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20.03.20 / Südamerika / Guyana wird neue Erdöl-Macht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12 vom 20. März 2020

Südamerika
Guyana wird neue Erdöl-Macht
Bodo Bost

Guyana, bislang eines der ärmsten Länder Lateinamerikas, möchte in diesem Jahr ein ganz großer Ölförderer werden. Mit Beginn der Ausbeutung der weltweit größten neuen Öllagerstätten der letzten Jahre könnte Guyana einen Geldregen einfahren. Eine Prognose des Wirtschaftsnachrichtenportals Bloomberg sagt dem Land für 2020 mit 86 Prozent ein Rekord-Wirtschaftswachstum vorher. Bislang hatte Guyana ein Wachstum von um die vier Prozent. 

„Wenn Venezuela die größten Erdölvorkommen weltweit hat, dann gibt es vielleicht auch etwas im Nachbarland Guyana“, dachte sich ExxonMobil und begann 2008 in dem einzigen englischsprachigen Land Südamerikas nach Öl zu suchen. 2015 wurde der Konzern fündig, als man rund 190 Kilometer vor der Küste im Festlandsockel auf das Ölfeld Liza stieß. Nach Liza stießen noch andere Gesellschaften dazu und man fand noch elf weitere Felder. Alles zusammen soll es sich um geschätzte Reserven von fünf bis zehn Milliarden Fass Öl handeln. So viel, wie seit der Jahrtausendwende in keiner anderen Weltgegend mehr gefunden wurde. Guyana wird dadurch viertgrößter Ölproduzent in Lateinamerika und womöglich sogar an Venezuela und Mexiko vorbeiziehen, um den zweiten Platz (hinter Brasilien) zu belegen.

Nach den US-Amerikanern kamen auch der französische Konzern Total, Repsol aus Spanien, Tullow Oil aus Großbritannien und die kanadische Ölfirma Frontera Energy nach Guyana. Im Dezember 2019 wurde Liza vom ExxonMobil-Konzern und der China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) angezapft. ExxonMobil will in einer ersten Phase 120 000 Fass pro Tag hochpumpen. Später, bis 2025, soll die Produktion auf rund 750 000 Fass ausgeweitet werden. Mittelfristig wird eine Produktion von mindestens einer Million Fass angepeilt, ein Alptraum für die OPEC, deren Fälle immer mehr davonschwimmen. Da Guyana aber nur 750 000 Einwohner hat, würde der Kleinstaat damit an die Spitze der Erdölförderung pro Kopf schießen, vorbei auch an Kuwait und Katar.

Um nicht die Fehler der Ölmonarchien zu wiederholen, plant die Regierung Guyanas aus den Förderabgaben der Erdölunternehmen einen Staatsfonds nach dem Beispiel Norwegens aufzubauen, der in die Verbesserung der Infrastruktur, des Gesundheitssystems und der Energieversorgung investieren soll.  

Die Bekanntgabe von ExxonMobils Liza-Fund von 2015 kam nur fünf Tage, nachdem der frühere Militärgeneral David Granger zum Präsidenten von Guyana gewählt worden war und damit die seit 1992 regierende linksgerichtete People’s Progressive Party abgelöst hatte. Granger unterstützt engere Beziehungen zu den USA. In den USA gibt es seitdem sogar das „Committee for an American Guyana“, das Guyana als Außengebiet der Vereinigten Staaten sehen will, ähnlich wie Puerto Rico. Granger hat ExxonMobil 60 bis 65 Prozent der Ölgewinne zugesichert, ein weitaus größerer Anteil, als im Ölgeschäft üblich.

Mit Guyana als Verbündeten könnten die USA Venezuela in die Zange nehmen, denn Brasilien und Kolumbien sind bereits enge Verbündete der USA.