23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
20.03.20 / Corona-Krise / Spahns entscheidende Bewährungsprobe / In der aktuellen, alles überschattenden Krise steht der ehrgeizige CDU-Gesundheitsminister im Blickpunkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12 vom 20. März 2020

Corona-Krise
Spahns entscheidende Bewährungsprobe
In der aktuellen, alles überschattenden Krise steht der ehrgeizige CDU-Gesundheitsminister im Blickpunkt
Peter Entinger

Ich finde, Jens Spahn macht einen tollen Job“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt zur Corona-Thematik. Egal, wie ernst die langjährige Parteivorsitzende die Aussage wirklich gemeint hat, der 39-Jährige ist derzeit der Politiker, auf den alle schauen. 

Dabei hat er seine machtpolitischen Ambitionen vor einigen Wochen erst einmal hintangestellt. Kandidierte er beim Parteitag vor eineinhalb Jahren noch gegen Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer, so wollte er am 25. April nur als Stellvertreter in der Mannschaft um den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet antreten. 

Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit

 Nun ist der Parteitag vorerst verschoben. Denn Spahn hat eine Empfehlung herausgegeben, dass Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern abgesagt werden sollen. Die CDU hat satzungsmäßig 1001 Delegierte, rechnet man Medienvertreter, Besucher und Mitarbeiter hinzu, steigt die Zahl schnell Richtung 2000. Wann der Parteitag nun stattfindet, ist offen. 

Klar ist allerdings, dass das Management der Corona-Krise entscheidende Auswirkungen auf den Wahlausgang haben wird. Neben Spahn als Gesundheitsminister hat auch Laschet als Ministerpräsident des einwohnerstärksten Bundeslandes jede Menge Möglichkeiten zur Selbstdarstellung. Seinem Hauptkonkurrenten Friedrich Merz geht dies völlig ab, und auch der Dritte im Bunde, der Außenpolitiker Norbert Röttgen, hat derzeit nur wenige Profilierungsmöglichkeiten. 

Doch Spahns Tätigkeit im Blickpunkt ist Fluch und Segen zugleich. Das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ bezeichnete ihn kürzlich als „Minister Machtlos“. Der Föderalismus lähme seinen Einflussbereich. In der Tat kann der Bundesminister zwar viel empfehlen, aber nur wenig verordnen. So hatte das Bezirksamt in Treptow-Köpenick zunächst nichts dagegen, das Bundesligaspiel zwischen Union Berlin und dem FC Bayern München unter normalen Bedingungen auszutragen, was Union-Präsident Dirk Zingler zu der Bemerkung veranlasste, Spahn habe ja auch nicht empfohlen, dass BMW in Berlin die Produktion einstelle. „Deshalb kann er auch nicht empfehlen, dass wir unseren Betrieb einstellen“, so Zingler. 

Innerhalb der Bevölkerung scheinen Spahns Bedenken aber anzukommen. Zwei Drittel der Menschen sind laut dem ZDF-Politbarometer der Meinung, es werde genug gegen die Ausbreitung des Coronavirus getan. Kenner der Berliner Szene loben den Gesundheitsminister für sein kluges Vorgehen. Spahn, so erzählen es Hauptstadtkorrespondenten, sei „extrem gut beraten“. In der Tat vermittelt der Politikwissenschaftler in diesen Tagen den Eindruck großer medizinischer Kompetenz. „Wir werden diese Situation bewältigen. Wenn wir alle mithelfen, zusammenhalten und einander auch unter Stress vertrauen“, sagte er kürzlich, erklärte aber auch, dass mit einem „weiteren Anstieg der Infektionen“ zu rechnen sei. „Oberstes Ziel ist es, den Ausbruch zu verlangsamen.“ 

Schafft er das, kann er auch Kanzler

Gelingt ihm das und kehrt die Republik innerhalb von vier, fünf Wochen zur Normalität zurück, dann wird Spahn als derjenige in die Geschichtsbücher eingehen, der Corona in Deutschland eingedämmt hat. Gerät die Lage außer Kontrolle, nimmt die Wirtschaft großen Schaden, dann wird Spahn als Gesicht des Niedergangs gelten. Dass er sich vor wenigen Wochen entschieden hat, nicht für den Parteivorsitz zu kandidieren, ist derzeit für ihn eine glückliche Fügung. Er vermittelt den Eindruck von Neutralität, agiert staatsmännisch und hält sich aus internen Ränkespielen heraus. Anders als die Kanzlerin, die auf dem Höhepunkt der Einwanderungskrise 2015 mit einem lockeren „Wir schaffen das“ die Gemüter erst richtig aufheizte, vermittelt Spahn Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit. Klar ist: Schafft er das, kann er auch Kanzler.