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06.03.20 / Hohe Wohnkosten / Deutsche flüchten in die Speckgürtel / Nachdem über viele Jahre die Metropolen die meisten Neubürger anlockten, geht es nun verstärkt wieder ins Umland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10 vom 06. März 2020

Hohe Wohnkosten
Deutsche flüchten in die Speckgürtel
Nachdem über viele Jahre die Metropolen die meisten Neubürger anlockten, geht es nun verstärkt wieder ins Umland
Norman Hanert

Immer mehr Deutsche ziehen wegen steigender Mietpreise und einem knappen Angebot an Wohnraum in den Metropolen ins Umland großer Städte. Nach Erkenntnissen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Statistischen Bundesamtes (Destatis) haben Berlin, Hamburg und München im Jahr 2018 die meisten Einwohner ans Umland verloren. Unterm Strich verließen allein die Stadt Berlin 15 000 Menschen. 

Vom Wegzug aus der Hauptstadt stark profitieren konnte die Mark Brandenburg, zum Teil aber auch Mecklenburg-Vorpommern. Auch München verlor Netto 13 000 Bürger. Gemessen an der Bevölkerungszahl war diese Abwanderungsbewegung noch deutlich stärker als in Berlin. Die Forscher stellten zudem fest, dass die Stadtflucht nicht nur eine Angelegenheit der großen Millionenmetropolen ist. Der Trend hat inzwischen auch kleinere Großstädte erreicht, im Westen wie im Osten der Republik. Betroffen sind zudem Universitätsstädte wie Göttingen, Heidelberg oder Münster. Stark geprägt ist die Abwanderungsbewegung von der Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen.

Auch kleinere Städte betroffen

Nikola Sander, Forschungsdirektorin für Migration und Mobilität des BiB, nennt als wichtige Triebkräfte dieser Entwicklung die stark gestiegenen Wohnkosten und die Knappheit an Wohnraum in den Städten. Stark betroffen sind insbesondere Familien, die im Vergleich zu Alleinstehenden naturgemäß einen höheren Bedarf an Wohnraum aufweisen. Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hatte sich bereits vergangenes Jahr mit der Abwanderung aus den deutschen Großstädten beschäftigt. Um ein genaues Bild zu erhalten, untersuchten die Kölner Forscher für ihre Studie insbesondere die Wanderungsbewegung deutscher Staatsangehöriger. 

Dabei zeigte sich, dass vor allem Familien mit deutscher Staatsangehörigkeit die teuren Großstädte in auffallend großer Zahl verlassen. Die großen Ballungszentren sind nach den Erkenntnissen des IW dagegen für Studenten und Berufseinsteiger, Zuwanderer aus dem Ausland und auch für Asylbewerber weiterhin attraktiv. Aus Sicht des IW-Immobilienmarktexperten Ralph Henger wird sich der Trend zur Flucht aus den Zentren auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Für den Ökonomen Henger wird mit dieser Entwicklung das Umland von Städten und auch der ländliche Raum nicht nur für private Haushalte, sondern auch für Unternehmen wieder attraktiver. Vereinzelt zeigen sich inzwischen aber auch schon erste Abwehrreaktionen auf den Wegzug aus den Metropolen.

Ort wehrt sich gegen Neubauten

Bundesweite Beachtung fand beispielsweise vor Kurzem ein Beschluss des Stadtparlaments der Kleinstadt Velten im märkischen Kreis Oberhavel. Der Ort mit 12 000 Einwohnern liegt nördlich von Berlin, nur wenige Kilometer hinter der Stadtgrenze der Millionenmetropole. In der Veltener Stadtverordnetenversammlung setzte die Bürgervereinigung „Pro Velten“ zusammen mit AfD, CDU und NPD eine Begrenzung des Wohnungsneubaus in ihrer Gemeinde durch. Ein zweiter Beschluss enthielt eine Absage an Pläne, den Ort an das Berliner S-Bahnnetz anzuschließen. 

Begründet war einer der Anträge mit der Sorge, durch weiteren Zuzug drohe der Stadt ein „Identitätsverlust“, schon jetzt könne man „eine zunehmende Entfremdung der Einwohner feststellen“. Der Vorsitzende von „Pro Velten“, Marcel Siegert, sagte zu den Anträgen seiner Fraktion, es gehe nicht darum, „alles zu stoppen“, sondern darum, eine behutsamere Stadtentwicklung zu erreiche.