19.04.2024

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06.03.20 / „wokeness“ / Wohlfühlen durch Anprangern / Aus den USA kommt eine neue Blüte der politisch-moralischen Bigotterie nach Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10 vom 06. März 2020

„wokeness“
Wohlfühlen durch Anprangern
Aus den USA kommt eine neue Blüte der politisch-moralischen Bigotterie nach Deutschland
Norman Hanert

Als Barack Obama im vergangenen Herbst warnte, jugendlicher Aktivismus sei heutzutage allzu oft auf das Anprangern anderer Menschen fokussiert, erregte dies nicht nur in den Reihen der US-Demokraten Aufmerksamkeit. Auch aus dem konservativen Lager kamen wohlwollende Kommentare. Angesprochen hatte der ehemalige US-Präsident in seiner Diskussion mit der Schauspielerin und Harvard-Studentin Yara Shahidi sowie anderen jungen Aktivisten über Führungskultur und Graswurzel-Bewegungen, wie junge Politikaktivisten soziale Medien nutzen, um andere zu verurteilen und sich selbst dabei besser zu fühlen. „Schau, wie woke (wach, aufgeweckt) ich war, ich habe dich angeprangert“, so die Beschreibung Obamas. Schon als amtierender Präsident hatte Obama im Jahr 2016 an der Howard University die zuhörenden Studenten dazu aufgefordert, auch andere Meinungen anzuhören und nicht „niederzuschreien“. 

Tatsächlich macht sich in den Vereinigten Staaten schon seit einigen Jahren gerade an den Universitäten immer mehr ein Phänomen breit, das Obama mit der Erwähnung des Wortes „woke“ konkret ansprach. Der Begriff „Wokeness“ soll nach dem Selbstverständnis von Aktivisten für eine permanente Wachsamkeit für soziale Gerechtigkeit, gegen Diskriminierung und Rassismus stehen. In der „Neuen Zürcher Zeitung“ beschrieb Simon M. Ingold das Phänomen „Wokeness“ hingegen als eine „gesteigerte Form der Political Correctness“. Seinen Ursprung hat das Konzept von „Wokeness“ in der Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen. Über die etablierten Medien sowie prominente Größen der Popkultur und der Unterhaltungsbranche hat die Entwicklung allerdings inzwischen längst auch in der weißen Mittelschicht Fuß gefasst. 

Niederbrüllen

Die extremen Auswüchse werden insbesondere an den Universitäten der USA sichtbar. Studenten demonstrieren nicht nur gegen die vermeintliche Stereotypisierung von Minderheiten. Sie schaffen es auch, Hochschulleiter aus dem Amt zu vertreiben, die nicht das von ihnen erwartete gesteigerte Problembewusstsein aufzeigen. Stein des Anstoßes kann dabei schon sein, wenn sich andere Studenten zu einer Kostümparty als Mexikaner verkleiden und damit angeblich ein „unsensibles“ Verhalten gegenüber Minderheiten zeigen. Die neue Prangerkultur hat längst auch Elite-Universitäten wie Harvard, Yale, Stanford und Princeton erreicht. 

Sitzblockaden

Der Siegeszug von „Wokeness“ hat an vielen Universitäten inzwischen ein Stadium erreicht, in dem die Freiheit von Lehre und Forschung ebenso gefährdet ist wie auch die weltweite Spitzenstellung der die sogenannte Ivy League bildenden acht privaten Elitehochschulen von Brown, Columbia, Cornell, Dartmouth, Harvard, Princeton, Pennsylvania und Yale. Ähnlich wie dies auch in Deutschland bei den massiven Störungen der Vorlesungen des AfD-Gründers Bernd Lucke an der Universität Hamburg zu beobachten war, versuchen auch in den Vereinigten Staaten junge Aktivisten die freie Meinungsäußerung zu verhindern, sobald an den Universitäten abweichende Ansichten vertreten werden. Durchgesetzt wird dies nicht nur durch Niederbrüllen, sondern auch mit Sitzblockaden und Gewalt.