20.04.2024

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13.03.20 / Politische Führung Gilt die „Doppelspitze“ aus getrennter Kanzlerschaft und Parteivorsitz inzwischen als modern, so zeigt ein Blick zurück, dass der Erfolg eher in der Personalunion liegt / Mangel an innerparteilichem Rückhalt / Mit der Ämterteilung in der Ära „AKK“ machte die CDU ähnlich schlechte Erfahrungen wie zuvor die SPD

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11 vom 13. März 2020

Politische Führung Gilt die „Doppelspitze“ aus getrennter Kanzlerschaft und Parteivorsitz inzwischen als modern, so zeigt ein Blick zurück, dass der Erfolg eher in der Personalunion liegt
Mangel an innerparteilichem Rückhalt
Mit der Ämterteilung in der Ära „AKK“ machte die CDU ähnlich schlechte Erfahrungen wie zuvor die SPD
Erik Lommatzsch

Beide haben eine Wahl gewonnen, doch die Ergebnisse hätten unterschiedlicher kaum sein können. Im März 2017 wurde Martin Schulz mit 100 Prozent der gültigen Stimmen zum SPD-Parteivorsitzenden gewählt. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Im Dezember 2018 setzte sich Annegret Kramp-Karrenbauer mit nur knapp 52 Prozent der Delegierten-Stimmen gegen Friedrich Merz bei der CDU durch. 

Schulz und Kramp-Karrenbauer waren somit informell auch für die jeweilige Kanzlerkandidatur ihrer Parteien nominiert. Gemeinsam ist ihnen ebenso, dass sie auf dem Weg zum Amt des Regierungschefs scheiterten. Beide hatten nicht den Deut einer Chance. Schulz erreichte bei der letzten Bundestagswahl für die SPD mit 20,5 Prozent das schlechteste Wahlergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik. Kramp-Karrenbauer schaffte es gar nicht erst bis zur 2021 anstehenden Wahl. Sie kündigte bereits nach einem reichlichen Jahr CDU-Parteiführung ihren Rückzug an. Den konkreten Ausschlag gaben die Vorgänge der Thüringer Ministerpräsidentenwahl vom Februar 2020, entscheidend war jedoch der von Anfang an fehlende innerparteiliche Rückhalt.

Negativrekorde bei SPD und CDU

Die SPD blickt seit fast drei Jahrzehnten auf eine recht große Anzahl von Vorsitzenden. Einige davon mit sehr kurzen Amtszeiten und nicht immer gütlichen Abgängen. Björn Engholm musste 1993 wegen Falschaussagen in der sogenannten Barschel-Affäre zurücktreten. Rudolf Scharping wurde 1995 von seinem Parteifreund Oskar Lafontaine nach zwei Jahren weggeputscht. Lafontaine seinerseits trat 1999 überraschend von allen Ämtern zurück, nachdem ihn Bundeskanzler Gerhard Schröder noch kurz zuvor zum „Superminister“ gemacht hatte. Franz Müntefering fungierte 2004/05 sowie 2008/09 quasi aushilfsweise als Parteivorsitzender. Dazwischen amtierten Matthias Platzeck und Kurt Beck, die der Position nicht gewachsen waren. Nachdem Siegmar Gabriel die Parteiführung relativ lange innehatte, war Andrea Nahles bis Mitte letzten Jahres die bislang letzte alleinige Vorsitzende. Seitdem setzen die Sozialdemokraten auf „Teams“ und „Doppelspitzen“. Im Zuge des Prozesses der Abstimmung im Sommer und Herbst 2019 verlor die SPD weiter in der allgemeinen Wählergunst. Der einzige bundespolitisch prominente Bewerber um einen Führungs-Duo-Platz, Finanzminister Olaf Scholz, kam bei den Genossen nicht zum Zuge.

Innerparteiliche Auseinandersetzungen um den Vorsitz der CDU waren bis vor Kurzem ein Thema für die Geschichtsbücher. 1971 war Helmut Kohl erfolglos gegen Rainer Barzel angetreten. Dies sollte bis 2018 das letzte Mal sein, dass es mehrere Kandidaten gab. 1973 wurde dann Kohl gewählt; er verblieb bis 1998, bis zum Ende seiner Kanzlerschaft im Amt des Parteivorsitzenden. Nach einem kurzen Intermezzo durch Wolfang Schäuble, der wegen der ungeklärten Spenden an die CDU zurücktreten musste, übernahm Angela Merkel den Parteivorsitz bis 2018. 

Seit der knappen Wahl Kramp-Karrenbauers hat sich die CDU in ein ähnliches Fahrwasser wie die SPD begeben. Einen in großen Teilen der Partei konsensfähigen Kandidaten gibt es nicht. Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Armin Laschet werden Ende April jeweils genug Stimmen auf sich ziehen, um die ohnehin angeschlagene Partei weiter zu zerreißen; egal, wer das Rennen um den Vorsitz macht. Anfang März lag die Union in der sogenannten Sonntagsfrage bei 26 Prozent, ihrem schlechtesten Wert überhaupt. Der innerparteiliche Wahlkampf dürfte erheblich dazu beigetragen haben.