29.03.2024

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20.03.20 / Für Sie gelesen / Große deutsche Firmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12 vom 20. März 2020

Für Sie gelesen
Große deutsche Firmen
Wolfgang Thüne

Wolfgang Seidel ist mit seinem Buch „Die ältesten Familienunternehmen Deutschlands“ ein großer Wurf gelungen. Insgesamt 53 Privatunternehmen, die deutsche Geschichte geschrieben haben, hat er in Kurzform beschrieben, darunter neun bekannte Dax-Konzerne. Viele sind in erstaunlich vielen Bereichen tätig. Zu den ältesten Familienfirmen zählen Weingüter und Brauereien sowie handwerkliche Betriebe, die auf besondere Weise spezialisiert sind. Die Ältesten sind in der Zeit der Spätrenaissance gegründet worden, während des Augsburger Religionsfriedens von 1555. 

Es war die Zeit der Entdeckung der Welt, der Beginn des Kolonialzeitalters mit dem Welthandel. 1543 rückte der Ostpreuße Nikolaus Copernicus die Erde ins Zentrum des Kosmos. 1589 begründete Galileo Galilei die Naturwissenschaften, 1594 erhielt Kepler seinen ersten Lehrauftrag. Man muss sich die historische Tiefendimension vor Augen führen, was der Betrieb und der erfolgreiche Erhalt einer Firma über mehr als 15 Generationen durch massive geschichtliche Umbrüche wie Revolutionen und Kriege bedeuten. 

Anhand der Liste der Unternehmen sieht man, dass es im 19. Jahrhundert schon lange vor der Schaffung des Deutschen Reiches eine Gründerzeit gab. 1806 fiel die alte Zunftordnung weg, es regierte der moderne Code Napoleon mit der Freiheit der Gewerbe. Noch um 1790 gab es in Deutschland fast 2000 Zollgrenzen, die ab 1834 mit dem Deutschen Zollverein verschwanden. Entscheidend war der Aufschwung der Naturwissenschaften, namentlich in der Chemie und Pharmazie. Auch die Dampfmaschinen beförderten die Industrielle Revolution, die eine Revolution der Verkehrstechnik und des Transports ermöglichte. Die Nutzung der Elektrizität, des Verbrennungsmotors und der Kältetechnik (Linde) kam Ende des Jahrhunderts hinzu. Das Dritte Reich mit dem Krieg, die Spaltung sowie die DDR mit der SED-Diktatur förderten zahlreiche Disruptionen wie Enteignungen und Zerstörungen Neugründungen.

Das älteste Industrieunternehmen ist die William Prym GmbH aus Aachen mit 490 Jahren. Es folgt die Freiherr von Poschinger Glasmanufaktur 1568 in Frauenau, die älteste Glasmanufaktur weltweit. 1590 begann die Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn bei Gießen ihre Arbeit. In jenem Jahr entstand in Hamburg Berenberg, die älteste Bank in Deutschland. 

So geht es weiter bis 1900. Es ist spannend, die Geschichten zu verfolgen und zu bewundern, mit welchem Geschick die Gründer und ihre Nachfahren bis zum heutigen Tag die Unternehmen am Laufen gehalten haben und weiter am Laufen halten. Ob 1668 Merck in Darmstadt, 1761 Faber-Castell in Stein, 1795 die Meyer Werft in Papenburg oder 1874 die Vaillant Group in Remscheid: Sie alle und viele mehr werden beschrieben und lassen die gesamte Industriegeschichte vor Augen lebendig werden. Ein fantastisches Werk, das sich unbedingt zu lesen lohnt.

Wolfgang Seidel: „Die ältesten Familienunternehmen Deutschlands“, Finanzbuchverlag, München 2020, gebunden, 331 Seiten, 24,99 Euro