auch um den Demokratiestandort Deutschland.“ Zwar geht Baum mit dem, was seine Kritiker als Besserwisserei brandmarken, vielen in der Partei auf die Nerven. Doch der von ihm geforderte Linkskurs findet Gefallen bei der jüngeren Parteigeneration. 

Der Bundestagsabgeordnete und niedersächsische Generalsekretär Konstantin Kuhle präsentiert sich in den sozialen Netzwerken als besonders eifriger Kämpfer gegen die AfD. Darin enthalten sind Forderungen nach einer Umkehr in der Umweltpolitik und eine Hinwendung zu sozialen Fragen. Kuhle war lange Jahre Vorsitzender der Jungen Liberalen. Seine Nachfolgerin Ria Schröder haut in dieselben Kerben, spricht von „roten Linien“, die ihre Partei ziehen müsse. Etwa mit einem Parteibeschluss, dass FDP-Politiker ein Amt künftig nicht annehmen dürfen, wenn die Wahl ohne die Unterstützung der AfD nicht möglich gewesen wäre – so wie in Thüringen. 

Ungemach droht Lindner vor allem aus dem eigenen Landesverband. Der Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel, ebenfalls ein Ex-Juli, sowie Vorsitzender des nordrhein-westfälischen Landesverbandes Joachim Stamp fielen ihm und dem thüringischen Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich unmittelbar nach dessen Wahl in den Rücken. 

Der Parteichef verweist stoisch darauf, dass er noch eineinhalb Jahre gewählt ist. Doch die Kommunalwahlen in Bayern könnten ihm einen Strich durch die Rechnung machen, denn dort droht der Partei ein Desaster. Eine aktuelle Umfrage sieht die FDP im Freistaat bei nur noch drei Prozent. Außer Frage steht, dass Lindner als Sündenbock für entgangene Mandate herhalten müsste. Und wenn es um die eigene Karriere geht, waren Liberale noch nie zimperlich. Westerwelle und Rösler lassen grüßen.