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06.03.20 / Venezuela / Wahl zwischen Pest und Cholera / Gegenpräsident Juan Guaidó kann von den Schwächen des Maduro-Regimes kaum profitieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10 vom 06. März 2020

Venezuela
Wahl zwischen Pest und Cholera
Gegenpräsident Juan Guaidó kann von den Schwächen des Maduro-Regimes kaum profitieren
Bodo Bost

Nachdem mehr als 60 Staaten einschließlich der Bundesrepublik den damals fast unbekannten 35-jährigen Präsidenten der Nationalversammlung, Juan Guaidó, als Interimspräsidenten von Venezuela anerkannt hatten, schienen die Tage von Diktator Nicolás Maduro gezählt. Die USA drohten offen mit einer Militärintervention gegen Venezuela und riefen die Streitkräfte des südamerikanischen Landes zum Putsch gegen Maduro auf.

Korruption auf beiden Seiten

Seit Guaidós Proklamation zum Interimspräsidenten vor einem Jahr hat sich die Krise des politischen Systems in Venezuela noch verschärft. Immer mehr einstige Anhänger verlassen Maduro trotz des damit verbunden Privilegienverlustes. Maduro umwirbt in seiner Not jetzt sogar Kapitalisten und obskure religiöse Kräfte, um die vor mehr als 20. Jahren von Hugo Chávez initiierte Bolivarische Revolution noch zu retten. Venezuela versinkt immer tiefer in Armut, in Korruption und Verbrechen. Jedes dritte Kind ist unterernährt. Viele Menschen kämpfen tagtäglich ums Überleben. Eine Hyperinflation verschluckt den Wert des Geldes. Der Mindestlohn ist auf 1,50 US-Dollar gesunken. Die Stromversorgung im Land ist teilweise zusammengebrochen, ebenso die Kommunikationsnetze. Das Einzige, was funktioniert, ist die Korruption. Nur durch Korruption können viele Menschen überleben. Unter Präsident Maduro ist die Korruption zur Staatsräson geworden.

Massenunterstützung eingebüßt

Trotz der damit einhergehenden Risse ist das System Maduro aber noch nicht gestürzt. Zu sehr hat in diesem einen Jahr auch der selbsternannte Interimspräsident Guaidó an Sympathien verloren, seine Bewegung an Zusammenhalt und Mobilisierungskraft eingebüßt. Die anfängliche Massenunterstützung für Guaidó nahm im Laufe des letzten Jahres immer mehr ab. Im Januar und Februar hatte er noch Hunderttausende Menschen zu Protestkundgebungen mobilisieren können und dabei von der Erwartung profitiert, dass er als „sauberes“ neues Gesicht mit der in Venezuela herrschenden Korruption aufräumen würde. Es dauerte jedoch nicht lange, bis auch in seinem engsten Umfeld Korruptionsvorwürfe aufkamen. Auch wenn Guaidó weiterhin die Hoffnung vieler Venezolaner verkörpert, ist seine Beliebtheit doch spürbar zurückgegangen. Viele Menschen hatten nunmal die Hoffnung auf einen schnellen Wandel, und diese Hoffnung wurde enttäuscht.