24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
13.03.20 / Viktor Emanuel II. / Italiens Pendant zu Wilhelm I.

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11 vom 13. März 2020

Viktor Emanuel II.
Italiens Pendant zu Wilhelm I.
Manuel Ruoff

Italiener und Deutsche gelten als sogenannte verspätete Nationen. Im Gegensatz zu den Bewohnern der kontinentalen Flügelmächte Frankreich und Russland sowie der Engländer beziehungsweise Briten auf ihrer Insel lebten sie lange in kleinstaatlicher Zersplitterung. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekamen jedoch auch sie im Abstand von nur einem Jahrzehnt ihren Nationalstaat, das Königreich Italien beziehungsweise das Deutsche Reich. 

Italiens Pendant zum Königreich Preußen als Kernstaat war das Königreich Sardinien. Otto von Bismarcks italienische Entsprechung als Regierungschef des Kernstaates und des neuen Nationalstaates sowie politischer und diplomatischer Kopf der Einigung war Camillo Benso von Cavour. Und Wilhelms I. Gegenstück vom Stiefel als Herrscher des Kernstaates und dann des jungen Nationalstaates war schließlich Viktor Emanuel II. Hier gibt es allerdings einen wichtigen Detailunterschied. Während Wilhelm auch nach der Kaiserproklamation in Versailles preußischer König blieb, weil die deutschen Fürstentümer die Reichseinigung überlebten und als Staaten – wenn auch als Bundesstaaten mit eingeschränkter Souveränität – fortexistierten, ging Viktor Emanuels altes Königreich Sardinien in seinem neuen Königreich Italien auf. Das ist ebenso symptomatisch für den stärker zentralistischen Charakter des Königreichs Italien gegenüber dem Deutschen Reich wie die Titel der Monarchen. Dem König von Preußen blieb zu seinem Leidwesen der Titel „Kaiser von Deutschland“ versagt, weshalb er anfänglich sogar auf den Kaisertitel verzichten wollte, während Viktor Emanuel so „König von Italien“ wurde, wie er vorher König von Sardinien gewesen war.

Ähnlich wie Wilhelms rieb sich auch Viktor Emanuels Königreich am Vatikan. Das kann nicht oft genug betont werden, zeigt es doch, wie eindimensional es ist, den Kulturkampf in Preußen auf den konfessionellen Gegensatz zu reduzieren. Und ähnlich wie der Deutsche Kaiser – wenigstens zum Ende von dessen Regentschaft hin – erfreute sich auch der italienische König großer Beliebtheit in der Bevölkerung. Bezeichnungen wie „Padre della Patria“ (Vater des Vaterlandes) oder „Re Galantuomo“ (Gentleman-König) zeugen hiervon. Obwohl der vor 200 Jahren, am 14. März 1820, in Turin geborene Italiener 23 Jahre jünger war als der Deutsche, starb er bereits ein Jahrzehnt früher. Er erlag am 9. Januar 1878 den Folgen einer Erkältungskrankheit.