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20.03.20 / Corona / Berlin reagierte reichlich spät / Drastische Empfehlungen eines renommierten Virologen blieben lange ungehört

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12 vom 20. März 2020

Corona
Berlin reagierte reichlich spät
Drastische Empfehlungen eines renommierten Virologen blieben lange ungehört
Frank Bücker

Am Freitag, den 13. März entschloss sich nun auch Berlin, Schulen und Kitas zu schließen. Andere Bundesländer waren da schon früher tätig geworden. Das Bundesligaspiel 1. FC Union Berlin gegen Bayern München sollte erst „normal“ stattfinden, dann hieß es, die Zuschauer würden nicht zugelassen werden – also ein „Geisterspiel“ –, und dann schließlich kam die komplette Absage des gesamten 26. Spieltages der Liga. Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hatte ursprünglich keine Entscheidung getroffen, sondern die Verantwortung anderen überlassen: „Nach meinem Kenntnisstand wird das Spiel ohne Zuschauer stattfinden.“ Eigene Entscheidungen mochte Kalayci offenbar nicht treffen.

Berlin reagierte spät auf die Pandemie. Im Berliner „Tagesspiegel“ lesen die Hauptstädter dazu: „Statt auf Experten zu hören, duckt sich der Regierende Bürgermeister weg, um dann die Schuld beim Föderalismus zu suchen.“ Der in der Krise bundesweit bekannt gewordene Hallenser Virologe Alexander Kekulé forderte schon am 5. März: „Wenn wir jetzt 14 Tage Corona-Ferien für Schulen, Kitas und Großveranstaltungen verordnen, können wir die Zahl der künftigen Erkrankungen und Toten erheblich reduzieren.“ Die Empfehlung verhallte, statt schnell zu handeln, wurde über Kompetenzen gestritten. 

Kekulé warnte frühzeitig

Der Amtsarzt von Berlin-Reinickendorf Patrik Larscheid forderte schon vor Tagen, das „öffentliche Leben“ weitgehend einzustellen: „Wir wissen mittlerweile sehr genau, dass wir in der jetzigen Phase der Pandemie praktisch alle sozialen Kontakte unterbinden müssen, wenn wir noch eine Chance haben wollen, die Zahl der Infizierten möglichst niedrig zu halten.“

Sehr spät wurde die Berliner Landesregierung doch noch aktiv. Der Beginn der Vorlesungszeit der Hochschulen wird auf den 20. April verschoben. Speiselokale bleiben erst einmal geöffnet, müssen aber einen Mindestabstand der Tische von 1,5 Metern beachten, Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern sind untersagt. Wettannahmestellen, Kneipen, Kinos, Theater, Konzerthäuser, Museen und Spielhallen mussten schließen. Besonders gefährlich scheint der Besuch von „Clubs“ – früher schlicht Diskotheken genannt – zu sein. Kalayci: „Etwa ein Sechstel der erfassten Berliner Coronavirus-Infektionen hat mit Club-Besuchen zu tun.“ 

Ein Sechstel in „Clubs“ infiziert

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) erklärt, warum Restaurants geöffnet bleiben dürfen: „Daseinsvorsorge.“ Von 263 bestätigten Fällen in Berlin sind 42 auf einen Club zurückzuführen. Im Krankenhaus isoliert und behandelt würden 15 Menschen (Stand Sonntag), alle anderen seien häuslich isoliert, hieß es. Gesetzliche Grundlage für die Einschränkungen ist das Infektionsschutzgesetz. Sie gelten zunächst bis zum 19. April. Innensenator Andreas Geisel (SPD) ist bemüht, den Eindruck zu erwecken, die Lage im Griff zu haben: „Natürlich ist der Katastrophenschutz in Berlin vorbereitet.“