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06.03.20 / Zum 90. Todestag am 11. März / Literaturhistoriker Alfred Biese / Seine „Deutsche Literaturgeschichte“ in 3 Bänden erreichte eine Auflage von über 100.000

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10 vom 06. März 2020

Zum 90. Todestag am 11. März
Literaturhistoriker Alfred Biese
Seine „Deutsche Literaturgeschichte“ in 3 Bänden erreichte eine Auflage von über 100.000
Martin Stolzenau

Ludewig Alfred Karl Julius Adolf Biese stammte von der Insel Rügen, machte als Pädagoge und Literaturhistoriker Karriere und hatte seine Hauptwirkungsstätten in Schleswig-Holstein und im Rhein- Main-Gebiet. Er erreichte als geistiger Repräsentant des deutschen Bildungsbürgertums mit einigen Schriften über seinen Tod vor 90 Jahren hinaus eine beträchtliche Nachwirkung. Die diesbezügliche Palette reichte von Werken über Theodor Storm sowie Johann Wolfgang von Goethe, den zwei Hauptpolen seiner schöngeistigen Bemühungen, über Untersuchungen zum Naturgefühl in der Antike sowie zur Naturschönheit seiner Heimatinsel Rügen bis zur dreibändigen „Deutschen Literaturgeschichte“, seinem Hauptwerk.

Biese wurde am 25. Februar 1856 in Putbus auf Rügen geboren. Sein Vater wirkte am Pädagogium der Stadt als Oberlehrer, genoss den Ruf eines namhaften Aristotelesforschers sowie überzeugten Hegelianers und war recht eng mit Alexander von Humboldt befreundet, der wiederholt im Biesehaus am Rand des fürstlichen Parkes Gast war. Da war die frühe schöngeistige Orientierung des Jungen nur folgerichtig, der nach dem heimischen Schulabschluss nacheinander in Bonn, Greifswald sowie Kiel klassische Philologie und Germanistik studierte. 1878 promovierte der aufstrebende Schöngeist. Anschließend war Biese an den Gymnasien von Kiel und Schleswig als Lehrer tätig. Er profilierte sich hier als Schulpraktiker, schloss Freundschaft mit regionalen Gesinnungsfreunden wie Detlef von Liliencron, Klaus Groth sowie Theodor Storm und betrat mit eigenen Beiträgen das schriftstellerische Parkett. Besonders eng wurde der Kontakt zwischen dem jungen Biese und dem alternden Storm. Der Schöngeist von der Insel Rügen veröffentlichte einige Schriften über den verdienstvollen Dichter wie „Theodor Storm und der moderne Realismus“ und sorgte später zur Freude der Stormtochter für die Herausgabe „Sämtlicher Werke in 14 Bänden“. 

Dazu beschäftigte er sich wie sein Vater auch als Autor intensiv mit der Antike. Das reichte von „Die Entwicklung des Naturgefühls bei den Griechen und Römern“ bis zu seiner bekrönenden „Philosophie des Metamorphosischen“. Biese war der erste Literaturhistoriker, der das Naturgefühl in der Antike, im Mittelalter und in der Neuzeit vergleichend analysierte. Dabei erschloss er, dass in allen Zeiten ähnliche Naturempfindungen bestanden und literarisch verarbeitet wurden. Damit erlangte er erste Bekanntheit. 

Biese, der zunächst mit seiner Jugendliebe Emma Coupez verheiratet war, gehörte 1896 als Schleswiger zum Kreis der Besucher von Fürst Otto von Bismarck im Sachsenwald. Das persönliche Erlebnis schlug in Bewunderung um, veranlasste ihn zu einer tieferen Beschäftigung mit dem Wirken des Exkanzlers und wurde durch einige Bismarck-Veröffentlichungen bekrönt. 

Dann wurde der erfolgreiche Schulmann und Schriftsteller ab 1899 nacheinander an die Gymnasien von Koblenz und Neuwied versetzt, ehe er 1913 als Gymnasialdirektor nach Frankfurt am Main kam. Die Jahre im Rhein-Main-Gebiet führten ihn verstärkt zu Goethe. Biese hielt für die „Gesellschaft der Goethefreunde“ Vorträge über den Dichterfürsten und veröffentlichte entsprechende Schriften. Daneben trat das Projekt einer „Deutschen Literaturgeschichte“ in den Vordergrund. Sie umfasste schließlich drei Bände, wurde mehrfach von ihm aktualisiert und erlebte über seinen Tod hinaus über 25 Nachauflagen. Das Werk ist kein Nachschlagewerk im üblichen Sinne, sondern eher eine in volkstümlicher Sprache abgefasste Erzählung. Biese, der nach dem Tod seiner ersten Frau mit Mary Elinor Gladstone, einer Verwandten des gleichnamigen englischen Staatsmannes, verheiratet war, weilte lebenslang regelmäßig auf Rügen. Das war und blieb seine Heimat. 

1921 trat er als Gymnasialdirektor in den Ruhestand. Fortan widmete er sich ausschließlich seinem schöngeistigen Hobby. Darüber verstarb Biese am 11. März 1930 in Bonn. Bis dahin war seine „Literaturgeschichte“ mit 100 000 Exemplaren verkauft. Er wurde 74 Jahre alt. Seine letzte Ruhe fand er wunschgemäß im heimischen Putbus auf Rügen. Im zweiten Band der „Pommerschen Lebensbilder“ von 1936 ist dem herausragenden Rüganer ein umfangreicher Beitrag mit Foto gewidmet.