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13.03.20 / Der Wochenrückblick / Der Kampf geht weiter! / Wie ein Regiefehler das schöne Bild zerreißt und warum uns Corona nur ablenkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11 vom 13. März 2020

Der Wochenrückblick
Der Kampf geht weiter!
Wie ein Regiefehler das schöne Bild zerreißt und warum uns Corona nur ablenkt
Hans Heckel

Die armen Leute: Zwei junge Asylsucher berichten in der „Heute“-Sendung davon, wie gemein die Griechen mit ihnen umgegangen sind: „Sie haben uns unser ganzes Geld und unsere Handys weggenommen“, erzählt der Eine. Nicht zu fassen, möchte man als Zuschauer meinen. Jetzt müssen wir sie ja reinlassen, schon der sozialen Gerechtigkeit wegen. Doch sogleich reißt das schöne Bild, denn leider hat sich in die herzerweichende Szene ein peinlicher Regiefehler eingeschlichen: Der Nachbar des Klageführers hat sein angeblich entwendetes Mobiltelefon sichtbar in der Hand. Als er seinen Kumpel die Geschichte mit den geklauten Handys abspulen hört, fingert er das Gerät hastig und verlegen zur Seite, um es dann „unauffällig“ in seiner Jackentasche verschwinden zu lassen.

Zu seinem Glück hat der Asylsucher in die Kamera eines deutschen Staatssenders gelogen, da wird auf kritische Nachfragen („Geklaut? Und was hat Ihr Freund denn da gerade in der Hand gehabt?“) vornehm verzichtet, wenn die Lüge ins erwünschte Bild passt. Private Nachrichtenkanäle wollen da nicht nachstehen: Wie schon 2015 liefert uns ein solcher Sender lauter Kinderbilder aus dem türkisch-griechischen Grenzgebiet, obwohl die Masse der Asylsucher dort bekanntlich aus jungen Männern besteht. Jungen Männern aus Afghanistan vor allem, nur vier Prozent kommen aus Syrien. Aber auch das spielt jetzt keine Rolle. Im Zweifel kommen dann eben alle irgendwie doch aus Idlib.

Ja, die Griechen. Machen schon wieder alles falsch. Erst blamieren sie das Euro-System und nun führen sie uns vor, wie man Grenzen schließt. Dabei klingt uns Deutschen noch das Wort der Kanzlerin in den Ohren: „Wir können nicht kontrollieren, wer über unsere Grenze kommt.“ Die Hellenen können das offenbar sehr wohl, und tun es frecherweise sogar.

Jetzt rächt es sich, dass wir keine gemeinsame deutsch-türkische Grenze mehr haben. Damals, im 16. und 17. Jahrhundert, waren das Römisch-Deutsche Reich und das Osmanen-Imperium nur durch einen schmalen Streifen namens „Habsburgisch Ungarn“ voneinander getrennt. Unsere Vorfahren hatten indes noch ein recht robustes Verhältnis zum Grenzschutz, was den Türken bei Gelegenheit vor Wien mitgeteilt wurde.

Heute könnte die Kanzlerin dagegen ihren Satz von 2015 wiederholen und so den ungezügelten Zustrom von Menschen, Waren und Viren aller Art sicherstellen – wenn sich da in der Zwischenzeit nicht so viele kleine widerborstige Länder zwischen den Türken und uns eingenistet hätten. Die machen alles zunichte. Das muss das südliche Gemüt sein. Die reagieren total über, derweil wir die Ruhe weghaben. Italien ist bei der Ausbreitung von Corona der Bundesrepublik maximal zehn Tage voraus, heißt es. Dann hätten wir hier also kommenden Donnerstag die Situation, die auf der Apenninhalbinsel an dem Tag herrschte, als Rom das gesamte Land zur Sperrzone erklärt hat. Ob Berlin das dann auch tut?

Bislang sieht es nicht danach aus, was nicht heißt, dass die Bundesregierung nicht fleißig wäre. Nein, nein, man arbeitet dort hoch aktiv an der alles andere überragenden Frage, die lautet: Wem werden die Deutschen die Verantwortung anhängen, wenn unser Land coronabedingt ins Chaos stürzt und jeder wissen will, warum nicht rechtzeitiger gehandelt worden sei?

Gesundheit und Katastrophenschutz sei Sache der Länder, heißt es aus Berlin. Glück gehabt, Kanzleramt! „So schön kann Föderalismus sein, wenn man nicht regieren will“, lästert die „Welt“ über solche Einlassungen. Also beschränkt sich die Bundesregierung weitgehend auf jene Ermahnung, die fürsorgliche Eltern ihren Kindern vor jeder Mahlzeit ohnehin unter die Nase reiben: „Hände waschen nicht vergessen!“

Das erinnert an diese entzückenden Aufklärungsfilmchen, welche in den 50er Jahren im US-Fernsehen liefen. Dort wurde den Amerikanern im Falle eines nuklearen Angriffs geraten, unter den Tisch zu krabbeln, um sich vor der Atomexplosion zu schützen. 

Allerdings wollen wir auch nicht ungerecht sein. Es ist ja nicht so, dass die Bundesregierung gar nichts tut. Sie verstreut mächtig Geld für den Fall, dass sich der Arbeitsmarkt eintrüben könnte. Natürlich kein Geld aus der Staatskasse. Die Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung sollen bluten, um mehr Kurzarbeitergeld an notleidende Firmen auszureichen. Geschickt, was? So können Schwarz und Rot die Lorbeeren für weise Maßnahmen einheimsen, und es kostet sie keinen roten Heller.

Mahner warnen ohnehin, dass wir uns von dem Corona-Tamtam und dem griechisch-türkischen Grenzdrama nicht ablenken lassen sollen von dem wirklich wichtigen Thema, dem Kampf gegen Rechts. Diese Furcht erscheint uns aber gänzlich unbegründet. Denn heute gilt mehr denn je, was Rudi Dutschke am Grab des RAF-Terroristen Holger Meins 1977 mit geballter Faust ausrief: „Holger, der Kampf geht weiter!“

Und wie er weitergeht! Durch Zwickau marschiert schon wieder die FDJ und eine Pastorin ruft im „Wort zum Sonntag“ zum Sturm auf die Parlamente. Die Linkspartei diskutiert bereits, wie es nach der Revolution weitergeht: Reiche Leute gleich erschießen oder doch nur erstmal ins Arbeitslager stecken? Komplizierte Frage.

Allerdings vielleicht etwas zu früh gestellt. Das Staatssender-Team, das die „Strategiekonferenz“ der Linkspartei in Kassel filmte, auf welcher besagte Maßnahmen besprochen wurden, hat die doch recht pittoresken Äußerungen geflissentlich herausgeschnitten. Erst über Youtube kam die Sache an die Öffentlichkeit. Und wurde schnell zum Ärgernis fürs linke Lager. Massenerschießungen passen (noch) nicht ins Selbstbild der Linken als Kämpfer fürs menschliche Miteinander, das auch die pastorale Parlamentsstürmerin ohne jede Scheu vor bigottem Kitsch beschwört.

Doch für den Kampf gegen Rechts bedeutet die Anekdote nicht mehr als das kurze Ruckeln beim Überfahren einer Teerfuge auf der Betonpiste. Schon bald wird man schief angesehen werden, wenn man an Kassel auch nur erinnert: „Aber die haben sich doch längst glaubhaft entschuldigt und distanziert!“, wird einem entgegenschlagen.

Wie anders wäre es wohl verlaufen, wenn etwas Vergleichbares auf einer AfD-Tagung zum Besten gegeben worden wäre? Heidewitzka! Ein Fest wäre das geworden! Wochenlang, monatelang, ja jahrelang wäre das durch die Medien gespenstert. Talkrunden, der Presseclub, Bundestagsdebatten hätten sich darüber ergossen. Alles unterlegt mit der Frage, ob hier nicht der Zeitpunkt gekommen sei, über ein Verbot der Partei nachzudenken. Alexander Gaulands „Vogelschiss“-Zitat von 2018 erfreut sich ewiger Jugend, als hätte er es gestern erst gesagt. Dass er sich längst entschuldigt und distanziert hat, darf weggewischt werden. Wem das nicht passt, der ahnt seit Kassel, was ihm dereinst blühen kann.