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13.03.20 / Kolumne / Türkische Erpressung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11 vom 13. März 2020

Kolumne
Türkische Erpressung
Florian Stumfall

Der Pakt zwischen der Europäischen Union und der Republik Türkei bezüglich der Asylsucher, die von dort nach Europa drängen, ist gescheitert. Er wurde durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdo?an dadurch faktisch außer Kraft gesetzt, dass er verkündete, die Grenze sei für jedermann offen, ohne indes dem Irrtum vorzubeugen, dies gelte für die griechische Seite ebenso wie für die türkische. Erdo?an rundete diese Maßnahme dadurch ab, dass er systematisch Migranten an die Grenze zu Griechenland transportieren ließ – ein Bubenstück, wie man ein solches im allgemeinen Erpressung nennt. Denn so viel scheint offenkundig: Erdogan will von der Europäischen Union mehr Geld.

Aus griechischer Sicht betrachtet stellt sich die Frage, wie man den Ansturm abwehren soll. Denn mit den ersten Migranten, die am Grenzfluss Evros auftauchten, wurde auch die Erinnerung an das Jahr 2015 wach, in dem die unselige Migrationspolitik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zu einer wahren Völkerwanderung geführt hatte. 

Dieser Rückblick offenbart auch eine auffällig unehrliche Beurteilung der damaligen Ereignisse durch die deutsche Politik und ihre Medien. Der allgemeine Tenor lautet: Was damals geschehen ist, die Grenzöffnung für jedermann, war rechtens und richtig, darf sich aber nicht wiederholen. Gleichwohl gibt es viele unbeirrte Befürworter einer Grenzöffnung, nicht nur bei den Grünen; und deren Strategie kulminiert in dem Vorwurf, durch eine rigorose Zurückweisung setze Griechenland das Asylrecht außer Kraft, und das sei ein Akt wider die Menschenrechte.

Das Asylrecht gilt nur bedingt

Das macht es notwendig, einen genaueren Blick auf das Asylrecht und seine Beschaffenheit zu werfen. Und hier muss die erste Feststellung lauten: Das Asylrecht ist kein Menschenrecht. Diese sind jedem eigen durch Geburt; es sind dies das Recht auf Leben, körperliche Unversehrt­heit, freie Meinung, Recht auf Eigentum und wenige andere mehr. Diese Rechte gelten unbedingt, das heißt, sie sind von keiner Voraussetzung abhängig, denn sie leiten sich unmittelbar aus der Natur des Menschen her. So jedenfalls die Auffassung der westlichen Philosophie- und Rechtstradition.

Das Asylrecht aber gilt nur unter bestimmten Voraussetzungen und ist daher bedingt. Sind die Voraussetzungen nicht gegeben – nämlich die gegenwärtige Verfolgung einer bestimmten Person aus unzulässigen Gründen – so besteht kein Anspruch auf Asyl. Wer wegen einer Straftat verfolgt wird, kann sich ebenso wenig auf das Asylrecht berufen wie ein anderer, der sich in Europa ein bequemeres Leben erhofft, als er es zu Hause hat. Ingleichen setzt die Gewährung des Asyls voraus, dass der Petent unmittelbar aus dem Machtbereich kommt, in dem er bedroht wird.

Was nun Deutschland angeht, so ist das Land von lauter Nachbarn umgeben, die als rechtsstaatlich unbedenklich gelten dürfen. Die Frage nach Asyl sollte sich hierzulande daher auf die wenigen Fälle beschränken, in denen ein Asylsuchender per Flug ankommt. Wer, nachdem er schon weitere Länder passiert hat, an der französischen Grenze nach Asyl in Deutschland ansucht, hat dazu ebenso wenig Recht wie einer an der bayerisch-österreichischen. Wo das Asylrecht besteht, bedeutet es Schutz vor Verfolgung, nicht das Recht, sich ein Land seiner Wahl auszusuchen.

Wie aber verhält es sich mit Griechenland und der Türkei? Die deutsche Linke beklagt die griechische Haltung den Migranten gegenüber. Dabei gibt es keinen Anlass, am Charakter der Türkei als einem sicheren Herkunftsland zu zweifeln. Zumindest muss man das zugrunde legen, wenn man die offizielle Politik der EU Ankara gegenüber wertet. Die Türkei befindet sich seit 1996 in einer Zollunion mit der EU und ist seit 1999 als offizieller Beitrittskandidat anerkannt. Zwar hat sich 2016 das EU-Parlament für ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen ausgesprochen, aber das ist für die Kommission nicht bindend, und zum Ende dieses Jahres wird die Gemeinschaft an Ankara gegen acht Milliarden Euro an „Heranführungshilfen“ gezahlt haben.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Politik der EU Ankara gegenüber ist in sich stringent und wohlbegründet, dann sind Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der Türkei nicht erlaubt. Oder aber es bestehen solche Zweifel, dann hätte sich die Politik der EU ad absurdum geführt.

Abwehrschlacht am Evros

Für Griechenland müsste das bedeuten, dass es das Asylbegehren eines in der Türkei verfolgten Türken prüfen müsste. In keinem Fall aber wäre davon die Notwendigkeit abzuleiten, Griechenland müsste ebenso die Ansuchen von Syrern, Irakern, Afghanen und Schwarzafrikanern prüfen, die über die Türkei kommen und dort teilweise über Jahre ein unangefochtenes Leben geführt haben. Familien, die in der Türkei ihre Kinder aus der Schule nehmen, um nach Europa aufzubrechen, können eine Verfolgung ebenso wenig glaubhaft machen wie Asylanten in Deutschland, die in ihren Herkunftsländern Urlaub machen.

Die Abwehrschlacht am Evros hat noch einen weiteren Aspekt. Warum, so lautet die Frage, ziehen die überwiegend mohammedanischen Karawanen alle in Richtung Europa, wo sie es doch in die Länder gleichen Glaubens sehr viel näher hätten? Wieso sehnt sich der verfolgte Iraki nicht nach Saudi-Arabien? Und wieso wird er überhaupt verfolgt, wo doch die USA in zwei blutigen Kriegen und mit einer Unzahl von Bomben dort Demokratie und Freiheit eingerichtet haben? Oder warum geht der Schiit aus Mesopotamien nicht in den Iran, der Afghane nicht in die Emirate, wo er mit der Hilfsbereitschaft seiner Glaubensbrüder sollte rechnen dürfen?

Natürlich: Die missverstandene und daher überdehnte Vorstellung von einem Asylrecht für alle weckt Begehrlichkeiten und fördert den massenhaften Missbrauch. Nirgendwo kann man aus den Lasten der Vergangenheit mehr Münzen schlagen als in Europa und in Deutschland gar. Allerdings geht das zu Lasten nicht nur der Europäer und der Deutschen in Sonderheit, sondern auch derer, die tatsächlich ein Recht auf Asyl hätten.

Der Autor ist ein christsoziales Urgestein und war lange Zeit Redakteur beim „Bayernkurier“.